Dicke Portion Mut. Das Freiburger Restaurant Kartoffelhaus GASTRO & GUSTO | 04.05.2020 | Stella Schewe

Restaurant Kartoffelhaus

Ob Pellkartoffeln, Kartoffelpuffer, Bratkartoffeln oder cremiges Gratin – im Freiburger Kartoffelhaus gibt es alles, was das Herz von Kartoffelfans begehrt. Auch in Zeiten von Corona: Wer telefonisch vorbestellt, kann sich die leckeren Gerichte nach Hause holen.

„Essen, um zu helfen“ lautet die Devise. Auch wenn es Kartoffelhaus-Inhaberin Bettina Bachmann-Heubach nicht leichtfällt, ihre Gäste um Hilfe zu bitten – in Zeiten von geschlossenen Cafés und Restaurants blieb ihr, wie vielen anderen Gastronomen der REGIO, nichts anderes übrig. „Den Kopf in den Sand stecken, das kam für uns nicht in Frage“, erzählt sie. „Wir wollen doch das Feld nicht den Großen überlassen, den Ketten-Restaurants – was wäre das denn für eine Welt, wenn nach Corona nur sie noch da wären?“

Umso mehr freut sie sich über die Einsatzbereitschaft ihrer Mitarbeiter, die sofort gesagt hätten: „Wir behalten unsere gute Laune und machen weiter.“ Auch für Küchenchef und Mit-Gesellschafter Karim Medani sei klar gewesen: „Ich stelle mich in die Küche, und zwar an sieben Tagen die Woche.“ Mit einer „Speisekarte to go“ überbrücken sie die schwierige Zeit. Diese ist, verglichen mit der regulären Karte, zwar ein bisschen abgespeckt, aber immer noch so umfangreich, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Bunte Salate finden sich darauf ebenso wie Wiener Schnitzel, Ofenkartoffeln mit Quark oder Kirchererbsen-Kokos-Curry.

Wie viel Spaß ihr die Gastronomie macht, wurde der heute 52-Jährigen während ihres Volkswirtschaft-Studiums bewusst. „Damals jobbte ich im Restaurant Zähringer Burg und merkte: Gastgeberin sein, das macht mich glücklich.“ Also wagte sie mit gerade mal 24 Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit und übernahm 1993 das einstige Restaurant „Adler“ neben der Johanneskirche. Bei der Sanierung kamen im Gastraum die schönen Natursteinwände zu Tage, die alten Holztische habe sie auf Antiquitätenmärkten einzeln zusammengesucht: „Schließlich gleicht auch keine Kartoffel der anderen.“ Inzwischen kommt zu den 90 Plätzen drinnen eine liebevoll eingerichtete Gartenwirtschaft mit 60 weiteren Plätzen dazu.

Der Kartoffel huldigen

An der Philosophie des Restaurants hat sich bis heute nichts verändert. „Ich wollte der Kartoffel huldigen, denn sie ist einfach ein tolles Grundprodukt“, schwärmt die Gastronomin. „Ein so vielfältiges wie nachhaltiges Gemüse, was den Wasserverbrauch und den Aufwand, es zu kultivieren, angeht.“ Damit sei sie in den Neunzigerjahren – in einer Zeit, in der Pasta und Mediterranes hoch im Kurs standen – gegen den Strom geschwommen. „Frisches, selbst gemachtes Kartoffelpüree, das gab es damals kaum. Ist ja viel aufwendiger, als eine Nudelpackung aufzureißen.“

Gericht Arche Noah

Die „Arche Noah“ zählt zu den Lieblingsgerichten der Gäste.

Auch Regionalität sei damals längst nicht in aller Munde gewesen – für sie aber von Anfang an entscheidend. „Wichtig ist mir, dass ich den Hof anschauen und die Menschen kennenlernen kann, die unsere Lebensmittel erzeugen“, sagt Chefkoch Medani, der seit 2009 auch als Gesellschafter mit an Bord ist. Seine Waren bezieht er wenn möglich nicht vom Großmarkt, sondern von zum Teil kleinen Betrieben aus der Region: die Kartoffeln aus Forchheim, vom Jäger- und Lindenbrunnenhof, das Simmentaler Weiderind vom Reitterhof in Schwanau-Ottenheim, Brot von der Freiburger Bäckerei Lay, Ziegenkäse und das Eis zum Dessert kommen aus Horben, vom Ringli- und vom Eckhof.

Noch etwas ist Medani überaus wichtig: Die täglich verarbeiteten 50 bis 70 Kilo Kartoffeln werden in seiner Küche ausschließlich von Hand geschält. Eine Schälmaschine werfe die Kartoffeln brutal hin und her, Nährstoffe würden vom durchlaufenden Wasser ausgewaschen. „Da wird die Kartoffel misshandelt“, ist der Küchenchef überzeugt. Ohne Schälmaschine schmeckten Kartoffeln besser und seien außerdem bekömmlicher – auch das etwas, was im Kartoffelhaus eine große Rolle spielt. Neben einer veganen gibt es eine laktose- und eine glutenfreie Speisekarte. „Auch Low Carb kann man bei uns gut essen“, so Bachmann-Heubach, und Zucker im Essen sei ein No-Go. „Der kommt bei uns nicht in die Salatsoße, sondern nur ins Dessert. Da gehört er auch hin.“

Karim und Bettina Köche

Herzliche Gastgeber: Bettina Bachmann-Heubach und Karim Medani.

Die Gäste wissen das zu schätzen. „Zu uns kommen Studenten mit ihren Eltern ebenso wie junge Familien oder ältere Menschen, die sich über die Kartoffelpuffer freuen“, erzählt die Gastronomin. Überaus beliebt seien Klassiker wie Kartoffelgratin in verschiedenen Varianten, aber auch die „Arche Noah“, ein Ofengericht mit gelben, roten und blauen Kartoffelraritäten, Kürbis, Pastinake, Maronen und frischem Olivenöl. Auch Pasta- und Fischgerichte stehen mittlerweile auf der Karte, die Auswahl ist groß.

Wie lange sie ohne Gäste im Restaurant durchhalten können, vermag Bachmann-Heubach nicht zu sagen. Der Umsatz sei um 88 Prozent eingebrochen und noch sei nicht klar, ob und wie viel staatliche Hilfen es gebe. „In so einer Situation war ich noch nie, so ganz ohne Ortungspunkt. Ich nenne es polynesisches Segeln, nur nach den Sternen.“ Das Beste geben und einen Schritt nach dem anderen machen – mehr sei im Moment nicht möglich. Umso mehr freut sie sich über Menschen, die jetzt bei ihnen bestellen. „Unsere Gäste sind entzückend. Sie kommen und sagen, wir seien ihr Lieblingsrestaurant und sie wollen uns unterstützen. Und damit geben sie uns in diesen turbulenten Zeiten eine dicke Portion Mut, Hoffnung und ein Fünkchen gute Laune zurück.“

Info

Das Kartoffelhaus
Basler Straße 10
79100 Freiburg
Tel.: 07 61/720 01
www.daskartoffelhaus.de

Öffnungszeiten Take Away:
Mo. – So., 12 – 14 Uhr & 18 – 20 Uhr
Telefonische Vorbestellung von 11.30 – 20 Uhr

Fotos: © Britt Schilling