Wie im Gemälde: Gasthaus Kanone in Haslach GASTRO & GUSTO | 10.07.2020 | Arwen Stock

Schon die Fassade des Gasthauses Kanone in Haslach ist reich verziert mit Malereien. Doch die Wände der Innenräume sind ganze Gemälde. Unter ihnen servieren seit 2002 Christa und Kurt Sütterlin badisch-frische Küche sowie feine Weine und Brände.

Ein Hirsch springt über einen Jäger hinweg. Dem entweicht ein Schuss aus der Flinte. Doch auch eine exotische Szene aus Indien, eine Wolfsjagd in Russland, ein Truppenaufmarsch, Soldaten mit Helmen und Lanzen oder die Geierwally zieren den Gastraum der „Kanone“. Unter den vielen denkmalgeschützten Motiven sind die Tische schön eingedeckt. Auf einer Tafel tummeln sich feine Brände.

„Wir sind mit Leib und Seele Gastronomen“, sagt Christa Sütterlin, „das Herz hat uns geblutet, als wir zwei Monate lang wegen Corona nicht arbeiten durften.“ Immerhin konnte ihr Mann und Chefkoch Kurt Sütterlin für den Außer-Haus-Service kochen, was in Haslach auch nachgefragt wurde.

Das Gasthaus Kanone ist in der Hansjakobstadt eine Institution: 1807 durch den Haslacher Bürger und ehemaligen Kanonier Xaver Thoma erbaut und getauft, prägten zunächst drei Generationen der Familie die „Kanone“ – nicht nur als Gastronomen und Bierbrauer, sondern auch als Maler und Musikliebhaber.

Gasthaus Kanone

Das Gasthaus Kanone ist innen (siehe Beitragsbild) und außen mit eindrucksvollen Malereien verziert – eine besondere Kulisse für den kulinarischen Genuss.

Während sich der Vater an der Fassade verewigt hat, verwandelte Sohn Rudolf Thoma den Gastraum in einen beeindruckenden Kunsttempel. Zwischen 1863 und 1904 entstanden die heute denkmalgeschützten Ölgemälde. Bis 1991 blieb die „Kanone“ in Familienbesitz. Heute gehört das Gasthaus dem Brauwerk Baden, das es an die Sütterlins verpachtet hat.

„Wir werden oft auf die Ölmalereien angesprochen, vor allem, wenn bei Stadtführungen zum Abschluss bei uns eingekehrt wird“, berichtet Christa Sütterlin. Die 67-Jährige und ihr 71-jähriger Mann Kurt kommen ursprünglich aus dem Markgräflerland. Die beiden sind Seiteneinsteiger in der Gastronomie. Und das, obwohl Kurt Sütterlins Familie lange die Kantine des Kalibergwerks in Buggingen betrieb.

Doch zunächst lernte der heutige „Kanonen“Chefkoch Fernmeldetechniker. Dann absolvierte er die Kochschule Poppe und Neumann in Konstanz mit Prüfung bei der IHK Lindau. Seine Frau war bei der SWEG beschäftigt und half nebenbei im Service aus.

Doch die Liebe zur Gastronomie ließ die beiden nicht los: 1985 übernahmen sie in Hornberg das Gasthaus Krokodil, 2001 dann den Schwarzen Adler in Steinach. Die damalige Kronen-Brauerei hatte das Gasthaus gerade frisch renoviert. Doch die Zeiten waren schwierig. Am närrischen 11.11.2002 wechselten die Sütterlins und pachteten die „Kanone“, die schon seit rund 150 Jahren eine Fasents-Hochburg in Haslach ist.

Gasthaus Kanone Besitzer

Christa und Kurt Sütterlin (u.) sind mit Leib und Seele Gastgeber.

Dass dieses alteingesessene Gasthaus am Rande der Altstadt über großzügige Räume verfügt, innen 80 und auf der Terrasse 60 Sitzplätze bietet, ist für die Süttlins aktuell ein großer Vorteil. Nur drei Tische mussten sie für die Abstandsregeln entfernen. Mit drei festangestellten Mitarbeitern und rund zwölf Aushilfen können sie wieder ihre Gäste bewirten.

Die Haslacher freuen sich, dass nun die regulären Öffnungszeiten gelten, denn die „Kanone“ ist nicht nur bei ihnen beliebt, sondern auch über die Ortsgrenze hinaus bekannt. Sütterlins sind mit zwei Löwen beim Qualitätslabel des Landes „Schmeck den Süden“ ausgezeichnet. Das bedeutet, dass mindestens sechs Gerichte mit Zutaten ausschließlich aus Baden-
Württemberg auf der Karte stehen müssen. Einmal jährlich wird getestet.

Für die saisonale, badisch-frische Küche bezieht Chefkoch Kurt Sütterlin die Zutaten von einem Gemüsehändler, der seine Ware von Kaiserstühler Erzeugern holt. Das Fleisch wird von der Metzgerei Winterhalter im Elztal geliefert. Sütterlin räumt ein: „Klar haben wir auch argentinisches Fleisch, um die Nachfrage zu decken.“ Dazu servieren die beiden Rotwein, der gerne auch aus Frankreich und Italien stammen kann, und Weißwein, vorwiegend aus badischen Gefilden.

Badisch, aber auch vegetarisch

Kurt Sütterlin sorgt aber auch für vielfältige vegetarische Gerichte auf der Karte. „Ich probiere gerne etwas aus, so lange, bis es perfekt ist“, sagt er und betont: „Ich koche nicht gerne etwas, was ich nicht mag.“ Normalerweise gibt es in der Kanone auch ein komplettes vegetarisches Menü. Seine Frau weiß: „Er kann aus wenig sehr viel machen.“

Viele Gruppen, Hochzeitsfeiern, Konfirmationen, Kommunionen und Weihnachtsessen richten die Sütterlins normalerweise aus. Dank der neuen Verordnung stehen im Juli zwei Geburtstagsfeiern mit je bis zu 99 Gästen  im Reservierungsbuch. Auch das Tagesgeschäft mit dem Mittagstisch läuft ganz ordentlich an.

Schnaps und Likör

Feine Brände stehen schon bereit

„Die Nachfrage im Innenraum ist noch etwas verhalten“, berichtet Christa Sütterlin. Sie hofft, dass bald mehr Touristen kommen. Sie und ihr Mann wollten eigentlich 2022 aufhören. Hintergrund war, dass die Brauerei das Gasthaus verkauft und die Stadt ein Vorkaufsrecht hat, das sie wohl auch ausüben wird.

Doch angesichts der Corona-Pandemie überlegen die Sütterlins, gegen den Trend zu verlängern. Sie lieben die „Kanone“. Wenn es die Gesundheit zulässt, machen sie gerne weiter. Die Gäste wird das bestimmt freuen.

Info

Gasthaus zur Kanone
Hauptstraße 54
77716 Haslach im Kinzigtal
Tel.: 07832 /977 511
www.gasthaus-kanone.de

Öffnungszeiten:
Mi.–So., 11.30–14 Uhr und 17.30–22 Uhr

Montag und Dienstag Ruhetag

Fotos: © Gasthaus Kanone