Tausende in Not: Heiße Drähte bei Banken Politik & Wirtschaft | 09.04.2020 | Lars Bargmann

Männer besprechen aktuelle Lage in Corona Krise

Die Corona-Krise beschert der Sparkasse und der Volksbank Freiburg eine Flutwelle von beantragten Liquiditätshilfen. Bei der Volksbank meldeten sich auf Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in wenigen Tagen 500 Kunden, bei der Sparkasse mehrere Tausend.Ein Unternehmer beantragte Hilfe in zweistelliger Millionenhöhe. Ein Kunde nahm einen siebenstelligen Betrag bar mit nach Hause. Sparkassen-Chef Marcel Thimm kritisiert im Gespräch mit dem chilli die „zu starren“ KfW-Programme.

„Virus essen Wirtschaft auf“, titelte Ende Februar die Zeit in Anlehnung an Rainer Werner Fassbinders Melodram „Angst essen Seele auf“. Mehrere Tausend Kunden der beiden großen Banken sind in so kurzer Zeit so sehr in Not, dass sie es mit der Angst bekommen und Hilfe brauchen. Die Telefonleitungen in den personell massiv aufgestockten Servicecentern laufen heiß. Allein die Sparkasse hatte Ende März schon 1500 Anträge bearbeitet. „Da geht es mal um ein paar hundert Euro, einmal aber auch um einen achtstelligen Betrag“, sagt Thimm. Hilfen können über die Hausbank bei der KfW, bei der L-Bank, bei der Regionalbank selbst oder auch durch verschiedene Zuschussprogramme beansprucht werden.

Bei den medial stark inszenierten KfW-Programmen ist indes schon die Einstiegshürde so hoch, dass viele sie gar nicht überwinden können. Die Betriebe oder Unternehmer dürfen in der Bilanz für 2019 maximal zehn Prozent weniger als im Vorjahr umgesetzt haben, sie brauchen eine gute aktuelle BWA (betriebswirtschaftliche Auswertung), müssen seriös aufzeigen, dass sie die Hilfen in spätestens fünf Jahren komplett zurückzahlen, private Lebenshaltungskosten auch ohne Hilfen bezahlt werden können. „Die KfW-Programme sind in dieser Krise viel zu starr“, kritisiert Thimm. Das Land sei da großzügiger und handle angemessener. „Bei uns beantragt daher ein bedeutender Anteil Landesmittel.“

Dem Volksbank-Vorstandsvorsitzenden Uwe Barth geht es nicht anders: „Bei uns geht es um Liquiditätshilfen, aber auch um Stundungen von Kreditraten oder auch einfach um neue Kredite.“ Mindestens 80 Prozent seiner Kunden seien indes KfW-fähig. Die Bank helfe gemeinsam mit den Steuerberatern beim Erstellen von seriösen Liquiditätsplänen.

Barth wie Thimm rechnen damit, dass sich die Krise auch deutlich in ihren Bilanzen ab 2020 abzeichnen werde. „Ein Szenario ist, dass die Sparkasse 2020 gar keinen Gewinn macht. Aber selbst dann geht die Welt nicht unter“, sagt Thimm. Die stillen Reserven würden sicher ausreichen, um auch in dem Fall – das worst-case-Szenario – weiterhin Kredite ausgeben zu können. Stille Reserven hat auch die Volksbank angehäuft. „Wir haben ein sehr gutes Polster und können davon zehren, um unsere Eigenkapitalquoten zu halten und das Kreditgeschäft ohne Einschränkungen weiter zu betreiben.“

So einig sie sich dabei sind, bei den Filialschließungen gehen sie konträre Wege: Die Sparkasse hat alle kleinen Filialen geschlossen, nur die großen drei (Freiburg, Emmendingen, Waldkirch) sind offen. Die Volksbank hat große geschlossen und kleinere offen gehalten. Bei den Geldautomaten machen die beiden Institute derweil gemeinsame Sache: So können Volksbank-Kunden auch an Sparkassen-Automaten Geld bar abheben und umgekehrt – kostenlos. Bargeld übt auf die Bürger in diesen Krisentagen einen großen Reiz aus: Neben den Telefonleitungen laufen auch die Automaten heiß. „Das zeigt das gestiegene Sicherheitsbedürfnis der Menschen“, sagt Thimm. Das zeige sich auch beim Gold: „Unsere Goldreserven sind ausverkauft.“

Ein Kunde konnte sein Bargeldbedürfnis am Automaten indes nicht befriedigen: Der Mann ließ sich im Finanzzentrum einen siebenstelligen Betrag auszahlen und nahm das Geld bar mit.

Foto: © Christoph Duepper Photography