»Die Gesellschaft ist bereit« – Cannabis Social Club hofft auf Startschuss Politik | 18.11.2023 | Till Neumann
Die Bundesregierung will den Cannabis-Konsum legalisieren. Sogenannte Social Clubs sollen das Gras anbauen und an Mitglieder vertreiben. In Freiburg hat ein Trio den ersten Verein ins Leben gerufen. Sie sind überrascht, wer bei ihnen einsteigt.
Wer in Deutschland zukünftig legal kiffen möchte, muss voraussichtlich Mitglied eines Social Clubs werden. Kein Wunder, dass die Vereine daher bundesweit aus dem Boden sprießen. In Freiburg haben drei Männer den „cscfreiburg“ gegründet: Ralph Hempel (38), Aki Bohnert (31) und Matthias Guion (44) sind seit kurzem im Vorstand des ersten eingetragenen Social Clubs der Stadt.
Ihnen geht es um Gerechtigkeit: „Es gibt einfach genug Leute, die fest im Leben stehen, die ihren Arbeitsalltag rocken, und die wollen am Ende des Tages einfach ihre Tüte rauchen“, sagt Hempel. Und zwar „ohne sich vielleicht in den Stühlinger Park oder an den Bahnhof zu begeben, um sich mit irgendwelchen kuriosen Leuten zu treffen“. Da wisse keiner, was er überhaupt bekomme. „Kriege ich da überhaupt irgendwas? Oder kriege ich Rindenmulch eingeschweißt in Plastikfolie?“, sagt Hempel.
Alle drei haben Kinder und kennen Menschen, die für ihre Gesundheit auf Cannabis angewiesen sind: „Es ist normal, wenn man ein Feierabendbier trinkt, einen guten Wein oder guten Whiskey und noch eine Zigarre raucht“, sagt Guion. „Und wenn dieselbe Person hier Gras raucht, wird sie verteufelt.“ Das findet der gelernte Unternehmensberater ungerecht.
»75 Prozent sind über 50«
Mit dem Club wollen sie geregelten Konsum ermöglichen und dabei auf Qualität und Prävention setzen. 135 Mitglieder haben sie in den vergangenen rund fünf Wochen gewonnen. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda und Pressearbeit. Der Altersdurchschnitt ist hoch: „Von den Mitgliedern sind 70 bis 75 Prozent über 50“, berichtet Bohnert. Das habe sie überrascht.
100 Euro kostet die Mitgliedschaft derzeit als Einmalbetrag. „Wir schauen uns die Mitglieder an, da wir bestimmte Kriterien voraussetzen“, erklärt Guion. Volljährig müssten sie sein und fest im Leben stehen. Ablehnen mussten sie bisher noch keinen. Für die Prävention haben sie einen Experten im Team und stehen im Austausch mit Partnern aus dem Gesundheitsmanagement und der Drogenberatung, berichtet das CSC-Team.
Maximal 500 Mitglieder dürfen Social Clubs in Deutschland haben. Die Anbauvereinigungen kultivieren selbst das Marihuana für ihre Vereinsmitglieder. Laut Gesetzesvorhaben dürfen sie an Personen „maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat“ ausgeben. Bei Menschen von 18 bis 21 Jahren sind es höchstens 30 Gramm pro Monat. Der THC-Gehalt ist für Jüngere auf zehn Prozent begrenzt.
Wo und wie viel Gras die Freiburger anbauen, ist noch offen. Laut eigener Kalkulation könnten dafür mehr als 500.000 Euro investiert werden. Gewinn machen dürfen sie mit der Ernte nicht. Auf rund 1000 Euro pro Quadratmeter Anbaufläche schätzen sie die Kosten. Ein Dorn im Auge ist ihnen, dass Stand jetzt der gemeinsame Konsum verboten ist. Auch in Sachen Prävention finden sie das fahrlässig. Da vieles noch unklar ist, wollen sie mit der konkreten Planung abwarten.
„Die Gesellschaft ist längst bereit für eine Legalisierung“, betont Hempel. Jetzt liege es nur noch am Gesetzgeber, das in die Wege zu leiten. Ihre Einschätzung: Im ersten Quartal 2024 könnte es losgehen.
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