Mit Strategie in stimmungs­getriebene Märkte – Analyst Werner Krieger über Investments in erneuerbare Energien Finanzwelt | 26.11.2023 | Werner Krieger

Werner Krieger Werner Krieger (60): Finanzmarkt­analyst, Gründer und Geschäftsführer der GFA Vermögensverwaltung GmbH

Politisch ist der Aufbau der erneuerbaren Energie gewollt vor allem die USA, Europa und China nehmen dafür viel Geld in die Hand. Am bekanntesten dürfte der amerikanische „Inflation Reduction Act“ sein, der ein Volumen von 369 Milliarden US-Dollar hat.

Mit ihm ist aber vor allem ein jahrelang laufendes Steuersubventionsprogramm für saubere Elektrizitätsinvestments und Elektrizitätsproduktion verbunden: der „Clean Electricity Investment and Production Tax Credit“. Dauern wird das Programm voraussichtlich bis 2040 und ungefähr 2,7 Billionen US-Dollar verschlingen.

Investiert werden diese Gelder entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Angefangen vom möglichst CO2-freien Abbau der Rohstoffe in Ländern, die sich dabei möglichst ethischen Grundsätzen unterwerfen. Es folgen Investitionen in geeignete Explorationsunternehmen, in unter marktwirtschaftlich günstigen Bedingungen produzierende Firmen von Solar- und Windkraftanlagen sowie in die E-Mobilität. Klar im Vorteil sind die USA und China. Vor allem die USA können die gesamte Wertschöpfungskette von der Wiege bis zur Bahre ideal und kostengünstig abdecken – kein Wunder also, dass das Land bei diesem Thema sehr geschickt weltweit Druck macht und bei der Umsetzung regenerativer Energie in der Poleposition sitzt.

Ein Indikator dafür sind Produkte und Indizes, die den Bereich der wichtigsten Erzeuger „sauberer“ Energie abbilden. Der Global-Clean-Energy-Aktienindex etwa besteht zu 43 Prozent aus US-Firmen. Chinesische sind immerhin mit 13 Prozent ­gewichtet, Deutschland aber gerade mal mit 2,3. Deutsche Firmen spielen international kaum eine Rolle, wenn es darum geht, an der zukunftsträchtigen Energiewende zu profitieren.

Der genannte Index und der darauf aufgelegte Fonds sind interessant, weil man damit in die weltweit wichtigsten Energiewendefirmen investiert. Doch Vorsicht: Bei einem solchen neuen Markt sind die Wertschwankungen enorm. So brach etwa der Global Clean Energy ETF, der 2008 aufgelegt wurde, bis 2012 zunächst um 85 Prozent ein. Bis 2020 berappelte er sich mühsam, um 2020 und 2021 richtig Fahrt aufzunehmen. Kein Wunder also, dass dieser ETF zunächst das meiste Geld angezogen hat und 2021 das Spezial-ETF mit dem größten Anlagevolumen war. Doch die Kurse der in diesem Fonds abgebildeten Firmen brachen zwischen 2021 und Mitte Oktober 2023 wieder um über die Hälfte ein. Gerade in solche stimmungsgetriebenen Märkte sollte man deshalb strategisch investieren.

Generell wird es bei den Regenerativen immer wieder Störfeuer geben, weil noch viele Fragen offen sind. Wie kann regenerative Energie günstig gespeichert und transportiert werden? Vor allem bei der Speichertechnologie werden sich Firmen hervortun können. Zugunsten einer akzeptablen CO2-Bilanz sollten die benötigten enormen Mengen an Rohstoffen zudem möglichst CO2-frei gefördert und transportiert werden: Es nutzt wenig, Solaranlagen zu importieren, die in China mit hohen CO2-Emissionen produziert wurden.

17 Prozent der Weltbevölkerung leben in Industrieländern und verbrauchen laut Internationaler Energieagentur pro Kopf und Jahr 47.000 Kilowattstunden (kWh) Primärenergie. Die in Entwicklungsländern lebenden 83 Prozent verbrauchen bisher nur 17.000 kWh. Wenn diese 83 Prozent sich weiterentwickeln, wollen sie auch mehr konsumieren und zu Wohlstand kommen. CO2-freie Energie ist für diese Menschen kein Thema. Denn für 2,7 Milliarden Menschen bedeutet es bereits Fortschritt und eine Verbesserung ihrer Gesundheit, von Holz auf Öl und Gas umstellen zu können. Diese Verbräuche werden also auch weiter zunehmen. Nicht abschreiben sollte man daher auch die bekannten Energieunternehmen. Denn die werden gut kapitalisiert sich neu erfinden können, aber auch bei den Regenerativen mitmischen.

Führende Wissenschaftler wie der Umweltökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger William Nordhaus oder der Physiknobelpreisträger Thomas Schelling sind sich einig, dass man Klimawandelkosten und Klimaschutzkosten gegen­einander abwägen müsse. Nordhaus fügt bezüglich der Umsetzung der regenerativen Energie hinzu: „Ohne die Abwägung unter ökonomischen Gesichtspunkten droht sonst die Gefahr von Armut.“

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