Car-Sharing nimmt in Deutschland immer weiter Fahrt auf Politik & Wirtschaft | 12.06.2018 | Philip Thomas

Das Auto ist des Deutschen liebstes Spielzeug. Und Spielzeug teilt man bekanntlich nicht gerne. Was im Sandkasten gilt, hat auf Deutschlands Straßen in Zeiten neuer Mobilität allerdings keine Bewandtnis mehr.

Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl der Fahrberechtigten von Car-Sharing-Unternehmen in Deutschland von 1,6 auf 2,1 Millionen gestiegen. Die Zahl der teilbaren Autos kletterte um 800 auf nun 18.000, die mittlerweile in 667 Städten und Gemeinden der Republik buchbar sind. Auch Gunnar Nehrke, Geschäftsführer des Bundesverbands CarSharing, tritt eher aufs Gas als auf die Bremse: „Der Markt ist gerade erst in der Entstehung.“

In Freiburg ­gehören mehrere Anbieter längst fest zum Verkehr. So zählt Stadtmobil Südbaden, 1991 noch als Selbsthilfegruppe gegründet, mittlerweile 160 Fahrzeuge. Und auch die Grüne Flotte blüht: Umfasste der Fuhrpark im Frühling noch 173 Wagen, sollen es Mitte des Jahres schon 200 Fahrzeuge sein.

»Das eigene Auto ist ein Klotz am Bein«

„Das ist ein wachsender Markt“, sagt Christian Dufner, Leiter der Flotte, und sieht eine Trendwende: „Ein privates Auto steht 90 Prozent rum und entspricht heute vielen Lebenssituationen nicht mehr.“ Monika Schwinkendorf, Geschäftsführerin von Stadtmobil Südbaden, geht noch einen Schritt weiter: „Das eigene Auto ist ein Klotz am Bein und hat als Statussymbol ausgedient.“

Viele Freiburger stimmen offenbar zu. Im bundesweiten Ranking belegt Freiburg mit 1,41 genutzten Fahrzeugen pro 1000 Einwohner hinter Spitzenreiter Karlsruhe (2,71) und Stuttgart (1,47) den dritten Platz. Darüber hinaus sieht Schwinkendorf ein neues Bedürfnis nach Mobilität. „Autohersteller haben ein Problem. Die verkaufen zunehmend keine Produkte mehr, sondern Dienstleistungen. Die Grüne Flotte macht genau das.“ Dufner erinnert sich noch an den Wandel: „Wir hatten ein Autohaus und bereits eine Autovermietung, Kunden wollten aber immer häufiger ein Auto für ein Wochenende. 2011 dachten wir uns, wir machen CarSharing.“

Auch Global-Player wie Mercedes und BMW leisten sich mit Car2go und DriveNow eigene Carsharing-Ableger, die nach dem Free-Floating-Prinzip funktionieren. Bei diesem System sind Kunden nicht an feste Stellplätze gebunden. „Damit hat man in Großstädten Wachstum produziert“, sagt Schwinkendorf. „Das Free-Floating-Modell ist wegen hoher Transferkosten allerdings sehr teuer und mühsam.“ Tatsächlich haben sich die beiden Marktführer wieder zurückgezogen. „Für Free-Floating muss man die Stadt mit Autos überschwemmen“, sagt Dufner. Nach Nehrke schafften stationsbasierte Systeme außerdem mehr private Autos ab: „Free-Floating erfüllt für viele Leute nicht den Ersatz des eigenen Autos, sondern ersetzt eher eine Taxifahrt.“

Noch bekommt der gesamte Automarkt den CarSharing-Trend aber nicht zu spüren: Rund 90.000 Fahrzeuge mit FR-Kennzeichen wurden zum Jahreswechsel 2017/2018 gezählt. 2008 waren es knapp 79.000. Konstant gestiegen ist dabei die Zahl der Pendler: Überquerten 2005 noch 51.900 Berufstätige die Kreisgrenze, waren es 2016 schon 65.380.

Um Freiburgs Straßen zu entlasten, setzt man auch im städtischen Garten- und Tiefbauamt (GuT) auf CarSharing und schätzt, dass ein gutes Angebot fünf bis zwölf private PKW ersetzen kann. „CarSharing entlastet den Verkehr“, sagt Dufner.

»Bei der Entwicklung hat Freiburg Vollgas gegeben«

Allerdings war für das heutige Angebot erst mal ein Einlenken im Rathaus notwendig. „Bebauungspläne haben Stellplätze für unsere Autos nicht zugelassen, das war alles sehr bürokratisch“, sagt Schwinkendorf, die deswegen auch private Stellplätze anmietet.

Bereits 2012 stellte das GuT fest, dass das CarSharing-Netz durch fehlende Verfügbarkeiten begrenzt wurde. Erst 2015 machte ein Beschluss des Gemeinderats neue 450 Stellplätze möglich. Im vergangenen Jahr kamen noch einmal 27 hinzu. „Bei der Entwicklung der Infrastruktur hat Freiburg dann Vollgas gegeben“, freut sich Dufner. Im nächsten Schritt will die Stadtverwaltung noch in diesem Jahr den Ausbau von Ladestationen für Elektroautos fördern. „Da ist man in Freiburg noch hinterher“, sagt Schwinkendorf, „oft werden einfach unsere Stationen besetzt“.

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