Lektüre per Wurfpost – Kreative Literaturhändler und -vermittler Politik & Wirtschaft | 11.04.2020 | Erika Weisser

Buchladen geschlossen

Die Corona-Krise macht auch dem lokalen Buchhandel das Leben schwer. Die Läden sind fürs Publikum geschlossen, Mitarbeiter zu Hause. Aber die Händler sind einfallsreich, liefern per Kurier, bieten persönliche Beratungen am Telefon oder schicken auditiven Lesestoff übers Internet.

„Ein Buch ist viel mehr als ein von zwei Einbandklappen umfangener Text“, findet der gerade aus der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung ausgeschiedene Journalist Kurt Kister. Recht hat er: Lesen erweitert den Horizont, regt zum Nachdenken und Weiterlesen an, kann Abenteuer- und Reiselust wecken oder auch stillen, kann die Fantasie so beflügeln, dass Grenzen und Mauern überwunden werden.

Der letztere Aspekt ist in den Zeiten verordneter oder selbst auferlegter Ausgangs- und Kontakteinschränkung besonders relevant. Zumal viele Menschen infolge reduzierter Arbeitszeiten, abgesagter Veranstaltungen und der Schließung von Kinos, Theatern, dem Literaturhaus und anderen Versammlungsräumen jetzt auf einmal auch mehr Zeit zum Lesen haben. Und es gibt, wie jedes Frühjahr um die Leipziger Buchmesse herum, jede Menge Neuerscheinungen, die der Lektüre harren.

Lesehungrige kommen trotz geschlossener Buchhandlungen und Bibliotheken an diese Bücher heran. Gemäß der Überzeugung, dass Bücher geistige Grundnahrung und die Buchhändler also systemrelevant seien, arbeiten sie im Krisenmodus weiter, um Literaturbegeisterte mit neuem Lesestoff zu versorgen. Dazu haben sie sich einiges einfallen lassen: Sie haben, wie etwa die Buchhandlung zum Wetzstein, nachmittags persönliche Sprechstunden am Telefon (0 76 1/3 39 99) eingerichtet. Sie beraten, nehmen Wünsche und Bestellungen entgegen, leiten diese an die Verlage weiter und koordinieren die Auslieferung der begehrten Ware an die Kunden. Per Post wie bei Rombach (0 76 1/ 45 00 24 00), Vogel (0 76 1/6 72 44) oder Herder (0 76 1/2 71 73 00) oder auch mit dem Fahrradkurier wie bei den kleineren Buchhandlungen Jos Fritz (0 76 1/2 68 77) oder Schwarz (0 76 1/ 7 18 06).

Die Lieferung der Bücher, sagt Michael Schwarz, könne sich verzögern: Die Buchhändler, die ja immer nur einzeln vor Ort sind, hätten gerade alle Hände voll zu tun. Doch sie sind froh darüber: Die große Nachfrage hilft ihnen über die Krise.

Gute Ideen haben auch die Mitarbeiter des Literaturhauses entwickelt: Gleich nach der Absage der Lesung von Éric Vuillard verschickten sie eine Wurfpost mit einem Link auf eine soundcloud, auf der Auszüge aus seinem neuen Buch zu hören sind: Gelesen von Schauspieler Heinzl Spagl, der den Abend moderiert hätte. Die zweite Wurfpost ist gerade fertig. Sie enthält exklusive Texte der Autoren, die in diesen Tagen dort zu Gast gewesen wären. Sie kommt auf Bestellung ins Haus (info@literaturhaus-freiburg.de).

Foto: ©  Picture alliance/Uwe Zucchi/dpa