Die Ökostromgruppe und das Repowering-Programm Natur & Umwelt | 20.05.2021 | Lars Bargmann 

Windräder auf dem Roßkopf Hoch über Freiburg: Die Rotorblätter auf dem Roßkopf haben kammartige Flügel zur Geräuschreduktion.

Die grün-schwarze Koalition im Land wird auch die nächsten fünf Jahre die Politik bestimmen. Ein Ziel: 1000 neue Windräder. Exakt diese Zahl hatte schon vor zehn Jahren der damals neu gewählte Umweltminister Franz Untersteller als Marschrichtung vorgegeben – sich dann aber weitläufig verlaufen. Windenergieunternehmer wie Andreas Markowsky hoffen, dass im zweiten Anlauf nun mehr Taten auf Worte folgen.

Der Geschäftsführer der Freiburger Ökostrom-Gruppe macht unbeirrt Wind in Freiburg und will etwa die Standorte auf dem 730 Meter hohen Roßkopf-Gipfel intensiver nutzen, wie er unlängst nach bib-Informationen im nicht-öffentlichen Teil des Gundelfinger Bauausschusses präsentierte.

Anstelle der vier bestehenden Windkraftanlagen sind zwei neue Anlagen geplant, die den Stromertrag von 8 auf 20 Millionen Kilowattstunden (kWh) mehr als verdoppeln sollen. Betreiber bleibt die Regiowind GmbH & Co. Freiburg mit 490 privaten Kommanditisten. Eine der vier Anlagen steht auf Gundelfinger Gemarkung, dieser Standort soll auch bestehen bleiben. Die beiden mittleren Räder auf Freiburger Geläuf sollen zurückgebaut, der südlichste neu genutzt werden. Von der Sohle bis zum Scheitel (mit Rotorblatt) messen die Anlagen heute 133 Meter, die neuen sind fast doppelt so hoch. Das Investitionsvolumen liegt bei elf, zwölf Millionen Euro.

Bereits bekannt ist das Repowering-Projekt auf der Holzschlägermatte, wo die beiden Alt-Anlagen ab- und eine neue aufgebaut werden soll. Die Zufahrtswege durch die Waldstücke würden, so Markowsky, nicht verbreitert, weil neue Transporter die Rotorblätter nahezu senkrecht an Ort und Stelle bugsieren könnten. Den Bauantrag hat die Ökostrom-Gruppe im vergangenen Sommer gestellt. Die neue Anlage soll den bisherigen Stromertrag auf zehn Millionen kWh verdoppeln.

Erst kürzlich gab Markowsky zudem auch den Bauantrag für zwei neue Windkraftanlagen auf dem Taubenkopf oberhalb der Molzhof-Siedlung in Kappel (wir berichteten) ab: „Wir hoffen auf eine Genehmigung im dritten Quartal.“   Am 6. Mai wurde zudem im Gemeinderat in Au über einen weiteren Standort auf dem Illenberg, der sowohl auf Auer als auch auf Freiburger und Horbener Gemarkung liegt, debattiert. Wie in Kappel regt sich auch hier Widerstand: Die Gemeinderäte beauftragten das Rathaus, eine Bürgerumfrage zu initiieren. Artenschutz (Fledermäuse, Milane), Schallschutz der Angrenzer (auch Infraschall) und die Zerstörung des Landschaftsbildes sind die am häufigsten ins Feld geführten Argumente der Windkraftgegner. 

Beim für Menschen nicht hörbaren Infraschall hatten sich jahrelang Windkraftkraftgegner auf eine 2009er Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) berufen, in der gemessene Infraschallwellen in akustische Daten umgerechnet worden waren. Tinnitus, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden sodann in die Debatte eingebracht. Belegt sind diese bis heute nicht. Ende April stellte sich heraus: Diese Umrechnung war falsch, ein Rechenfehler führte zu überhöhten Dezibel-Angaben. Der fürs BGR zuständige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte am 27. April in Berlin: „Es tut mir sehr leid, dass falsche Zahlen über einen langen Zeitraum im Raum standen.“

Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg kam in einem Langzeitmessprojekt zu dem Schluss, dass der Infraschall auch im Nahbereich von Windanlagen mit Abständen von 150 bis 300 Metern deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen liege. „Viel Lärm um nichts“ titelte ZEIT online. 

Grün-Schwarz will bis Ende 2022 gesetzlich festlegen, dass zwei Prozent der Landesfläche für Windräder und Photovoltaik reserviert werden. Wenn alle deutschen Atomkraftwerke bis dahin abgeschaltet werden, werden die Erneuerbaren Energien, allen voran die Windkraft, anfangen, die Kohlekraftwerke verdrängen. Aktuell stillen die sechs Regiowind-Anlagen deutlich unter zwei Prozent des Freiburger Stromhungers.

Foto: © Ökostrom-Gruppe