„Grenzenloses Vertrauen“: Freiburger Freimaurer hüten Geheimnisse Szene | 18.08.2018 | Till Neumann

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Ein Tempel, viele Rituale – aber keine Religion. Freimaurer sind seit 300 Jahren verschworene Gemeinschaften. Zu ihren Zeremonien haben nur Mitglieder der Loge Zutritt. Was dort passiert, ist streng geheim. So auch bei der Freiburger Loge Aquarius. Zwei „Brüder“ haben dem chilli dennoch ihren Tempel gezeigt.

Ein Holzhammer, drei blaue Kerzen, ein blaues Buch. Der Altar der Freimaurerloge Aquarius sieht mit seiner Plastikdecke wenig prunkvoll aus. Die Szenerie dafür umso geheimnisvoller: An der Decke hängen vier Kronleuchter, in der Mitte des Raums liegt ein schwarzes Tuch auf dem Boden. Daneben ein Steinblock mit einem zweiten Hammer. Etwas weiter ein goldener Zirkel und eine Bibel. An den Seiten stehen rund 40 Stühle – ebenfalls blau.

„Es sind viele Verschwörungstheorien im Umlauf“, sagt Hartmut Spohn. Der 69-Jährige ist Sekretär der Loge und gewährt heute Einblicke in deren intimsten Bereich: den Tempel unweit des Jesuitenschlosses auf dem Schönberg. Die Bücher mit dem goldenen Schriftzug „Ritual“ dürfen nicht aufgeschlagen werden. Auch was mit Hammer, Zirkel und Winkel passiert, ist ein streng gehüteter Brauch.

„Die Ritualzusammenkunft ist strikt geschlossen“, betont Spohn. Es gehe um „grenzenloses Vertrauen“ – in die Brüder der eigenen Loge, aber auch in die anderer Bünde. „Das kann man nur erreichen, wenn man den Inhalt des Rituals bedeckt hält“, betont Spohn, der seit 1988 bei Aquarius ist.

Mysteriös: Im Tempel von „Aquarius“ ist alles vorbereitet für die geheime Zeremonie.

Trotz des Tempels stellt der Vereinsvorsitzende („Meister vom Stuhl“) Peter Blatzheim klar: Eine Religion sind sie nicht. Vielmehr wollen sie Menschen zusammenbringen – über alle Schranken hinweg. Metzgermeister und Veganer, Kriegsdienstverweigerer und Generäle. Grundsatz seien die zehn christlichen Gebote, ihr Tempel ein spiritueller Grundbau. An ihm baue man weiter – als Tempel der Humanität.

Wie die meisten Logen ist Aquarius ein Männerbund. „Frauen wären ein Zwang, wir sind doch recht unterschiedlich“, sagt Blatzheim. Damen seien bei öffentlichen Veranstaltungen herzlich willkommen, aufgenommen werden können sie jedoch nicht. Als Vereinsvorsitzender von Aquarius wird der 65-Jährige für zwei Jahre gewählt und leitet die Zeremonien.

Auch viele Berühmtheiten wie Brad Pitt sollen Freimaurer sein.

Nicht überall sind Frauen außen vor: Mittlerweile gibt es reine Damenlogen und gemischte, berichten Spohn und Blatzheim. Bei einem Glas Wasser erzählen sie in Spohns Breisacher Wohnung von ihrer Überzeugung: „Wir arbeiten an uns, um die Verhältnisse der Welt zu verbessern.“ Man versuche Gutes zu tun, andere zu respektieren, seine eigenen Positionen immer wieder infrage zu stellen. „Logenbruder zu sein, ist gesund wie ein Spaziergang an der frischen Luft“, sagt Blatzheim.

Der Schlüssel ist Verschwiegenheit: Was in der Bruderschaft besprochen wird, bleibt dort. „Plaudertaschen, die über alles und jeden abziehen, sind hier nicht gut aufgehoben“, betont Spohn. Logeninhalte preiszugeben sei ausgeschlossen: „Das ist wie wenn man über den Marktplatz geht und Leute fragt, ob sie Geschlechtsverkehr haben“, erklärt Spohn.

Manche bleiben unerkannt

Klar abgrenzen wollen sie sich von Sekten: „In die kommt man leicht rein und schwer wieder raus“, betont Spohn. Bei Logen sei es das Gegenteil. Aufgenommen zu werden ist schwierig, auszutreten dafür leicht. „Ein einfaches Schreiben genügt“, erklärt Spohn. Formell ist Aquarius ein eingetragener Verein mit Mitgliedsbeitrag. Spohn betont aber auch: Die Bruderschaft ist eigentlich ein Bund auf Lebenszeit – wie eine gute Ehe.

Mit ihrer Freimaurer-Identität gehen die beiden offen um. Fotografiert werden möchten sie aber nicht. „Es gibt nach wie vor Vorbehalte gegen uns“, sagt Spohn. Mancher Bruder setze Himmel und Hölle in Bewegung, um unerkannt zu bleiben. Gerade die katholische Kirche habe oft Probleme mit Freimaurern. Dennoch singt Spohn in einem katholischen Kirchenchor – ohne Schwierigkeiten.

Info

Freimaurer sind ein ethischer Bund mit fünf Grundidealen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Weltweit soll es 2,5 bis 5 Millionen Freimaurer geben. Rund 15.000 könnten es in Deutschland sein. Die erste Großloge hat sich 1717 in England gegründet. Ihr Ursprung liegt in den mittelalterlichen Bauhütten der Kathedralmeister. Die Handwerker bauten Tempel mit Werkzeugen wie Hammer und Zirkel. Symbole, die sich noch heute in den Freimaurer-Logen finden.

Viele berühmte Persönlichkeiten wie Mozart, Goethe oder Churchill waren Freimaurer. Sie folgen der Verschwiegenheitspflicht, die freien Meinungsaustausch unter Mitgliedern ermöglichen soll. Die meisten Riten sind mittlerweile schriftlich festgehalten – und damit öffentlich zugänglich. Religiöse Streitgespräche sind in Logen untersagt. Das Verhältnis von Religion und Freimaurern ist deswegen angespannt. Für die römisch-katholische Kirche ist eine Logen-Mitgliedschaft mit den eigenen Grundsätzen nicht vereinbar. In Deutschland soll es 460 Logen geben, in Freiburg finden sich drei: 3 Tannen, Zur Edlen Aussicht und Aquarius. Letztere berichtet von sinkenden Mitgliederzahlen.

Fotos: © tln, SpreePiX, pixabay.de