Konsequent trotz Kritik: Wie eine Bodybuilderin mit Klischees aufräumt Sport | 30.06.2022 | Maja Bruder

Juliane Brauns stemmt Gewicht

Jeden Tag das Gleiche essen. Training bis zum Abwinken. Die Teilnahme an Bodybuilding-Wettkämpfen erfordert Disziplin und eisernen Willen. Den legt Juliane Brauns an den Tag. Die Zahnarzthelferin geht regelmäßig trainieren, ein Coach unterstützt sie bei Essensplänen.

2019 hat die Bodybuilderin sich das erste Mal einen Wettkampf angesehen und Feuer gefangen. Die Herausforderungen, selbst da mitzumischen, sind groß: Während der Corona-Pandemie hat sie fast ein Jahr lang Diät gehalten und sich intensiv auf ihren ersten Wettkampf vorbereitet. Dabei hilft ihr ein Trainer, den sie gar nicht so oft braucht. „Mein Coach kümmert sich hauptsächlich um die Ernährung und schaut beim Training zu“, sagt die Sportlerin. Präsentieren könne sie sich gut selbst.

Die wichtigste Aufgabe des Trainers sei, auf ihren Körper zu achten. „Man verliert vollkommen den Blick auf sich selbst“, sagt Brauns. Es fehle das Auge für das eigene Aussehen. Auch wann sie bereit für einen Wettkampf ist, sei schwer einzuschätzen.

Erfolgreich ist sie trotzdem: Bei ihrem ersten Wettkampf hat die 32-Jährige im Bereich „Newcomer“ den ersten Platz belegt. Bei der Süddeutschen Meisterschaft den zweiten. Das erhöht allerdings auch den Druck für die nächste Saison. Eigentlich wollte sie den Sport nie professionell machen, aber „jetzt habe ich halt Blut geleckt“, sagt Brauns.

Juliane Brauns am Trainieren mit Hanteln

Trainiert für Wettkämpfe: Juliane Brauns

Das Schwierigste am Wettkampfleben ist die Ernährung. „Normalerweise macht man 16 Wochen Diätvorbereitung vor einem Wettkampf und am Tag danach wird man einfach nicht voll“, erzählt sie. „Der Bauch hat das aufgesaugt wie ein Schwamm.“ Danach müsse sie ihren Körper wieder langsam an mehr Essen gewöhnen und „ausdiäten“. Dann komme der schwierigste Part: der Aufbau. Das bedeutet essen bis zum Abwinken. Schwer fällt ihr das auch wegen gesellschaftlicher Konventionen: „Als Frau hat man damit zu kämpfen, in den Kopf reinzukriegen: man muss viel essen.“

Brauns trainiert vier bis sechs Mal die Woche. Je nach Einheit verbringt sie bis zu zwei Stunden im Studio. Das schafft sie zusätzlich zum Job und ihrem sechsjährigen Sohn. Ein disziplinierter Lebensstil, für den sie auch Kritik einsteckt: „Wenn ich mal krank bin, kriege ich hinten rum Kommentare wie: ‚Ist ja kein Wunder, so wie die isst.‘“ Davon lässt sich die Sportlerin aber nicht beirren: „Was ist daran ungesund, sich bewusst zu ernähren?“ Ihr Kind lebt den gesunden Lifestyle ebenfalls. Der Sohn trinke auch Shakes, „der isst aber wie jedes andere Kind. Der bekommt auch seine Fischstäbchen mit Kartoffelbrei“, sagt Brauns.

Außerdem steht wenig Schokolade im Ernährungsplan: „Klar, wie jedes andere Kind will er Süßigkeiten. Aber das hab ich davor schon kontrolliert, ich bin schließlich Zahnarzthelferin.“ Ansonsten beeinflusst sie der Lifestyle nicht wirklich: „Ich trinke halt keinen Alkohol, aber ich hab auch schon davor keinen getrunken.“

Bei der Ernährung hören die Vorurteile nicht auf: „Ich kenn viele, die sagen, ich sei schon zu viel, im Sinne von zu stark, trainiert“, erzählt Brauns. „Ich glaube, das sagen viele, die selber zu dünn sind und vielleicht Angst haben, dass sie daneben schmaler aussehen.“ Ein Bekannter von ihr ist selbst Powerlifter. Für den sieht sie normal aus, aber seine Freunde, die keinen Sport machen, meinen, sie sei zu trainiert. Der nervigste Kommentar sei dann, sie sehe zu männlich aus.

Juliane Braun am Trainieren

Die Sorge hält Frauen immer wieder davon ab, mit dem Kraftsport anzufangen. Brauns’ Tipp: „Du kriegst keine dicken Arme vom Oberkörpertraining, deine Arme werden einfach nur straffer.“ Um die Figur einer Bodybuilderin zu bekommen, müsse man in strenge Masse- und Diätphasen gehen. Vom normalen Trainieren bekommt man – im Gegensatz zu den geläufigen Vorurteilen – lediglich eine sportliche Figur.

Trotz der vielen Kritik – die Freiburgerin möchte den Sport ewig machen: „Würde ich mit dem Bodybuilding und den Wettkämpfen aufhören? Ja. Aber ich würde niemals wieder aufhören, zumindest ein paar Mal die Woche ins Training zu gehen.“ Sie sei zufriedener als vor drei Jahren, da werden einfach Glückshormone ausgeschüttet.

Einsteiger*innen rät sie, sich Hilfe zu holen. „Die Überwindung an sich ist schon super. Ich kann von 90 Prozent der Gymgänger sagen, dass die es respektieren und sich freuen, wenn jemand sich traut, etwas Neues anzufangen.“ Brauns selbst erzählt, dass sie nach der Schwangerschaft auch neu starten musste. „Man macht es ja nicht für die anderen, sondern für sich selbst.“

Instagram: juliane__browns

Fotos: © Frederik Weisbrod