Chaotisch, aber erfolgreich: So war der erste United We Stream in Freiburg Szene | 13.05.2020 | Till Neumann

Keine Kultur ist keine Lösung. Mit dem Ansatz gibt es nun auch einen lokalen Ableger von „United We Stream“ in Freiburg. Am Samstag war Auftakt mit großem Fatcat-Konzert und einem DJ-Set. „Chaotisch, aber wir sind zufrieden“, bilanzieren die Veranstalter.

„How do you want it? You better be funky“, singt Kenny Joyner von Fatcat. Seine sieben Bandkollegen grooven wie zu besten Prä-Corona-Zeiten. Nur das Publikum fehlt – zumindest im Saal. Das Konzert am Samstagabend in der MensaBar Freiburg wird gestreamt. Hinter der Aktion steht das Bündnis „United We Stream Upper Rhine“.

Simon Sumbert


„Streamkonzerte ersetzen natürlich kein richtiges Live- und Vor-Ort-Erlebnis. Unsere Idee ist nicht, diese langfristig zu ersetzen. Wir wollen – bis wir wieder live feiern können – die Szene sichtbar halten, vernetzen und Spenden sammeln“, sagt Simon Sumbert vom Orga-Team. Die Premiere bot das Konzert der Funkband und ein DJ-Set von JanxNeu, übertragen aus dem Café Pow. 404 Euro kamen dabei zusammen. 
 
Berlin hat’s erfunden
 
Die Spenden kommen in einen Fonds, informieren die Macher. Ein Teil davon werde für das Streaming und an die Künstler ausgeschüttet. Zehn Prozent gingen an die NGO „Stand by me Lesbos“. Um den Rest können sich Locations bewerben, „um das Pandemie-Loch etwas abzumildern“.
 
„Die Verteilung läuft nach einem Schlüssel dem Berliner Modell nachempfunden und wird von einer drei- bis fünfköpfigen Jury vergeben“, erklärt Sumbert. Berliner Modell, da die United-We-Stream-Idee dort geboren ist. Am 18. März startete die Clubcommission Berlin und Reclaim Club Culture in Zusammenarbeit mit ARTE Concert die Bewegung. Mittlerweile gibt es Ableger im In- und Ausland – von Freiburg über Stockholm bis Bangkok. Auf YouTube sind zahlreiche Stream-Shows zu finden.
 
Fast eine Million Spenden
 
Die Zahlen sind beeindruckend: Mehr als 900.000 Euro Spenden sind bisher von mehr als 25.000 Einzelspender*innen gesammelt worden, informiert UWS-Pressesprecher Lutz Leichsenring. Rund 45 Städte seien dabei, bis nach Asien ginge das Netzwerk. In der Hauptstadt spreche man von einer „Reaktion auf die größte Herausforderung, vor der die Clubkultur in Berlin jemals stand“
 

Kenny Joyner


Für den Freiburger Mit-Initiator Simon Waldenspuhl ist der Auftakt gelungen: „Es war chaotisch, aber alles hat funktioniert.“ Bei Fatcat seien es gut 2000 Aufrufe gewesen und immer zwischen 150 und 200 Menschen in den Streams. Für das DJ-Set hat er mehr als 1000 Aufrufe gezählt und zwischen 70 und 100 Leuten im Stream. Im Nachgang haben bis heute 6500 das Fatcatvideo aufgerufen und 2000 den JanXNeu-Stream. Sein Fazit: „Super, wir sind sehr zufrieden.“
 
Masken auf der Bühne
 
Das Projekt findet Anklang: Medienpartner wie das chilli Magazin, fudder.de oder das Subculture teilten den Live-Stream auf ihren Seiten. Die nächste Aktion steigt am morgigen Donnerstag. Dann kommt der Stream von 20 bis 24 Uhr aus dem Gotec Club Karlsruhe – gemeinsam mit United We Stream Rhein Neckar. Am Freitag geht’s weiter in der BAR am Funkeneck Freiburg, am Samstag steigt ein Stream im Kulturhaus Kehl.
 
Auch Fatcat haben den Abend genossen. „Es war richtig cool, mal wieder als Band zusammen Musik machen zu können“, sagt Kenny Joyner. Alle Musiker, die nicht gesungen haben und oder Blasinstrumente spielten, mussten Atemmasken tragen während der Show und die direkte Rückmeldung des Publikums hat ihm gefehlt. Dennoch hat das Konzert „sehr viel Spaß gemacht“.
 
Kurioserweise hätte für Fatcat nur einen Tag vor der Stream-Show ihre Album-Releaseparty steigen sollen – am gleichen Ort.
 
Im Netz
 

Fotos: © United We Stream Upper Rhine; Till Neumann; Felix Groteloh