Mysteriös gesunken: Im Seepark liegt seit 38 Jahren ein Wrack STADTGEPLAUDER | 15.10.2024 | Joscha Sieberth

Gesunken und nie geborgen: Das Wrack im Seepark - Taucher kennen es

Der Seepark ist einer der meist besuchten Orte in Freiburg. Kinder spielen auf den Wiesen, Menschen schwimmen im Wasser, manch Jugendlicher traut sich einen Salto von der Brücke. Kaum jemand weiß jedoch, dass der Flückigersee ein großes Geheimnis hütet: Auf dem Grund liegt ein 30 Meter langes Schiffswrack, welches auf bis heute ungeklärte Weise gesunken ist.

„Es gibt große Hechte“

Auf einer Fläche, welche früher für den Abbau von Sand und Kies genutzt wurde, erstrecken sich seit der Landesgartenschau 1986 auf 35 Hektar die Grünflächen des Seeparks, etwa zehn Hektar oder 15 Fußballfelder nimmt der See ein. Während die allermeisten Besucher:innen die Sicht oberhalb der Wasseroberfläche bevorzugen, gibt es einige, die auch einen Einblick in die Tiefe geben können.

Der Sporttaucher Matthias Heinrichs ist einer davon. Er ist Mitglied im Tauchclub am Flückigersee und war selbst schon um die 200-mal dort tauchen. Schildkröten und Schwäne seien nicht das Einzige, was im See zu finden ist: „Es gibt große Hechte, die durchaus einen Meter Länge haben“ sagt er. Auch Aale gebe es viele. Und selbstverständlich seien dort schon einige Fahrräder und Einkaufswägen versenkt worden.

„Die Sachen ölen rum“

Wirklich spannend wird es jedoch unter der Brücke, die über einen kleinen Teil des Sees führt. „Dort haben wir schon aufgebrochene Zigarettenautomaten und einen Tresor gefunden, der geknackt war“, sagt Heinrichs. Auch ein Postfahrrad und einen alten Rollator seien ihm schon begegnet. Einiges davon findet sich wohl bis heute im See. Doch Heinrichs schildert, dass ab und zu aufgeräumt würde, um „die Sachen die da unten rum ölen, Mofas zum Beispiel“, zu bergen.

Beliebtes Ziel: Taucher machen gerne eine Tour zu dem gesunkenen Kahn.

Das alles befindet sich in den flacheren Gewässern. „Ab vier, fünf Metern ist das nur noch schlammige Grütze“, sagt Heinrichs. Trotzdem zieht es immer wieder Sporttaucher in die Tiefe: „Mir hat jemand von den alten Tauchern im Tauchclub von einem Schiffswrack erzählt. Dann bin ich da hin getaucht und hab das Wrack gefunden.“ Ein Artefakt aus Stahl, mit einem containerartigen Stahlgerippe und einem Baum über dem Bug. „Es liegt zwischen 8 und 19 Metern Tiefe schräg auf einem Kieshang“, sagt Heinrichs. „Als Schwimmer kann man es nicht sehen. Ein geübter Schnorchler, könnte runtertauchen.“

„Unter den Nagel gerissen“

Ursprung sei die „lustige Geschichte“ des Schiffs. Geht man dieser Geschichte nach, landet man schnell bei der Landesgartenschau. Damals konnte man dort das Schiff noch auf dem Wasser bewundern. Der ehemalige Gartenamtsleiter Freiburgs, Bernhard Utz, kann mehr zu der bizarren Geschichte des Wracks erzählen. Er war in Personalunion seinerzeit auch Technischer Geschäftsführer der Gartenschau. Das Schiff sei unter dem Namen „Arche“ eines von fünf Kunstwerken gewesen.

„Die Arche wurde von Klaus Humpert entworfen, der für das Kunstkonzept der Gartenschau verantwortlich war. Er sah in ihr das Motiv der Hoffnung des Überlebens unserer Welt.“ Es sei eine ehemalige Kiesschute gewesen, die irgendwo im Ruhrgebiet zur Verschrottung freigegeben war. „Die haben wir uns unter den Nagel gerissen und dann auf dem Rhein bis nach Breisach transportiert.“

Die Linde hatte Glück

Das Kunstwerk bestand aus mehr als nur dem Dampfer. Auf alten Fotos kann man einen hohen Aufbau in einem rot-weiß-karierten Muster erkennen: „Dieses rot-weiße Schachbettmuster heißt immer: Achtung, Gefahr“, sagt Utz. Außerdem war eine Linde auf das Schiff gepflanzt worden. „Das Baumsterben war damals das erste Mal so richtig Thema. Und um die Bäume zu retten, wollte Humpert auf der Arche nicht nur die Tiere, sondern als Sinnbild auch diesen Baum.“ Er schätzt das Kunstwerk auf etwa 30 Meter Länge und 15 Meter Höhe.

Heinrichs erzählt, dass auch nach 38 Jahren die gesamte Rumpfstruktur unbeschädigt ist: „Der containerartige Aufbau ist aber bis auf das Gerippe weitestgehend weggerostet.“ Die Linde habe jedoch Glück gehabt, da sie auf der tieferen Seite des Wracks und damit in kälterem Gewässern liege. Dort könnten Bäume lange Zeit erhalten bleiben.

„In der Nacht gab es einen Sturm“

1: das Schiff bevor es sank.

Aber warum ist die Arche gesunken? Eine Frage, die niemand sicher beantworten kann. Utz kennt eine Version, nach der die Arche in einem Sturm gesunken ist. Ursprünglich seien an den Seiten des Schiffs Ausleger befestigt gewesen, welche mit Wasserdüsen stündlich einen Regenbogen über der Installation erzeugten. Ihre Hauptaufgabe sei jedoch die Stabilität des Schiffs gewesen, welches durch seinen hohen Aufbau windanfällig war.

Nachdem Besucher*innen die Ausleger jedoch als Schaukel missbrauchten, seien sie demontiert worden. „In der Nacht, als sie gesunken ist, gab es einen Sturm. Und es kann sein, dass der Sturm sie zum Kippen gebracht hat“, erzählt Utz. Ganz überzeugt sei er von dieser Erklärung jedoch auch nicht.

Natürlicher Tod? Unwahrscheinlich

Hat jemand ein Loch in die Außenwand gebohrt und das Schiff versenkt? Ein gebohrtes Loch konnte laut Utz nicht von Tauchern festgestellt werden, aber Heinrichs liefert eine ähnlichen Hinweis: „An dem tiefsten Punkt des Rumpfs wurde ein großes Ventil weggeschraubt. Das war mit sechs Schrauben und einer Flanschverbindung befestigt und ist einfach nicht mehr da. Man kann ungefähr eine Hand durchstecken.“ Er glaubt nicht, dass es erst nach dem Versinken abgeschraubt wurde.

Auch Bernd Dallmann kann sich an die Arche erinnern. Er war seinerzeit Direktor der Gartenschau. „Es gab im Vorfeld auch Gegenwind gegen das Kunstobjekt. Eines Tages war das Ding dann plötzlich weg.“ Eine natürliche „Todesursache“ sei unwahrscheinlich. „Das zählt bis heute zu den Geheimnissen in Freiburg.“

„Ein tolles Symbol“

Wer hat Interesse an einem gesunkenen Schiff im Flückigersee? „Ich vermute, es hat jemand versenkt. Ich könnte mir vorstellen, dass es sogar ein Taucher war. Als Attraktion“, so Heinrichs. Utz hält das für plausibel. Einen weiteren Anhaltspunkt findet man in einem YouTube-Video, das einen Tauchgang zur Arche dokumentiert. Dort sagt der Taucher Peter Bonkowski: „Die Vorgänge, die zum Untergang der Arche führten, werden wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Einigen wenigen Insidern jedoch, sind die Umstände bekannt. Und so kursieren noch heute in Taucherkreisen allerlei Halbwahrheiten.“

Obwohl die Umstände des Untergangs der Arche umstritten sind, ist man sich einig, dass das Schiffswrack den See bereichert. „Als Tauchziel für einen erfahrenen Sporttaucher ist die Arche beeindruckend“, sagt Heinrichs. Und auch Utz weiß: „Es soll ein tolles Taucherlebnis sein. Der Kreatör der Arche ist inzwischen leider verstorben, aber für mich ist es immer noch ein tolles Symbol.“

Fotos: © Matthias Heinrichs