Jetzt säen – im Winter ernten: Salate und Winterkräuter Haus & Garten | 23.09.2023 | Heide Bergmann

„Der Herbst ist der Frühling des Winters“, behaupten Gartenfans und greifen jetzt zu Hacke und Samentütchen. Wer zu Weihnachten frische Salate und Kräuter ernten will, sät im Sep-tember noch mal aus. Am besten in Hochbeete oder Balkonkästen, wo sie geschützt gedeihen.
Die Gartensaison ist noch nicht zu Ende. Mit einer geschickten Planung lassen sich bereits Ende des Sommers bis in den Herbst hinein die Grundlagen für eine Ernte im Winterhalbjahr legen. Dabei machen wir uns die klimatischen Veränderungen zunutze. So hat sich die Anbauphase in den letzten Jahren mehr und mehr in den Herbst hinein verlängert, und im Frühjahr beginnen die Pflanzenkulturen bereits früher zu treiben. Der Klimawandel ist vor allem in den Städten spürbar, wo die Wärme in den Häuserwänden gespeichert und von ihnen abgestrahlt wird. Man spricht von der „urbanen Wärmeglocke“. An solchen Standorten, etwa auf einem Balkon oder in einem geschützten Hinterhof, entsteht ein besonderes Kleinklima, das einen ganzjährigen Anbau von Salat, Gemüse und Kräutern begünstigt.

Für den Postelein, auch Tellerkraut genannt, sind selbst starke Fröste kein Problem. Die fleischigen Blätter sind wahre Vitamin-C-Bomben und enthalten nur wenig Nitrat.
Staunässe ist schädlicher als Frost
Selbst wenn die Winter milder geworden sind, kann es nach wie vor strengen Frost geben. Damit muss man in unseren Breiten immer rechnen. Aber Frost ist keine große Bedrohung. Asia-Salate, Grünkohl, Winterkresse, Wilde Rauke oder Postelein schaffen es locker bis minus 15 oder sogar bis minus 20 Grad. Sie frieren ein, und wenn es wärmer wird, tauen sie einfach wieder auf. Um die Wachstumsbedingungen zu verbessern, kann man sie mit Vlies oder Folie abdecken. Das Problem ist eher das fehlende Licht. Die Tageslänge nimmt im Herbst stetig und spürbar ab. Das Pflanzenwachstum geht zurück, bis es fast zum Stillstand kommt. Wenn in diesen lichtarmen Wochen dann eine erhöhte Luft- und Bodenfeuchtigkeit dazukommt und wenn die Pflänzchen im Topf in der Staunässe stehen, droht die Gefahr von Fäulnis. Für den Winteranbau gilt daher: Feuchtigkeit vermeiden ist wichtiger als Frostschutz. Ein überdachter Balkon nach Süden, der möglichst viel Tageslicht bekommt, ist für den Winteranbau ideal. Hier sind die Pflänzchen vor starken Niederschlägen geschützt und profitieren von der vorhandenen Helligkeit. Vertikale Pflanzsysteme sind hilfreich. Sie fangen das schräg einfallende Sonnenlicht bestens auf, und das Wasser kann gut nach unten abfließen.
Vitamin-C-Power vom Balkon
Winterharte Pflanzenkulturen sind eine echte Bereicherung für den Selbstversorger-Balkon, denn sie schließen die Erntelücke im Winter. Bereits im Juli, August fängt man mit dem Säen und Pflanzen von Grünkohl, Lauch und Mangold an. Sie haben eine lange Entwicklungszeit. Im September sind dann Feldsalat, Asia-Salate und Blattkräuter an der Reihe. Jetzt ist die beste Aussaatzeit dafür. So etwa der Winterportulak oder Postelein (Montia perfoliata). Er keimt erst bei Temperaturen unter 12 Grad und kann noch bis Anfang Oktober ausgesät werden und dann ab Februar wieder. Er wird üblicherweise im unbeheizten Gewächshaus oder Folientunnel angebaut, gedeiht aber auch sehr gut in Balkonkästen und Hochbeeten, die man bei Bedarf abdeckt. Postelein, der wegen seiner tellerförmigen, dickfleischigen Blätter auch Tellerkraut genannt wird, wächst sehr üppig. Man kann die Blätter bis zu 6-mal schneiden, wenn man die Herzblätter stehen lässt. Sein Geschmack ist mild, er enthält reichlich Vitamin C und wird gerne als Salat oder für Smoothies verwendet.

Wer im Winter ernten möchte, sät im September: Feldsalat
Feldsalat (Valerianella locusta) ist ein bekannter und beliebter Wintersalat. Er gedeiht üblicherweise als Nachkultur im Gemüsebeet, wächst aber auch genauso gut in Kästen und Kübeln. Genial ist er als Untersaat bei Paprika-, Auberginen- oder Tomatenpflanzen, wo er langsam heranwächst. Wird das Sommergemüse abgeerntet, kommt seine Zeit.
Asia-Salate (Brassica juncea) sind im Kommen. Sie sind schnellwüchsig, unkompliziert und frosthart. Die Kohlgewächse mit dem typisch scharfen Geschmack enthalten wertvolle Senföle, die unser Immunsystem in der Winterzeit stärken. Empfehlenswert sind die Sorten ,Red Giant‘ mit großen, rot überlaufenen Blättern oder ,Mizuna’, die ertragreich wächst und mehrmals geschnitten werden kann. Die Sorte ,Green in Snow‘ ist sehr winterfest, und der Blattsenf ,Moutarde Rouge Métis‘ hat fein gezackte rote Blätter. Asia-Salate bilden keinen Kopf. Geerntet werden sie im Baby-Leaf-Stadium, immer die äußeren Blätter zuerst. So wachsen neue Blätter nach. Man verwendet sie im Salat, in Suppen oder Wokgerichten. Im Balkonkasten oder Hochbeet sät man sie am besten noch bis Mitte September aus. Bei späteren Aussaaten reicht das Tageslicht möglicherweise nicht aus, aber das ist kein Problem. Sie überwintern im Jugendblattstadium und beginnen ab Februar wieder zu wachsen.

Asia-Salate wie ‚Mizuna‘ gedeihen auch in Kästen und Kübeln.

Asia-Salat ‚Red Giant‘
Frisches Grün für dunkle Tage
Auch Rucola (Eruca sativa) eignet sich für den Winteranbau. Das einjährige würzige Salatkraut aus Italien keimt und wächst schnell. Dagegen ist die wilde Rauke (Diplotaxis tenuifolia), die oft mit Rucola verwechselt wird, ausdauernd. Ihr Geschmack ist etwas schärfer. Wenn sie sich einmal auf dem Balkon oder im Garten etabliert hat, wächst sie dort zuverlässig, auch den Winter über, und wenn man sie blühen lässt, vermehrt sie sich von alleine.

Rucola, das scharf-würzige Kraut aus Italien, wächst schnell und völlig unkompliziert.

Die wilde Rauke ist pflegeleicht und macht den Balkon zum Winter-Garten.
Ein robustes, frosthartes Winterkraut ist auch die Barbarakresse oder Winterkresse (Barbarea praecox). Sie kommt bei uns wild vor, schmeckt kresseartig scharf und enthält viel Vitamin C.
Winterkulturen brauchen nicht viel Pflege. Sie werden sparsam gegossen und nicht gedüngt, denn bei zu viel Stickstoff kann sich in den Blättern Nitrat sammeln. Nachdem die Samen gekeimt sind, sollten die Kästen genügend Licht erhalten und gegen Niederschlag geschützt werden. Wenn sie mit Folie abgedeckt wurden, ist regelmäßiges Lüften nötig, damit nichts fault. Später, in den dunklen Tagen, wenn die Sommerernte längst vorüber ist, ist die Freude groß an der Ernte von frischem Grün vom eigenen Balkon. Bei Frost allerdings sollte man die Blätter erst auftauen lassen, bevor man sie schneidet.
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