Gaudi auf Kufen: Hornschlittenrennen im Schwarzwald Land & Leute | 03.02.2023 | Christian Engel

Hornschlitten in fahrt 50 Kilo wiegt so ein Hornschlitten, der beim Rennen ordentlich Tempo draufkriegt. Da sind Geschicklichkeit und perfekte Abstimmung gefragt.

Hornschlittenrennen in Waldau im Schwarzwald sind eine Riesengaudi für Fahrer und Fans. Über den Sport und die Tradition dahinter hat sich REGIO-Autor Christian Engel mit Organisator und Vorjahressieger Daniel Ketterer unterhalten.

Lust auf REGIO: In Poesie-Alben, die in Schulklassen die Runden machen, gibt’s meist die Rubrik: Das will ich mal werden. Haben Sie dort früher schon „Hornschlittenfahrer“ eingetragen?

Daniel Ketterer: (lacht) „Handwerker“ habe ich da hingeschrieben – und das bin ich auch geworden, genauer gesagt Glaser. Aber in der Rubrik Hobbys habe ich sicherlich eher Dinge wie Tisch-
tennis oder Jungenturnen notiert, jedenfalls nicht Hornschlitten.

Lust auf REGIO: Wie kam’s dann dazu, dass Sie sich eines Tages auf einen Schlitten hockten – und auf diesem Hobby bis heute sitzengeblieben sind?

Daniel Ketterer: Ich bin ein Waldauer Bub, und hier hat Hornschlittenfahren Tradition. Ich kannte den Sport also schon von Kind an. Da war es nicht so verwunderlich, dass ich das auch mal ausprobieren wollte. Und weil’s mir gut gefallen hat, bin ich dabeigeblieben.

Lust auf REGIO: Was gefällt Ihnen daran denn so gut?

Daniel Ketterer:Die Geschwindigkeit! Je nachdem wie steil der Hang und wie vereist die Strecke ist, kann man schon mal 60, 70 Stundenkilometer draufkriegen. Da geht’s dann ziemlich ab. Zudem muss man als Fahrer auch die Kraft aufbringen, den gut 50 Kilo schweren Schlitten zu kontrollieren, ihn um Kurven zu lenken und am Ende im Ziel auch rechtzeitig abzubremsen. Dafür muss man trainieren und sich mit seinem Co-Piloten abstimmen, der vorne auf dem Schlitten liegt und durch seine Gewichtsverlagerungen mithilft, schnell und flüssig ins Tal zu kommen. 

Lust auf REGIO: Hornschlitten wurden einst nicht erfunden, um damit Wettrennen zu fahren …

Daniel Ketterer:Bis in die 1950er-Jahre hinein transportierten Holzarbeiter das frisch geschlagene Holz auf diesen Schlitten hinab ins Tal. Das war gar nicht mal so ungefährlich. Irgendwann aber leisteten sich immer mehr Forstbetriebe Zugmaschinen – und der Hornschlitten geriet in Vergessenheit. In den 70ern wurden die Hornschlitten als Sportgeräte wiederentdeckt. Im Schwarzwald gründeten sich zahlreiche Vereine, etwa in St. Märgen, in Neustadt oder bei uns in Waldau. Es wurden Rennen veranstaltet – es war eine Riesengaudi.

Lust auf REGIO: Die ist es auch heute noch, wie man bei Rennen bestaunen kann. Nur: Die Rennen werden halt immer weniger …

Daniel Ketterer: … und das hat verschiedene Gründe. Zum einen mangelt es unseren Wintern immer häufiger an Schnee. 1979 musste hier etwa ein Rennen noch abgesagt werden, weil es zu viel Schnee gab. Zum anderen ist die Begeisterung für den Sport nach dem anfänglichen Boom etwas eingebrochen, heißt: Überall haben die Vereine mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Das wirkt sich auf die Teilnehmerzahl bei Rennen aus: Früher gab es locker mal 100 Schlitten bei einem Wettkampf, heute freuen wir uns, wenn es 30 sind.

Lust auf REGIO: In Waldau sieht die Welt aber noch ein wenig anders aus: Die Hornschlittenabteilung boomt!

Daniel Ketterer: Na ja, „Boom“ ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber wir können uns nicht beklagen über fehlende Nachwuchsfahrer. Es gibt viele Jugendliche im Ort, die sich für den Sport begeistern, sich auf Schlitten hocken. Wir haben hier den großen Vorteil, dass sowieso viele Leute Mitglied im Skiverein sind und sich dann grad noch bei der Hornschlittenabteilung engagieren. Zudem verfügen wir über ein Schneemobil, womit wir die Schlitten im Training gemütlich den Berg hochziehen können. Und: Wir richten regelmäßig Wettkämpfe aus – das führt dazu, dass die Dorfjugend diesen Sport auch miterlebt.

Daniel Ketterer, 34, ist gebürtiger Neustädter, aber in Waldau aufgewachsen. Seit zehn Jahren leitet er die Hornschlittenabteilung des Ski-Club Waldau (www.sc-waldau.de). Im vergangenen Jahr gewann er die lokale Meisterschaft zum ersten Mal mit seinem Co-Piloten Gerson Wehrle.

Fotos: © Skiclub Waldau e.V., Christian Engel