Was ändert das Großprojekt Dietenbach für den Mundenhof? Die Chefinnen im Interview Gesellschaft | 13.01.2025 | Joscha Sieberth

Dietenbach wird gebaut und viele neue Besucher·innen anlocken. Bleiben Affen und Co. trotzdem cool?

Rund 15.000 Menschen sollen bald im Stadtteil Dietenbach wohnen. Er reicht fast bis zum Haupteingang des Mundenhofs. Was ändert das für den Freiburger Tierpark? Das fragt chilli-Autor Joscha Sieberth die Leiterinnen des beliebten Ausflugsziels. Birte Boxler und Susanne Eckert bereiten sich auf einen neuen Ansturm vor. Wollen aber an vielem festhalten.

Sind gespannt, wie es für den Mundenhof weitergeht: Susanne Eckert und Birte Boxler

chilli: Welchen Einfluss wird der neue Stadtteil voraussichtlich auf die Besucherzahlenden und die Entwicklung des Mundenhofs haben?

Boxler: Wir denken: einen sehr großen. Aktuell besucht pro Jahr eine halbe Million Menschen den Mundenhof – Tendenz steigend. Ein Gutachten prophezeit uns, dass wir durch Dietenbach mit 150.000 zusätzlichen Besucherinnen und Besuchern rechnen müssen. Auf diese Zahl wollen wir uns gut vorbereiten. Darum haben wir mehr Flächen für Besucher geschaffen und mehr Spielstationen gebaut, behalten aber auch besonders beliebte Orte wie die Exotische Mitte im Blick. Zugleich versuchen wir, alle Aufgaben des Betriebshofes hinter dem Aquarium zu konzentrieren; so können wir sie von den Besucherströmen trennen.

chilli: Wie wird sich der neue Stadtteil auf das KonTiKi auswirken?

Eckert: Klar – von Effekten gehen wir aus. Dafür bauen wir unser pädagogisches Angebot gerade aus. Das ist aber eine große Aufgabe, denn unser natur- und umweltpädagogisches Angebot KonTiKi ist schon jetzt unheimlich beliebt. Angebote für Schulklassen sind Monate im Voraus ausgebucht. Diese Nachfrage wird sicherlich weiter steigen. Bei den Ferienfreizeiten können wir seit Jahren nicht mehr alle Wünsche berücksichtigen, dazu fehlt es einfach an Personal und Räumen, besonders bei schlechtem Wetter. Unter anderem deshalb bauen wir ja jetzt die Zukunftsschmiede. Die hohe Nachfrage sehen wir als Herausforderung, aber auch als Chance. Zum Beispiel um das Angebot im KonTiKi inhaltlich zu erweitern. Bisher geht es da vor allem um Haus- und Nutztiere. Jetzt greifen wir auch Themen wie Ernährung, ökologischer Anbau, Kreislaufwirtschaft oder Artenvielfalt auf. Für einen Jahrhunderte alten landwirtschaftlichen Betrieb wie den Mundenhof sind das ja ureigene Themen. Das Ganze verpacken wir in praxisnahe, anschauliche Formate für Schulklassen und andere Gruppen.

chilli: Können durch die hohe Anzahl an Anwohner·innen in der Nähe des Mundenhofgeländes Sicherheitsrisiken entstehen, die möglicherweise feste Öffnungs- und Schließzeiten zur Folge haben?

Boxler: Das ist eine spannende Frage. Bisher gibt es kaum Gründe, unser offenes Konzept zu hinterfragen. Wir möchten den Mundenhof weiterhin 24 Stunden am Tag zugänglich halten. Auch beim Bau des Stadtteils Rieselfeld waren Sorgen da. Aber Fälle von Vandalismus oder einer Gefährdung unserer Tiere sind bisher die große Ausnahme. Wir hoffen, dass die neuen Stadtteilbewohner einen offenen Mundenhof und ein friedliches Miteinander genauso schätzen wie wir. Aber ja, falls sich im Laufe der Zeit Sicherheitsrisiken abzeichnen, müssen wir über ein Sicherheitskonzept nachdenken: einen Zaun, einen Wachdienst, Öffnungs- und Schließzeiten. Dazu würden wir uns Fachleute mit ins Boot holen. Momentan gehen wir aber weiterhin von einem immer zugänglichen Tier-Natur-Erlebnispark aus. Wer in der Nähe wohnt, profitiert besonders vom ganzjährigen Zugang. Das Tiergehege wird sicher ein Stück weit auch die Funktion eines Stadtteilparks übernehmen. Viele Dietenbach-Bewohner werden frühmorgens kommen oder abends noch mit dem Hund durch den Tierpark gehen.

chilli: Wird der neue Stadtteil Auswirkungen auf das kostenfreie Grundprinzip des Mundenhofs haben?

Eckert: Wir wollen am kostenlosen Eintritt festhalten. Zum Konzept gehört, dass der Mundenhof allen Menschen offensteht. Wir fördern so auch die soziale Teilhabe – einer unserer Leitgedanken. Unser Kompromiss aus Parkticket und kostenlosem Eintritt kommt gut an. 

chilli: Können durch den neuen Stadtteil und die resultierenden Bauarbeiten Belastungen für die Tiere und den Betrieb auf dem Mundenhof entstehen?

Boxler: Stand heute gehen wir nicht davon aus. Klar, manche Häuser werden nah an unser Damwild-Gehege gebaut. Hier müssen wir im Blick behalten, wie sich das auf unsere Tiere auswirkt. Das Gleiche gilt für möglichen Baulärm. Wir sind aber kein klassischer Zoo. Der Mundenhof ist für seine weitläufigen Koppeln bekannt, unser Team in der Tierpflege ist sehr engagiert und kennt seine Tiere in- und auswendig. Wenn wir Stressanzeichen bei den Tieren sehen, machen wir uns über zusätzliche Schutzmaßnahmen Gedanken, zum Beispiel Ruhezeiten oder mehr Rückzugsorte. Abgesehen von den Tieren wirkt sich der Bau eines kompletten Stadtteils in direkter Nachbarschaft aber auch auf unseren Betrieb aus. In der Bauzeit wird vor allem unser Parkplatz betroffen sein. Dann werden wir unsere Parkraumbewirtschaftung überarbeiten.

chilli: Wie wird beim Bau des neuen Stadtteils Rücksicht auf den Mundenhof genommen?

Eckert: Der Mundenhof steht in gutem Kontakt mit der Projektgruppe Dietenbach (PGD). Wir haben alle ein großes Interesse daran, dass der neue Stadtteil dem Mundenhof viele Vorteile bringt. Durch den erwarteten Besucherzuwachs müssen wir das Tiergehege auch für die Öffentlichkeit umgestalten und mehr Raum für Menschen schaffen. Dieser Umbau kostet natürlich Zeit, Energie und vor allem Geld. Wir sind froh, dass uns die PGD bei unserer Weiterentwicklung stark unterstützt. Jede Umgestaltung im Zusammenhang mit dem erwarteten Besucherzuwachs sprechen wir mit der PGD ab. Wir verlegen zum Beispiel den Betriebshof, damit historische Gebäude frei werden. Uns freut sehr, dass die PGD das mitfinanziert.

chilli: Wird das neu gebaute Mundenhof-Parkhaus in das bisherige Preissystem des Parkplatzes eingegliedert? Werden unabhängige Preise für das Parkhaus festgelegt oder wird das gesamte Parksystem verändert?

Boxler: Wir sind selbst gespannt, wie die zukünftige Parkraumbewirtschaftung aussehen wird. Hier sind wir noch in Gesprächen mit allen Beteiligten. Beim Parkkonzept sind diverse Arbeitsgruppen und Berater involviert. Wir sind optimistisch, dass wir mit unseren stetig steigenden Besucherzahlen berücksichtigt werden und für alle eine gute Lösung gefunden wird.

Fotos: © Till Neumann & Stadt Freiburg

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