Gerangel um Geisterstunde: Euroairport rechnet mit 13 Millionen Passagieren bis 2030 Politik & Wirtschaft | 01.06.2018 | Lars Bargmann

Ein neues Strategiepapier zeigt die Entwicklung des Euroairports bis 2030. Dann könnten statt heute acht 13 Millionen Passagiere gezählt werden. Gleichzeitig soll die Lärmbelastung in der Stunde vor Mitternacht sinken. Eine Mission impossible?

Es ist die Quadratur des Kreises: Der Erfolg des zweitgrößten Arbeitgebers im Elsass ist keineswegs geräuschlos und belastet die Anrainergemeinden. In einem Lärmaktionsplan ist nun als kurzfristiges Ziel bis 2019 die Halbierung der Starts in der Geisterstunde zwischen 23 und 24 Uhr Richtung Süden festgeschrieben, um die Lärmsituation in den betroffenen Gemeinden „markant zu entschärfen“, ohne dabei aber die „wichtige volkswirtschaftliche Funktion des Flughafens für die Region zu gefährden“.

Gerade diese Stunde vor Mitternacht ist es, die für den EAP wichtig ist, weil diese für die Maschinen der Low-Cost-Carrier, Drehkreuz-Zubringer der großen europäischen Netzwerkairlines und niedergelassenen Expressfracht-Anbieter von „größter Wichtigkeit“ sei, wie es bei der Bekanntgabe der Bilanz für 2017 hieß. Diese Maschinen müssen spätabends zu ihrer Basis zurück, damit sie frühmorgens wieder losfliegen können. So hat sich die Zahl der Südstarts in dieser Stunde seit 2014 verdoppelt. Wegen immer größerer Flugzeuge und immer besserer Auslastung sei die Zahl der Flugbewegungen insgesamt indes kaum gestiegen.

Markant entschärfen, ohne zu gefährden

Wie gelingen soll, weiter zu wachsen und gleichzeitig lärmmäßig zu schrumpfen? Zum einen seien schon mit dem Sommerflugplan 2018 exakt 102 Passagier- und 45 Expressfrachtflüge auf vor 23 Uhr verlegt worden – was im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 13 Prozent sei.

Da zudem ein Großteil der Landungen nach 23 Uhr auf „verspätete Passagiermaschinen“ zurückzuführen ist, hat der EAP mit den Airlines eine „Pünktlichkeitsoffensive“ initiiert, zu der etwa ein Bonus für Starts und Landungen vor 23 Uhr zählt und für den Einsatz lärmärmerer Maschinen wie den Airbus A320neo oder die Boeing B737 Max.

Mehrere Verbände und Organisationen wie die Bürgerinitiative Südbadische Flughafenanrainer, die elsässische Association de Défense des Riverains de l’Aéroport oder die Schweizer Organisationen Forum Flughafen und Schutzverband kritisieren, dass der EAP Forderungen der ­trinationalen Umweltcharta nach einer fundierten Lärmbelastungsanalyse ignoriere, ­keine Angaben zur exakten Höhe der Schadstoffemissionen mache und auch nicht erkläre, warum er den am Gate stehenden Flugzeugen keinen Strom zur Verfügung stelle, damit die Hilfsturbinen abgeschaltet werden könnten. Die Verbände fordern weiter – nach Zürcher Vorbild – eine Nachtflugsperre von 23 bis 6 Uhr.

Mehr als 26.000 Arbeitsplätze hängen am EAP

Um das anvisierte Passagierwachstum zu ermöglichen, sind am Flughafen millionenschwere Investitionen in die Infrastruktur nötig. Dafür werden derzeit räumliche Entwicklungsszenarien geprüft. Bis 2025 sollen die Terminalflächen um 30 Prozent wachsen, im Finanzplan stehen pro Jahr 30 Millionen Euro an Investitionen.

Mit 6400 Mitarbeitern ist der Flughafen der zweitgrößte Arbeitgeber im Elsass (nach PSA Peugeot-Citroën in Mulhouse). Nach einer von Suhr angeführten Studie hängen zudem fast 20.000 Arbeitsplätze indirekt vom Airport ab. Wenn die Entwicklung so weitergeht, könnten bis 2023 insgesamt 34.000 Arbeitsplätze vom EAP abhängen.

Foto: © EuroAirport