Begrüßenswert. Trotzdem beklagenswert? – Mathias Hecht über neue Abschreibungsmöglichkeiten eines Wachstumschancengesetzes Finanzwelt | 28.11.2023 | Mathias Hecht

Mathias Hecht Mathias Hecht, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Gesellschafter bei der Hecht, Budai & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg

Mit dem Wachstumschancen­gesetz möchte die Bundes­regierung die Wettbewerbs­fähigkeit des Standorts Deutschland stärken. Hierzu hat sie im August den Regierungsentwurf des Gesetzes beschlossen. Zu diesem Entwurf hat sich der Bundesrat am 20. Oktober geäußert. Nun ist eine zeitnahe Umsetzung des Gesetzes zu erwarten. Ob sie verfassungsgemäß ist, bleibt aber noch offen.

Auf jährlich mehr als sieben Milliarden Euro bis 2028 bezifferten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) das Entlastungsvolumen für Unternehmen und Private. Im Entwurf steht etwa, dass die Betragsgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter für Anschaffungen nach dem 31. Dezember 2023 von 800 auf 1000 Euro angehoben werden soll. Oder dass für bestimmte Sammel-Wirtschaftsgüter die Abschreibung von fünf auf drei Jahre verkürzt werden soll. Oder auch, dass zur Förderung von Betrieben, die vor neuen Investitionen weniger als 200.000 Euro Gewinn haben, die Sonderabschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter von 20 auf 50 Prozent erhöht werden sollen.

Die Ampel-Koalition hat aber auch die Krise auf dem Wohnungsmarkt nicht vergessen. So soll auch für Wohngebäude eine degressive Afa ermöglicht werden – wenn auch zeitlich befristet. Die degressive Afa bei Wohngebäuden beträgt dann jährlich für sechs Jahre jeweils sechs Prozent vom jeweiligen Buchwert (Restwert). Beim Neubau ist vorausgesetzt, dass mit dem Bau nach dem 1. Oktober 2023 angefangen wird und es vor dem 1. Oktober 2029 bezugsfertig sein muss. Das gilt auch beim Erwerb einer gebrauchten Wohnimmobilie, wenn sie nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 gekauft wird.

„Die degressive AfA für den Wohnungsbau hat das Potential, die Bau- und Immobilienbranche deutlich zu stärken“, erklärte Bundesbauministerin Klara Geywitz. Mit der deutlich schnelleren Abschreibung seien wiederum schnellere Investitionen in neuen Wohnraum möglich. Die Einführung einer degressiven Gebäude-Afa ist aus unserer Sicht zu begrüßen, um Investitionen – insbesondere private – in Wohngebäude zu fördern und somit zumindest einen kleinen Beitrag zu Schaffung oder auch Erhaltung von Mietwohnungen zu leisten.

Es erschließt sich jedoch nicht, warum nur Investments seit dem 1. Oktober 2023 gefördert werden sollen und nicht jegliche Investitionen seit Jahresanfang, wie dies bei anderen Themen der Fall ist. Dies stellt eine erhebliche Ungleichbehandlung von Investitionen in ein und demselben Veranlagungszeitraum dar. Ob diese Regelung daher verfassungsgemäß ist, also neben begrüßenswert auch beklagenswert ist, bleibt abzuwarten.

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