Die Taubenschützerin: Stefanie Löffler pflegt die Vögel – auch in ihrer Wohnung Szene | 26.08.2021 | Paulina Flad

Stefanie Löffler plädiert für tierschutzgerechte Betreuung „Taubenabwehr bringt nichts“: Stefanie Löffler plädiert für tierschutzgerechte Betreuung.

Stadttauben in den eigenen vier Wänden? Für Stefanie Löffler kein Widerspruch. Vor sechs Jahren hat die Freiburgerin damit angefangen, verletzte Vögel bei sich aufzunehmen. Mittlerweile hat sie Hunderte Tauben aufgepäppelt. Futter, Wasser und Streicheleinheiten inklusive. Die 37-Jährige fordert Akzeptanz für die unbeliebten Stadtbewohner.

Stefanie Löffler steigt in einen großen Vogelkäfig und schnappt sich eine kleine Taube. Mit Zeigefinger und Daumen öffnet sie den Schnabel des jungen Vogels und schiebt mit einer Spritze sachte gelben Brei hinein. „Blacky“ ist als Küken aus seinem Nest gefallen und wurde angefahren. Abgemagert und verletzt hat Löffler den kleinen Vogel bei sich aufgenommen. Nun wohnt Blacky mit vier weiteren Tauben in der Voliere auf einer Terrasse, die sich hinter Löfflers Haus anschließt.

Die Voliere auf Löfflers Terrasse

Die Voliere auf Löfflers Terrasse steht selten leer.

Vor sechs Jahren hat die Freiburgerin den ersten verletzten Vogel mit in ihre Wohnung im Stadtteil Haslach genommen. Seitdem habe sie Hunderte wieder fit gemacht. „Immer wenn ich mal einen Tag keine habe, kommt auf jeden Fall die nächste“, berichtet Löffler. Die Tauben, die sie bei sich zu Hause aufnimmt, sind ihre Haustiere. „Die haben alle Namen. Da wird gekuschelt und geschmust.“

Seit April arbeitet Löffler mit ihrer Kollegin Jessica Piriquito halbtags in einem Taubenhaus in Weingarten, das als Pilotprojekt zum neuen Taubenkonzept der Stadt Freiburg gebaut wurde (siehe Infobox). Löffler freut sich über die tatkräftige Unterstützung: „Es ist gar nicht so einfach, Menschen dafür zu finden. Nicht viele können mit Vögeln.“ Sie putzen den Taubenschlag, tauschen die Eier durch Gipsattrappen aus, päppeln verletzte Tauben wieder auf und füttern die Vögel mit einer artgerechten Körnermischung und frischem Wasser.

„Wenn Tauben nichts oder nur Müll fressen, bekommen sie Durchfall“, sagt sie. Eigentlich ist Taubenkot klein, braun und wenn er trocknet, wird er fest. Er ähnelt dann einer größeren Kaffeebohne. „Wir sammeln den Kot mit einem Handschuh auf. Wir pflücken ihn quasi“, beschreibt Löffler ihre alltägliche Arbeit.

Stefanie Löffler bei den Essensvorbereitungen

Stadttauben gelten als Krankheitsüberträger, Gebäudezerstörer und Gebäudeverschmutzer. Laut Löffler sind Tauben sehr saubere Tiere, die sich mehrmals in der Woche baden und putzen. „Das sind keine Tiere, die im Dreck leben wollen. Ich frage mich täglich, was Menschen gegen diese süßen Wesen haben. Die sind so was von herzig“, schwärmt sie.

Löffler hat selbst zehn Jahre lang in Freiburg auf der Straße gelebt. Mit gebrochener Stimme erzählt sie: „Deswegen ist die Verbundenheit zu den Vögeln so dermaßen groß. Es tut mir so leid, was die Tiere da draußen ertragen müssen. Ich habe bemerkt, dass wir das gleiche Schicksal teilen. Die Tauben sind wirklich meine Herzenssache.“

Über eine Facebook-Gruppe hat sie andere Taubenschützer·innen kennengelernt. Zusammen haben sie vor zwei Jahren die ehrenamtliche Initiative „Respektiere Tauben“ gestartet, die sich für das Wohl von Stadttauben in Freiburg einsetzt.

Stefanie Löffler mit einer Taube aus der Pflegestation

Vom Rathaus beschlossene Fütterungsverbote und Vergrämungsmaßnahmen sollen verhindern, dass sich Tauben ansiedeln und vermehren. Dabei erreiche man mit diesen Maßnahmen seit Jahren nicht das eigentliche Ziel, und zwar eine Eindämmung der Population, erklärt Löffler und ärgert sich: „Die Taubenabwehr bringt verletzte Tiere, ansonsten ändert sie an der Thematik nichts.“

Laut Freiburger Veterinärbehörde gibt es in Freiburg zwischen 1000 und 1500 Tauben. Auf diese kommen drei Taubenhäuser mit je 100 Plätzen. Eins in Weingarten, zwei weitere in der Innenstadt. Für Löffler ist das nicht genug. Solche Schläge seien die einzige Lösung für den Konflikt zwischen Mensch und Taube.

Stadttauben

Die Vögel seien standorttreue Tiere. Deswegen bleiben sie, wenn sie sich wohlfühlen, ihrem Schlag treu und tappen nicht mehr durch die Innenstädte oder nisten auf Balkonen. Gemeinsam mit ihrer Initiative will sie sich weiter für den Bau von Taubenhäusern in Freiburg einsetzen. Löffler braucht einen langen Atem: „Es hat zwei Jahre gedauert, das Taubenhaus in Weingarten durchzusetzen.“

Ziel des Ende Juni vom Gemeinderat verabschiedeten Stadttaubenkonzepts ist, die Population zu reduzieren und die Vögel tierschutzgerecht zu betreuen. Inhalt des Konzepts sind ein strengeres Fütterungsverbot, Vergrämungsmaßnahmen, Sensibilisierung der Bürger·innen und betreute Taubenschläge. Im Wächterturm am Schwabentor soll ein weiteres Taubenhaus für 13.000 bis 17.000 Euro entstehen.

Fotos: © Paulina Flad