El Greco und Picasso im Kunstmuseum Basel Ausstellung | 12.07.2022 | Erika Weisser

Gemälde

Zwei große Künstler treffen im Kunstmuseum Basel zusammen: El Greco (1541–1614), der aus Kreta stammende Maler der spanischen Renaissance, und Pablo Picasso (1881–1973), der die europäische Moderne entscheidend beeinflusste. In einer bis zum 25. September dauernden Sonderausstellung macht das Museum einen intensiven künstlerischen Dialog erfahrbar.

Dialog ist an dieser Stelle zwar ein ungewöhnliches Wort. Schließlich kommunizieren Bilder nicht miteinander. Doch es ist der richtige Ausdruck: Bei der Betrachtung zweier Gemälde, die weder zeit- noch kunstgeschichtlich miteinander in Verbindung stehen, kommen verblüffende Übereinstimmungen ans Licht, wird die Inspiration des Jüngeren durch den Älteren spürbar, lassen sich wechselseitige Bezüge herstellen zwischen zwei Künstlern, die sich naturgemäß nie begegneten.

Dabei, und das zeigt die Ausstellung, geht es wie bei einem verbalen Dialog nicht einfach um Kopieren, um Nachahmen. Im Gegenteil: Eine These wird aufgenommen, mit eigenen Denkansätzen oder eigener Ästhetik reflektiert, um sie dann unter neuen Aspekten und mit einem durch den Diskurs erweiterten Vokabular zu reproduzieren. Um sich so den Argumenten des Gegenübers weiter zu öffnen und beide Sichtweisen gleichberechtigt nebeneinanderzustellen. Dieses Bedürfnis Picassos, die Kunst vergangener Epochen zu rezipieren, in sein eigenes Schaffen einfließen zu lassen, zu transformieren und somit lebendig zu halten, ist bei all seinen Gemälden zu beobachten, die nun in Basel zu sehen sind – in zehnjähriger Forschungs- und Vorbereitungszeit und -arbeit von Carmen Giménez und Josef Helfenstein sorgfältig ausgewählt und kuratiert.

Bei manchen Gegenüberstellungen – oder besser: Paarungen – der Werke des für seine Zeit sehr individualistischen Altmeisters und des über weite Strecken seines Lebens „jungen Wilden“ wird dies sofort augenscheinlich. Etwa in Saal 3, wo an einer Wand nur zwei Bilder hängen (Fotos oben): El Grecos um das Jahr 1590 gemaltes „Bildnis der Jungfrau Maria“ und Picassos mehr als 300 Jahre später entstandenes „Porträt einer Frau oder eines Matrosen“. 

Deutlich werden die Bezüge auch bei diversen Bildern von schmalgesichtigen Männern mit spitzen Knebelbärten und üppigen Halskrausen, die auf Picasso beim Studium von El Grecos Werken im Madrider Prado und in Toledo einen großen Eindruck gemacht haben müssen: Die Ausstellung wartet mit etlichen, manchmal kubistisch zerlegten, manchmal extrem verfremdeten Gestalten aus der Hand des Jahrhundertkünstlers auf, die ähnliche Attribute schmücken. Ein besonderes Kuriosum ist das auf den 18.3.67 datierte Bild „Der Musketier (l.), das den leider nur auf der Rückseite vermerkten Untertitel „Domenico Theotocopoulos van Rijn da Silva“ trägt. Damit sind seine Vorbilder definiert: El Greco, Rembrandt und Velasquez.

El Greco (l.): Die Jungfrau Maria, um 1500 © Strasbourg, Musée des Beaux-Arts // Pablo Picasso (r.): Buste de femme ou de marin (Etude pour les Demoiselles d’Avignon), 1907, Musée national Picasso, Paris,© Succession Picasso / ProLitteris, Zurich.
Pablo Picasso (u.): Der Musketier (Domenico Theotocopoulos van Rijn da Silva), 1967, Ludwig Museum Budapest, © Succession Picasso / ProLitteris, Zurich.