Laura Braun im E-Werk: Release-Konzert ohne Album 4Event | 31.10.2022 | Pascal Lienhard

Laura Braun im E-Werk Atmosphärisch: Laura Braun bei ihrem Auftritt im E-Werk.

Wenn Künstler·innen in ihrer Heimatstadt ein Release-Konzert geben, ist das meist etwas Besonderes. Die Familie kommt vorbei, Freunde, andere Musiker·innen – und am Ende nehmen sich Fans das neue Album oder die neue EP mit nach Hause. Etwas anders lief es beim Konzert der Singer-Songwriterin Laura Braun im E-Werk. Zwar füllte sie den Saal und überzeugte für beinahe zwei Stunden mit ihren Songs. Nur auf die versprochene Platte müssen ihre Fans noch etwas warten.

In den vergangenen Monaten hat die Freiburger Musikerin vielfach von sich reden gemacht. Bereits im September des Vorjahres gewann sie mit „Nullsummenspiel“ einen Musikwettbewerb des Sozialverbandes Deutschland zum Thema „Wie groß ist dein Armutsschatten?“ Wenig später heimste sie den Kleinkunstpreis Baden-Württemberg ein.

Gute Atmosphäre – ob mit oder ohne Album

Eigentlich ein guter Zeitpunkt, um das erste Album zu veröffentlichen. Für die Aufnahme des Debüts „Vom Weg ab“ nahmen sich Braun und ihr Freund Jonas Vogelbacher, der sich um Technik, Vermarktung und Videos kümmert, den März frei. Doch beide erkrankten an Corona, Braun konnte für einen Monat nicht mehr singen. Das Duo versuchte, das Werk rechtzeitig zum Release im E-Werk fertigzustellen. Vergangene Woche die Nachricht: Es hat nicht gereicht.

Das tut der Atmosphäre im E-Werk keinen Abbruch. Bevor Braun auf die Bühne geht, spielt der Brandenburger Musiker und Schauspieler Paul Sies fünf Songs. Die Stimmung der Songs wechselt zwischen melancholisch („Trennungswalzer“) und humoristisch-anklagend („Theater hassen“). Die Songs von Pies sind oftmals unberechenbar, immer wieder ändert sich der Rhythmus, mal singt, mal spricht, mal brüllt der Künstler.

Ohne Umbaupause nimmt Braun nach Sies am Klavier Platz. „Ich habe das Gefühl, dass mein ganzes Leben hier im Publikum sitzt“, sagt die 29-Jährige. Tatsächlich ist die Zuhörerschaft breit gemischt, Jung und Alt haben ihren Weg ins E-Werk gefunden. Mit dem nachdenklichen Opener „Die Welt“ eröffnet die studierte Musikwissenschaftlerin ihr Konzert. Ganz in Schwarz sitzt sie am spärlich beleuchteten Klavier, das Publikum hört aufmerksam zu. Braun präsentiert Werke aus ihrem gesamten Bachkatalog: Der älteste Song des Abends ist rund acht Jahre alt, der neueste drei Monate jung.

Lieder über Liebe und Armut

Zu den Highlights des Abends zählt das prämierte „Nullsummenspiel“, bei dem sich Braun zusätzlich zum Klavier auf der Melodica begleitet. In dem Song geht es um ein Kind, das seine Mutter fragt, warum es den anderen Familien besser gehe. Dass das Thema Armut die Musikerin umtreibt, hat sie schon vor dem Konzert gezeigt. Um den Auftritt finanziell barrierefrei zu gestalten, setzt sie auf ein Soliticket-System. Personen, die besser verdienen, können eine Spende entrichten, wer sich den Eintritt nicht leisten kann, erhält bedingungslose Ermäßigungen.

Doch hat Braun natürlich auch „Lieder über Liebe“ dabei. Neben dem Duett mit Gastmusiker Dennis Kobylinski, das ebendiesen Namen trägt, überzeugt hier vor allem die Nummer „Ode an Dich (Sonne, Mond und Sterne)“. Man sieht der studierten Musikwissenschaftlerin auf der Bühne an, dass ihr der Abend viel bedeutet, nach jedem Song lächelt sie ins Publikum, freut sich über den Applaus.

Trotz mancher Längen hat Braun ihr Publikum im E-Werk überzeugt. Wann das Album denn nun erscheinen soll – da hält sich die Musikerin lieber erstmal bedeckt. Wer weiß, vielleicht gibt’s dann ja noch ein Release-Konzert mit Album.

Foto: © Pascal Lienhard

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