Weiße Schönheiten – Schneeglöckchen Haus & Garten | 20.02.2024 | Frank von Berger

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Obwohl der Winter im Februar manchmal noch ziemlich bissig ist, gibt es schon milde, hellere Tage. Dann zeigen sich die ersten zarten Frühjahrsboten in der Natur. Schneeglöckchen sind oft die frühesten Blüten, die ein Ende des kalten Winters ankündigen.

Als Wildpflanze wird das Kleine Schneeglöckchen, botanisch korrekt Galanthus nivalis genannt, leider immer seltener. Die einzige in Mitteleuropa heimische Schneeglöckchen-Art kommt im feuchten Unterholz von Au- und Mischwäldern vor. In Deutschland ist sie nur bei uns im Südwesten heimisch. Im Rest der Republik ist sie eingeschleppt und danach verwildert. Größere Vorkommen an Naturstandorten, wie etwa im Freiburger Mooswald, finden sich heute kaum noch und sind deshalb ein Geheimtipp unter Botanikern. Daher steht die Art auch unter Schutz und die Zwiebeln der Wildpflanzen dürfen nicht einfach ausgebuddelt werden.

Galanthus-elwesii

Wenn der Boden nicht gefroren ist, hindert selbst eine dünne Schneedecke die Glöckchen nicht am Austreiben. Ob Kleines oder Großblütiges Schneeglöckchen – sie sind freudebringende Frühstarter.

Im Handel erhältliche Schneeglöckchen dagegen stammen aus Kulturbeständen und lassen sich leicht vermehren. Durch Tochterzwiebeln bilden sich bald dichte Horste. Aber auch durch Aussaat verwildern die zur Familie der Amaryllisgewächse zählenden Pflanzen meist problemlos. Sie haben im Lauf der Evolution eine geniale Strategie dazu entwickelt: An den winzigen Samen befinden sich kleine, fleischige Anhängsel, sogenannte Elaiosomen, die Fett und Zucker enthalten. Das lockt Ameisen an, die den Samen samt Anhängsel in ihren Bau schleppen, aber nur am Nahrhaften naschen. Den ungenießbaren Samen schaffen die Insekten wieder aus dem Bau und tragen so zur Verbreitung der Pflanzen bei. Die gefüllte Sorte der heimischen Art, Galanthus nivalis ,Flore Pleno‘, ist allerdings steril und kann nur durch Brutzwiebeln und nicht durch Ausaat vermehrt werden.

Glöckchenvielfalt

Außer „unserem“ Schneeglöckchen gibt es in anderen Teilen der Welt weitere Schneeglöckchen-Arten, von denen einige auch in hiesigen Gärten kultiviert werden. So etwa das Ikaria-Schneeglöckchen (Galanthus ikariae) mit leuchtend grünen Blättern oder das Clusius-­Schneeglöckchen (Galanthus plicatus), das auf der Krim und in der Türkei vorkommt. Als größtes Schneeglöckchen gilt das Türkische oder Großblütige Schneeglöckchen (Galanthus elwesii), das über zwanzig Zentimeter hoch wird und deutlich größere Blüten hat als unsere einheimische Art.

Galanthus-nivalis-am-Naturstandort-in-Sexau

Seltenes Frühlingsbild: Wildpflanzen der einzigen heimischen Art, des Kleinen Schneeglöckchens, finden sich heute kaum noch und stehen unter Schutz. Mit im Handel erhältlichen, in Kultur vermehrten Zwiebeln lassen sich im eigenen Garten üppige Horste anlegen.

Obwohl die meisten Schneeglöckchen für Laien ziemlich ähnlich aussehen, gibt es für Kenner der kleinen Zwiebelpflanzen immer wieder Neues zu entdecken. Inzwischen sind über 4000 Sorten bekannt – und es werden jedes Jahr mehr. Sie unterscheiden sich bei genauerem Hinsehen durch unterschiedliche Blüten- und Blattformen, variierende Blütenfarben ­sowie die Blütezeiten. Je nach Art und Sorte erscheinen die Blüten zwischen Oktober und April, wobei die meisten Arten zwischen Ende Januar und Anfang März blühen. Zu den seltenen Herbstblühern zählen Galanthus reginae-olgae und Galanthus elwesii ‚Barnes‘.

Im Schneeglöckchen­fieber

Ausgefallene Sorten bringen manche Menschen zum Schwärmen – und manchmal auch fast um den Verstand. Leute mit Schnee­glöckchenfieber werden in Fachkreisen auch „Galanthophile“ genannt. Sie treffen sich gern im Spätwinter zu speziellen Pflanzenmessen, um sich auszutauschen, seltene Arten und Sorten zu ergattern oder um sich einfach am Anblick der kleinen Frühjahrsboten zu erfreuen. In Deutschland sind die „Nettetaler Schneeglöckchentage“ im Kloster Knechtsteden bei Dormagen die wohl bekannteste Veranstaltung dieser Art. Sie findet in diesem Jahr am 17. und 18. Februar statt. Züchter aus dem In- und Ausland bieten hier ihre botanischen Schätze an. Wer nicht so weit reisen möchte, kann einige Tage später, am 24. und 25. Februar, die von der bekennenden Galanthophilen Anne Repnow organisierten Schneeglöckchentage im Mannheimer Luisenpark besuchen. Auch hier sind internationale Anbieter mit zahlreichen Raritäten zugegen.

Kostbare Zwiebelschätze

Manche Schneeglöckchenverrückte sind übrigens bereit, für seltene Sorten ein kleines Vermögen auszugeben. Eine einzige Zwiebel der Sorte ‚Golden Tears‘ des britischen Züchters Joe Sharman, in Fachkreisen auch als „Mr. Snowdrop“ („Herr Schneeglöckchen“) bekannt, wurde im Jahr 2022 für 1850 englische Pfund (rund 2200 Euro) bei einer Internet-­Auktion verkauft. Kein Schnäpp­chenpreis, aber jemand, der es sich leisten konnte, war gewiss mit seiner Beute überglücklich.

Schneeglöckchen-Sammlung-einer-'Galantophilin'

Echte Schneeglöckchen-Fans legen Sammlungen mit wertvollen Sorten ihrer Schützlinge an.

Damit das Glück von Dauer ist, kommt es jedoch auf die richtige Pflege an. Die meisten Schneeglöckchen-Arten, so auch das einheimische Kleine Schneeglöckchen, mögen feuchten, nährstoffreichen, eher kalkhaltigen als sauren Boden im Halbschatten. Der Boden darf im Sommer nicht völlig austrocknen, aber auch nicht dauerhaft zu feucht sein. Die etwa erdnussgroßen Zwiebeln werden meist im Herbst zum Kauf angeboten. Wird die Ware bei spezialisierten Blumenzwiebelhändlern bestellt, besteht die Gewähr, dass es sich um frische Zwiebeln und tatsächlich um die gewünschte Sorte handelt. Nach dem Erwerb sollten die Zwiebeln möglichst rasch unter die Erde kommen, weil sie, wenn sie angetrocknet sind, kaum noch anwachsen. Also lieber Hände weg von schrumpeligen Schnäppchen aus dem Gartencenter!

Treue Frühjahrsboten

Größere Horste können im Frühjahr geteilt werden. Die Briten sagen, dass Schneeglöckchen am besten „in the green“ verpflanzt werden, also während oder kurz nach der Blüte. Ausgegrabene Zwiebeln oder Horste von Schneeglöckchen werden möglichst behutsam aufgenommen, ohne die daran anhaftende Erde abzuschütteln. Anschließend sollten sie genauso tief, wie sie zuvor gestanden haben, an ihrem neuen Standort eingesetzt werden. Am schönsten sehen Schneeglöckchen übrigens in Gruppen aus. Pflanzen Sie daher großzügig, dann haben Sie mehr Freude an den kleinen Früh­jahrs­boten! Falls Sie die Zwiebeln im Rasen gepflanzt haben (was übrigens sehr schön aussieht), sollten Sie mit dem Mähen im Frühjahr warten, bis die Blätter der Schneeglöckchen welken. Dann können die Pflanzen Kraft sammeln und auch im nächsten Frühjahr mit ihren kleinen Blütenglöckchen Freude schenken!

Fotos: Frank von Berger