Tamtam um die Tram: Kriegt Freiburg eine neue Luftbrücke? Politik & Wirtschaft | 24.06.2020 | herz/bar

Visualisierung Gondel von Dietenbach zu Paduaallee

Das Freiburger Rathaus hat unter dem Slogan „Stadtbahn 2030“ vier neue Projekte aufgegleist – und der Gemeinderat ist in den Zug der Verwaltung eingestiegen: Verlängerungen von Littenweiler bis nach Kappel und aus dem Rieselfeld bis in den neuen Stadtteil Dietenbach, der Bahnhofsbypass und die Machbarkeit eines Anschlusses von der Haid nach St. Georgen stehen auf der Agenda. Grob geschätzte Kosten: 80 Millionen Euro.

Oberbürgermeister Martin Horn begründete: „Es wäre fatal, wenn wir jetzt nicht nach vorne schauen würden. Deshalb haben wir beschlossen, in ein mutiges Ausbauprogramm zu starten.“ Ganz so mutig finden das Freiburgs Bürgervereine nicht: Sie fordern einen Ringschluss der Dietenbach-Stadtbahn durch Lehen an die Paduaallee.

Da der Bund die Fördermittel für den ÖPNV fürs laufende Jahr auf 665 Millionen Euro verdoppelt, ab 2021 auf eine und ab 2025 auf zwei Milliarden Euro jährlich erhöht hat, rechnen Stadt und Freiburger Verkehrs AG (VAG) mit 95 Prozent Zuschüssen bei den förderfähigen Kosten. In den vergangenen  Jahren hatte die VAG schon kräftig (für die Bilanz sogar zu kräftig) ins aktuell 37 Kilometer lange Netz investiert. Derzeit werden Schienen zur Anbindung von Messe und Stadion verlegt – mit Jungfernfahrt womöglich Mitte Dezember – und bald auch durch die Waldkircher Straße. 600.000 Euro Planungsmittel für die nächste Offensive (ohne Dietenbach, wird dort direkt abgerechnet) hat der Gemeinderat Ende Mai genehmigt. Klimaschutz, Mobilitätswende und die wachsende Stadt – auf diesen drei Fundamenten soll gebaut werden, so Baubürgermeister Martin Haag.

Verlängerung an den Kappler Knoten: Geplanter Baustart ist 2024, Bauende 2026. Das Projekt logiert an der Tabellenspitze, weil es noch vor dem Bau des Stadttunnels fertig sein soll.

Bahnhofsbypass: Die Verbindung zwischen Fahnenbergplatz und Breisacher Straße würde die immer leicht am Kollaps agierende Stadtbahnbrücke massiv entlasten. 2021 soll eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden, mögliche Bauzeit 2027 bis 2029.

Verlängerung St. Georgen: Für den bevölkerungsreichsten Stadtteil ohne Tram soll eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden. Diese wäre in den Kosten inbegriffen, der Bau nicht.

Verlängerung Dietenbach: Bauzeit: 2025 bis 2027. Beim neuen Stadtteil gehört die Tram zum „nachhaltigen Mobilitätskonzept“. Erst sollte es eine Wendeschleife geben, nun einen „Kopfbahnhof“. Der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Bürgervereine (AFB) ist das zu wenig. Sie fordert einen Brückenschlag über B31 und Dreisam nach Lehen und weiter bis an die Haltestelle Paduaallee. Die Fraktionen von Grünen, Eine Stadt für Alle, SPD/Kulturliste, CDU, JUPI, FDP/Bff und Freiburg Lebenswert griffen den Vorschlag auf und verwandelten ihn in einen Prüfauftrag ans Rathaus. Die Vorhaltetrasse findet sich in den Plänen von Dietenbach-Projektleiter Rüdiger Engel wieder.

Ob es wirklich so kommt, ist sehr fraglich. Kosten (bis zu 35 Millionen Euro) und Nutzen stünden in keinem guten Verhältnis, so Haag. Der Netzausbau nach Gundelfingen, Merzhausen oder St. Georgen sei wirkungsvoller. FDP-Stadtrat Sascha Fiek brachte eine Seilbahnvariante ins Spiel. Kein Lückenschluss, sondern eine Luftbrücke vom Dietenbach an die Paduaallee. Dafür gibt es indes sicher keine 95 Prozent von Bund und Land.

Visualisierung: © Stadt Freiburg/Dietenbach;  Foto:  © 2020 Maxar Technologies;  Grafik: freepik; Illustration: Miriam Hinze