Das »bierernste« chilli-Horoskop: die Museums-Edition Szene | 09.09.2018 | Philip Thomas

Kunst und Kultur kann man nicht hoch genug einschätzen, findet Hobby-Astronaut Philip Thomas. Er ist erwiesenermaßen keiner, der von Museum zu Museum pilgert, hat aber ganz sicher den Plan, was die Sternzeichen in den kommenden Wochen an Überraschungen parat halten. Sein Credo: Kunstgeschichte zu studieren, lohnt sich immer.

Für dich besteht die Antike bloß aus verstaubten Knochen, langen Bärten und Geröll. Nur weil ein Volk alt ist, ist es doch nicht gleich interessant? Die Milch in deinem Kühlschrank steht zum Beispiel schon so lange, die Kulturen darin haben mittlerweile das Feuer entdeckt und die Dampfmaschine erfunden. Und die will doch auch niemand sehen.

Mit geschultem Auge gehst du durch die Galerie: Rembrandt, impressionistischer Monet, und dahinten beginnt die Postmoderne. Nur bei der hübschen Kartenverkäuferin im Foyer kommt eine uralte Frage der Kunst wieder auf: Lächelt sie dich an oder nicht? Dann die Erleuchtung: Sie tut es. 21 Semester Kunstgeschichte zahlen sich eben doch aus.

Moderne Kunst ist der Wahnsinn. Und von deinem Besuch im Museum hast du viel mitgenommen. Schlüsselanhänger, Postkarten, Plüschtier und bedruckte Tassen zum Beispiel. Schließlich sollen dich die Leute auch direkt als echten Kunstkenner ausmachen. Netter Nebeneffekt: Mit all dem Krempel siehst du selber aus wie ein modernes Kunstwerk.

Dieses Museum hat es dir wirklich angetan. Höhepunkt der Ausstellung: Das Naturbild in der Ecke mit dem schlichten Rahmen. So realistisch, so lebhaft, du kannst fast schon die Vögel in dem Werk zwitschern hören. Und die Wolken sind so fluffig, als würden sie sich tatsächlich leicht im Wind wiegen. Dann bemerkst du: Das ist ein Fenster.

Hier hängen die alten Meister an der Wand: van Gogh, Picasso und Dürer. Das Beste ist aber: Die Wärter haben dir dein Mittagessen nicht abgenommen: Brot mit viel Salami, Käse, Salat, Mayo und natürlich Ketchup. Doof nur, dass es in diesem Schuppen keine Serviette gibt. Was soll’s. Ein bisschen Fingerfarbe hat noch keinem Gemälde geschadet.

Du kannst die ganzen Nörgeleien im Heimatmuseum nicht nachvollziehen. An jeder holzgedrechselten Ecke ist die Rede von leidenden Bauern in ihren Stuben, die neben ihrer nackten Haut nur ihre handgemachten Möbel zum Überleben hatten. So ein Blödsinn. Man sehe sich nur mal diese ganzen Antiquitäten an. Die waren bestimmt nicht billig.

Diese Künstlerverehrung kannst du nicht verstehen. Eine Diät aus Kaffee, Rotwein und Zigaretten, totale Vereinsamung abseits aller Freunde, und seit der dritten Klasse ist dieser Maler auch nicht mehr vor 10 Uhr aufgestanden. Das trifft übrigens auch auf dich zu. Und deine Rechnungen und Mahnungen rahmt doch auch niemand und hängt sie an die Wand.

Lange hältst du dich in der Ausstellung über Surrealismus nicht mehr auf den Beinen. Wie gut, dass du in dem Flügel über Salvador Dalí noch eine freie Sitzgelegenheit ergattert hast. Und wie gut, dass du die „Bank“ für dich ganz alleine hast? Und wie praktisch, dass sie dir auch die Uhrzeit anzeigt. Huch! Sie zeigt: Es ist Zeit, zu gehen.

Nicht jedes Kunstwerk hängt auch in einem Museum. Man muss sich in Freiburg nur richtig umsehen. Dein Kleiderschrank: Museum für Mode vergangener Jahrzehnte. Die Freiburger Universitätsbibliothek: Glanz und Elend. Die Kronenbrücke: Baugeschichte. Dein Spaziergang vorbei an den Shisha-Bars der Eschholzstraße: Der Wanderer über dem Nebelmeer.

Du bist kein Kulturmensch. Gerade deswegen war der gekritzelte Last-Minute-Gutschein für einen Museumsbesuch für deinen Schwarm vielleicht nicht die beste Idee. Und langsam bekommst du das Gefühl, dass dein Partner das das auch so sieht. Entweder das, oder der Gang in die Ausstellung über Einsamkeit und Singledasein ist rein zufällig.

In der Ausstellung über Kommunikation verstehst du kein Wort. Ist es wirklich nötig, jeden Pinselstrich minutenlang zu besprechen und jede Sprechblase auf der Leinwand zu interpretieren? Jetzt bloß nicht negativ auffallen. Bleib einfach im Thema und mach Laute wie du sie bei einem Telefonat machen würdest: Mhh. Jaa. Ahh.

Du hättest nicht gedacht, dass der Mensch vom Affen abstammt. Um die Evolution zu veranschaulichen, sind sogar alle Primaten bis zum Homo sapiens der Reihe nach aufgestellt. Der „Missing Link“, das fehlende Bindeglied zu unseren Vorfahren, kommt dir bekannt vor… Dann merkst du: Die Vitrine ist leer und der Gorilla darin ist dein Spiegelbild.

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