Minus 188 Grad: chilli testet Kryosauna – auch bei Ronaldo ist die Kältetherapie angesagt Gesundheit | 31.03.2023 | Till Neumann und Philip Thomas

chilli-Redakteur Philip Thomas in der kälte Sauna Eiskaltes Lächeln: chilli-Redakteur Philip Thomas sauniert, Sven Kühnöl steht ihm bei.

Drei Minuten bei minus 188 Grad Celsius. Was waghalsig klingt, ist eine angesagte Heilmethode. Spitzensportler wie Cristiano Ronaldo oder Mario Götze schwören auf die Kältetherapie. Auch Rheuma- oder Arthritis-Patienten sind Nutzer. Zwei chilli-Redakteure haben sich selbst in die eisige Röhre begeben. Und einen Wissenschaftler gefragt, was hinter dem Hype steckt.

„Sie sind jung und fit“

Minus zwei Grad misst das Thermometer im verregneten Freiburg. Fast minus 190 sollen es gleich bei „Prana Freiburg“ sein. In dem Studio bietet Sven Kühnöl Entspannung im Floating Tank an – und die sogenannte Kryotherapie. Die Sauna ist eine Röhre, in der Kunden sich für 39 Euro reinstellen dürfen. Bis zu den Schultern wird der Körper gekühlt, der Kopf bleibt auf Zimmertemperatur.

Eisig wird’s dank flüssigem Stickstoff. „Der hat minus 196 Grad“, erklärt Kühnöl. Kund·innen können bei ihm zwischen minus 172, 188 oder 196 Grad wählen. Der 52-Jährige empfiehlt uns 188 Grad. „Sie sind jung und fit.“ 172 Grad seien was für Einsteiger. Die 196 gibt es für Erfahrene mit 10er-Karte.

„Kälte tut dem Körper gut“

Kennt sich mit Kälte aus: Sven Kühnöl

Ob es gleich wehtut? „Es geht“, sagt Kühnöl. Der Vorteil sei die trockene Kälte. „Das ist wie ein eiskalter Wind – das Schöne kommt danach.“ Dann schüttet der Körper Endorphine und Cortisol aus. Viele seiner Kunden leiden an Rheuma, Arthritis oder Long Covid. Außerdem kämen Uniklinikärzte, Martial-Arts-Kämpfer oder SC-Profis. Kühnöl ist überzeugt: „Der alte Kneipp hatte recht: Kälte tut dem Körper gut.“

Vor dem Start müssen wir unterschreiben, keine Vorerkrankungen zu haben. Dann zieht sich der Kollege bis auf die Unterwäsche aus und schlupft in dicke Socken und Handschuhe. In der Röhre wird er mit 60 Grad warmer Luft „eingeföhnt“, damit die Gefäße sich weiten. Dann geht’s in wenigen Sekunden auf minus 188 Grad. Die werden drei Minuten lang gehalten.

„Gut gegen blaue Flecken“

Kühnöl steht neben einem gerahmten Bild vom Himalaya und beobachtet. „Man kann jederzeit aussteigen“, erklärt er. Doch das passiere selten. Seine Kundschaft sei durchweg angetan. Das bestätigt auch der unterkühlte Kollege nach drei Minuten: „Der Körper ist kribbelig, die Schmerzen im Arm sind nicht schlechter geworden.“ Auch ich teste: Die Kälte ist eine Herausforderung. Der Effekt wohltuend. Man fühlt sich erfrischt, aktiviert.

„Die Käfigkämpfer sagen, das ist gut gegen gelbe und blaue Flecken“, berichtet Kühnöl. Kicker wie Ronaldo nutzen die Therapie auch vor Wettkämpfen. „Es stabilisiert“, sagt Kühnöl. Ärzte könnten die Behandlung verschreiben. Doch die Studienlage dazu gilt als dünn. Stimmt das?

„Sudien lassen keine Beurteilung zu“

Roman Huber von der Uniklinik Freiburg

„Die Methode wurde bei verschiedenen Erkrankungen untersucht“, berichtet Roman Huber, Leiter des Uni-Zentrums Naturheilkunde am Uniklinikum Freiburg. Studien belegten die Wirksamkeit bei entzündlichem Rheuma, die „Verbesserung von Schmerzen und Gelenkentzündung“. Als Ursache werde vermutet, dass der durch die Kältesauna bedingte Temperaturabfall in den Gelenken zu „Veränderungen der entzündlichen Prozesse” führt.

Auch bei Weichteilrheuma ohne Entzündungen gebe es positive Studien, bei Muskelkater helfe kaltes Wasser aber besser als die Kältesauna. Und die Ronaldos? „Zur Leistungssteigerung von Sportlern liegen auch ein paar Studien vor, diese lassen aber eine Beurteilung der Wirksamkeit nicht zu.“

Fotos: © Till Neumann & Uniklinik Freiburg

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