Jedi ohne Schwert, Freiburgs neuer Parkour-Park – zwei Cracks finden dort Freiheit Sport | 06.10.2021 | Till Neumann

Daniel Armbrüster und Ruben Schubert Sicher gelandet: Daniel Armbrüster (links) und Ruben Schubert

Seit einem Jahr hat Freiburg einen Parkour-Park. Mitkonzipiert haben ihn zwei Freiburger, die dem Trendsport verfallen sind: Daniel Armbrüster (31) und Ruben Schubert (26). Beim Treffen am Redstone-Park erzählen sie von Freiheit, Jackie Chan und warum sie mehr Platz benötigen.  

Halsbrecherische Moves in der Stadt oder im Parkour-Park am Dietenbachsee. Für die zwei durchtrainierten Männer ist das Alltag. Ruben Schubert und Daniel „Dani“ Armbrüster springen über Mauern, machen Salti, fangen sich federweich ab. Schubert demonstriert das am größten Hindernis: Wie ein Raubvogel fliegt er von der rund drei Meter hohen Mauer – und landet routiniert.

Im Juli 2020 hat das Rathaus die Anlage eröffnet. Kostenpunkt: 82.000 Euro. Seitdem ist regelmäßig Hochbetrieb. Die Kleinen klettern über Hindernisse, die Großen machen Klimmzüge oder feilen an Parkour-Techniken. Oft dabei: Schubert und Armbrüster. Als „Dani-Moves“ geben sie Parkours-Kurse für Jung und Alt. 60 Teilnehmer*innen von 7 bis 49 Jahren sind in fünf Kursen am Start. 

„Es geht darum, Freiheit zu finden – in seinem eigenen Körper“, sagt Armbrüster. „Parkour ist die instinktive Fähigkeit, sich geschmeidig und effizient zu bewegen“, ergänzt Schubert: „Die Bewegungen müssen fließen wie Wasser.“ Beide sind dem Sport in jungen Jahren verfallen – inspiriert durch Jackie Chan und Star-Wars-Filme. „Ich wollte Salti lernen, nicht als Turner, sondern wie ein Jedi“, erzählt Armbrüster.

Schubert ist schon als Kind überall runtergesprungen. Er ist Sport- und Yogalehrer, Masseur, war früher im Zirkus und arbeitet als Stuntman. Armbrüster ist IT-Administrator und erfahrener Coach. Beide leiten seit rund zehn Jahren das Urban-Sports-Training im Haus der Jugend.

Ruben Schubert während dem Parkour

In der Regel finden Parkour-Runner ihre Hindernisse in der Stadt. Einen Park zu haben, sei dennoch gut fürs Netzwerk und Training, erklären sie. Glatte Kanten, glatter Boden, viele Möglichkeiten auf wenig Raum. Rund 30 Leute zähle die Freiburger Community, schätzen die beiden. Früher habe es in Freiburg die Saro-Family gegeben – eine WhatsApp-Gruppe der Parkour-Pioniere. Heute sei das für die meisten Fun. 

Armbrüster und Schubert wollen daraus ihren Beruf machen. Ihr Ziel: Jungen Menschen das Feuer und die Technik vermitteln. Die Anlage sei überfällig gewesen. „Alle hatten ihren Park: die Skater, die Biker, die Disc-Golfer“, sagt Schubert. Niklas Fimm vom Haus der Jugend habe sich großartig dafür eingesetzt. Doch Freiburg sei auch jetzt noch „richtig hinterher“. In Karlsruhe gebe es eine große Parkour-Halle, in München gleich fünf Parks. Der Redstone-Park platze aus allen Nähten. Sie wünschen sich daher eine Vergrößerung. Außerdem hoffen sie auf einen zweiten Parkour-Park aus Holz.

Kritisch sehen sie den Kiesboden um den Park herum. „Das war eine miese Idee“, betont Armbrüster. Kids würden die Steine auf die Anlage bringen. Die Verletzungsgefahr steige. Gefährlich sei der Sport dennoch nur bedingt. Nur „Kamikaze-Draufgänger“ seien dauernd verletzt. „Wir bringen den Kids bei, ihre Grenzen zu kennen und sich zu vertrauen“, erklärt Armbrüster. Das Körpergefühl sei entscheidend. Lieber zehn kleine Sprünge als ein zu großer.

Dennoch sei Parkour Extremsport mit dem Ziel, Grenzen zu überwinden. „In Deutschland explodiert das gerade“, sagt Schubert. Übers Netz sehe man Videos und setze sich Challenges. Ihre Idole heißen Pascha the Boss oder „Parkourgott“ Dylan Baker. Stylische Tricks waren früher verpönt, heute aber normal. Die Disziplinen Freerunning, Tricking und Parkour verschmelzen.

Einer der Parkour-Erfinder ist der Franzose Raymond Belle. Er brachte sich die Technik als Soldat für den Vietnamkrieg bei. Sein Sohn David Belle prägte die Bewegung in Paris. Das Kämpferische sehen Schubert und Armbrüster noch immer: Wenn sie im Flow sind, fliegen sie wie Ninjas durch die Gegend. Aber nicht, um andere zu besiegen, denn Parkour kennt keine Wettkämpfe. Puristen sagen daher: Parkour ist kein Sport, sondern kreative Kunst.

 

Info: Parkour

Wurzeln im Vietnam-Krieg – von James Bond gejagt
Anfang des 20. Jahrhunderts hat der Franzose George Hébert ein militärisches Training entwickelt, das im Einklang mit der Natur sein sollte. Seine „méthode naturelle“ gilt als Grundlage der heutigen Kletterakrobatik Parkour. Sein Landsmann Raymond Belle brachte sie sich in den 50er-Jahren für den Vietnam-Krieg bei, um vor Angreifern zu fliehen. Die Technik trainierte er auch in den Wäldern Nordfrankreichs. Dort zeigte er sie seinem Sohn David Belle. 

David machte schließlich daraus im Großraum Paris das Parkour, das heute Trendsport geworden ist. Einer seiner Freunde war Sebastien Foucan. Foucan ist im James-Bond-Film „Casino Royale“ zu sehen. Dort liefert er sich mit Daniel Craig eine atemberaubende Verfolgungsjagd. 

Die erste Parkour-Gruppe hieß Yamakasi, sie machte den Sport 2001 mit dem Film „Yamakasi“ über Frankreich hinaus bekannt, das Drehbuch schrieb der bekannte Filmemacher Luc Besson.

Fotos: © Till Neumann