Christian Müller über die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Gewerbeimmobilienmarkt Politik & Wirtschaft | 18.04.2021 | Lars Bargmann

CM Immobilien outside Das frisch ausgezeichnete Team mit Kapitän Christian Müller

Viele hätten Sorgen gehabt, erzählt Christian Müller, Inhaber des gleichnamigen Immobilienbüros, beim Redaktionsbesuch, dass die Krise den Gewerbeimmobilienmarkt mit voller Wucht treffen würde, dass die Preise in den Keller purzeln, Leerstände hingegen nach oben schnellen, dass umzugswillige Unternehmen ihre künftigen Firmensitze kleiner kreieren würden, weil Homeoffice dem festen Arbeitsplatz mehr und mehr den Rang ablaufen würde. Aber die Auswirkungen seien beim Büroflächenmarkt so gut wie gar nicht sichtbar. Anders sehe es indes beim Handel aus.

Müller hat gerade für die Freiburger Siemens-Niederlassung auf dem Güterbahnhof 2000 Quadratmeter vermittelt, an den Projektentwickler BPD. Auch für Siemens seien dabei Gemeinschaftsflächen für die Belegschaft wichtig gewesen, es brauche Platz für Begegnungen, Wohlfühloasen auf der Fläche.

Es sei vielleicht schon so, dass eine Firma mit 200 Mitarbeitern künftig nur noch 150 Arbeitsplätze einrichtet, weil ein Viertel der Belegschaft Homeoffice macht oder aus anderen Gründen nicht im Büro ist. Dadurch aber werde der Flächenbedarf nicht geringer: Recreation Areas, kleine Inseln in der Bürolandschaft würden das wieder ausgleichen. Den Trend zu immer mehr Open Space sieht Müller, seit gut 25 Jahren im Geschäft, an einem Hochpunkt. „Es muss, das ist vielleicht auf Corona zurückzuführen, auch wieder kleinere Einzel- oder Doppelbüros geben.“

Nach monatelangem Stillstand gibt es bei CMI seit einem halben Jahr wieder vermehrt Anfragen nach neuen Büroflächen, von 500 bis weit über 1500 Quadratmeter. Darunter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Anwaltskanzleien, aber auch Unternehmen aus dem Bildungsbereich.

Auf die Büroflächen habe Corona insgesamt kaum Auswirkungen, so Müller. Anders sehe es aber im Einzelhandel aus. Dort, so hört er sowohl von Vermietern als auch von Mietern, sinken die Preise um bis zu 20 Prozent. „Da gibt es Filialisten, die dem Vermieter sagen, sie würden den Mietvertrag durchaus verlängern, aber eben nur, wenn die Miete deutlich runtergeht. Sonst werde es unwirtschaftlich.“ Zudem seien das dritte und vierte Obergeschoss für die meisten Einzelhändler heute nicht mehr interessant: „Die Zeit ist vorbei.“ Und das gelte nicht nur für die Kajo. Müller ist überzeugt, dass die finalen Auswirkungen der Krise „erst noch kommen“, etwa wenn die Zahl der Insolvenzen nach oben geht.

Freiburg sei im Vergleich zu anderen Großstädten sehr lange sehr gut für die Vermieter von Handelsflächen gewesen, andernorts habe man mit viel mehr Leerständen zu tun gehabt, dort habe man aber deswegen auch schon früher neue Konzepte erarbeitet. Da sieht er in Freiburg noch erheblichen Bedarf.

Dem neu gestalteten Rotteckring etwa fehle „ganz klar die Aufenthaltsqualität, da fehlt ja nicht nur ein gastronomisches Angebot. Warum steht da kein Aperol-Wagen oder eine Kaffee-Ape?“ Es brauche für die Innenstadt „dingend mehr Flair“. Wenn es dann mal Plätze mit viel Flair gebe, Müller zählt den Freisitz vor der Trotte in der Fischerau dazu, dann sorgen Anwohnerproteste für Restriktionen. Gleiches trifft auch auf den Späti im Stühlinger zu, der nun schließen muss. 

Foto: © CMI