Genießen im Grünen: Gasthaus Auberge du Moulin GASTRO & GUSTO | 05.06.2022 | Stephan Elsemann

Die Tarte aux myrtilles vom Gausthaus Auberge du Moulin

Wallfahrer und Pferdefreunde kennen den Abzweig auf die D9 kurz hinter Neuf-Brisach, der nach Widensolen führt. In letzter Zeit entdecken mehr und mehr Liebhaber der feinen elsässischen Landküche das kleine Dorf in der Rheinebene. Denn vor zwei Jahren hat Anibal Strubinger mit seiner Frau Dominique Gutleben dort die Regie in der Auberge du Moulin übernommen. Für Feinschmecker aus Deutschland sind dies Namen mit Sternenzauber, die zu einer kulinarischen Exkursion verlocken.

Auf der D9 führt der Weg durch den Kastenwald, vorbei an einer wundertätigen Quelle, der Wallfahrtsstätte in Lourdes nachempfunden. In Widensolen angekommen ist der Weg zur „Écurie du Moulin“ am Dorfrand ausgeschildert, der Reitstall der Familie Gutleben. Dass die zum Reiterhof gehörende Auberge du Moulin einen Ausflug wert ist, hat sich inzwischen herumgesprochen. Und dieser Zuspruch ist zu spüren. Mitten in der Woche sind zur Mittagszeit die luftigen Räume und die Terrasse der Auberge gut besucht. Das dreigängige Tagesmenü zum moderaten Preis macht aufs Angenehmste satt.

Dominique Gutleben und Anibal Strubinger

Viele Jahre Küchenerfahrung und ganz viel Herz: Dominique Gutleben und Anibal Strubinger servieren ihren Gästen feinste elsässische Landküche. Da darf die Tarte aux myrtilles nicht fehlen, nur echt mit den kleinen Heidelbeeren (o.).

Auf der Speisekarte stehen deftige Klassiker der elsässischen Küche: der Eintopf Baeckaoffa und Choucroute sowie die in Deutschland fast unbekannten Fleischschnacka, köstlich gefüllte Nudelrollen. Auch ein im Ganzen gebratenes Rinderkotelett, Côte de bœuf, ist im Angebot, sowie Carpe frite, frittierter Karpfen. Als Dessert darf die Tarte aux myrtilles nicht fehlen, der elsässische Heidelbeerkuchen. Bodenständig sind die Speisen, sie werden liebevoll dekoriert serviert, großzügig und luftig ist die Atmosphäre: Die Auberge ist ein Ort zum Wohlfühlen und Genießen für die ganze Familie. Hinterm Haus gibt’s viel Platz für Kinder zum Herumtoben, eine schlecht gelaunte Gans faucht in ihrem Verschlag. Demnächst werden zum Streicheln „noch ein paar Ziegen dazukommen“, sagt Dominique Gutleben.

Vor zwei Jahren hat sie mit ihrem Mann Anibal Strubinger die Regie in der Auberge du Moulin übernommen, zusammen mit ihren Töchtern Melinda und Angélique. Unter Feinschmeckern ist das Paar bestens bekannt: Anibal Strubinger leitete über 20 Jahre lang die Michelin-Stern-gekrönte Küche des Schwarzen Adlers in Oberbergen. Seine Frau Dominique Gutleben verantwortete 15 Jahre lang die Küche des Rebstocks, des bodenständigen Pendants zum Schwarzen Adler, direkt gegenüber. Als sich die Gelegenheit ergab, den Gasthof der Familie, die Auberge in Widensolen, zu übernehmen, sagten sie zu. Die Jahre in den Restaurants der Familie Keller in Oberbergen haben sie geprägt, eine tiefe Verbundenheit ist geblieben. „Der Adler, das ist für uns auch Familie“, sagt Dominique Gutleben. 

Im Adler haben sich die beiden kennengelernt. Gutleben kam aus dem Elsass nach Oberbergen, der in Venezuela geborene Strubinger erreichte den Adler auf verschlungenen Wegen. Geboren und aufgewachsen in der Colonia Tovar, einer Gemeinde von Auswanderern vom Kaiserstuhl, kam er 1974, mit 19 Jahren, als Lehrling nach Oberbergen. Nach drei Jahren Kochlehre zog es ihn wieder zurück nach Venezuela – aus Heimweh. Dort angekommen, verspürte er erneut Heimweh – nach dem Kaiserstuhl. So ging es hin und her. Zwischenzeitlich verbrachte er einige Zeit in der Küche von Paul Bocuse. Mitte der 1990er wurde er Chef der Küche im Schwarzen Adler und blieb es mehr als 20 Jahre lang. „Der Adler ist meine Heimat“, sagt Strubinger, denn schließlich habe er die meiste Zeit seines Lebens dort verbracht. „Jetzt bin ich Rentner“, sagt der 67-Jährige bescheiden, aber auch ein wenig kokett von sich, um sogleich in die Küche zu enteilen. „Entschuldigung, ich muss kurz mal nach den Kartoffeln schauen.“

Terassenbereich der Auberge du Moulin

Von Wiesen und Feldern umgeben: Mitten im Grünen liegt die Auberge du Moulin. Auf der gemütlichen Terrasse sorgen Weidenmatten für angenehmen Schatten.

„Immer Schmalz zum Anschwitzen nehmen”

In der Auberge du Moulin sind auf zwei Schultern verteilt viele Jahre Küchenerfahrung versammelt. Das sieht man auf den Tellern, das ist zu schmecken. Wie schön, dass Gutleben und Strubinger bereit sind, einige Küchentricks und -kniffe zu teilen. So empfiehlt Gutleben für die Zubereitung des Choucroute, des elsässischen Sauerkrauts: „Immer Schmalz zum Anschwitzen der Zwiebeln nehmen“, das mache den typischen Geschmack aus, und „zur Bindung zwei rohe Kartoffeln“. Als Wein zum Kochen, ergänzt Strubinger, mache sich ein Weißburgunder mit seiner Fülle gut, „der Riesling ist besser zum Trinken“. Dass der Wein beim Kochen egal sei, stimme nicht. „Wenn Sie einen guten Wein nehmen, haben Sie auch ein gutes Ergebnis.“ Bei den Karpfen für die Carpes frites komme es zuallererst darauf an, dass sie nicht zu alt sind. Gutleben und Strubinger kaufen die Fische fürs Restaurant in einer Fischhandlung in Colmar ein. Dort werden sie vor dem Verkauf in frischem Wasser gehalten, das häufig gewechselt wird. „Der Karpfen ist modrig, immer“, betont Strubinger. Und das müsse man ihm mit frischem Wasser austreiben.

Auch beim Côte de bœuf, das in der Auberge saftig und geschmackvoll auf den Teller kommt, ist der Einkauf entscheidend. Strubinger verrät, dass er das Fleisch seit vielen Jahren in Deutschland vom Metzger Feißt in Teningen bei Emmendingen bezieht. „Der macht seine Salami noch selbst“ – ein Qualitätsmerkmal. Und wichtiger noch, er lasse das Fleisch seit jeher offen am Knochen reifen. Dadurch verliere es Wasser und werde geschmackvoller. „Dry aged“ nennt man das heute. Das qualitätvolle Fleisch brät Strubinger gründlich und heiß an, sonst verliere es Wasser. Gesalzen hat er das Fleisch unmittelbar vorm Braten, gepfeffert werde tunlichst nach dem Braten, sonst verbrenne der Pfeffer und werde bitter. Nach dem Braten kommt das Stück für 15 Minuten in den Ofen, bei 160 Grad. Danach wird es warm gestellt und ruht, bis die Gäste am Tisch sitzen. Kurz vor dem Servieren wird es noch einmal in derselben Pfanne gebraten.

Ihre Erfahrungen beim Kochen, in Jahren gesammelte Tipps und Tricks geben Strubinger und Gutleben gerne weiter. Aber nach einem Rezept zum Nachkochen gefragt, kommt Protest: „Auf Rezepte kann man fast gar nichts geben, wir kochen nie nach Rezepten“, sagen beide einmütig. Doch schließlich lassen sie sich doch noch für die Leser und Leserinnen des Lust auf REGIO ein Rezept für ihren fantastischen Carpe frite entlocken.

Carpe frite mit Remouladensauce: fritierte Karpfenstreifen mit Pommes

Rezept des Monats von derAuberge du Moulin

Carpe frite mit Remouladensauce

Für 2 Personen

500 g Karpfenfilet
200 g Hartweizengrieß
Frittieröl
Salz und Pfeffer

Remouladensauce:

2 Eigelb
150 ml Traubenkernöl
1 EL Dijon- oder Löwensenf
1 EL milder Essig (z.B. Melfor)
50 g Kapern
2 Essiggurken (Cornichons)
1 Schalotte
1 hart gekochtes Ei
1 EL Schnittlauch oder Petersilie, klein gewiegt
Salz und Pfeffer

Für die Remouladensauce Eigelb, Senf, Salz, Essig und Öl mit einem Stabmixer zu einer Mayonnaise mixen. Die Kapern, Schalotte, Gürkchen und das hart gekochte Ei in sehr kleine Würfel schneiden. Schnittlauch oder Petersilie klein schneiden oder wiegen. Alles vorsichtig unterheben, damit sich die Eigelbwürfel in der Mayonnaise nicht auflösen. Etwas durchziehen lassen.

Die Karpfenfilets in lange Streifen schneiden, bei rund 2 Zentimeter Kantenlänge. Den Grieß in eine Schüssel geben, und die Filetstreifen darin wälzen und somit panieren. Der Grieß haftet ohne Mehl oder Ei. Bei 170 Grad 2–3 Minuten frittieren. Auf Küchenkrepp abkühlen lassen. Unmittelbar vor dem Servieren ein zweites Mal frittieren – bei 180 Grad für etwa 3 Minuten, bis eine schöne Bräune zu sehen ist. In eine Schüssel geben, schwenken und dabei mit Salz und Pfeffer würzen. Sofort servieren – mit einem Zitronenviertel, Pommes frites und der Remoulade.

INFO:
Auberge du Moulin
1er rue RCA
68320 Widensolen, Frankreich
Tel.: 0033/389/71 59 43
www.restaurant-auberge-du-moulin.com

Öffnungszeiten:
Mo., Di.: 12 bis 14 Uhr und 18.30 bis 20.30 Uhr
Mi.: 12 bis 14 Uhr.
Fr., Sa.: 12 bis 14 Uhr und 18.30 bis 21 Uhr
So.: 12 bis 18 Uhr

Fotos: © Stephan Elsemann