»Immer Plan B und C in der Tasche« – Seit fast 30 Jahren entführt Zauberer Willi Auerbach in andere Welten Szene | 14.10.2025 | Philip Thomas

Zauberer Willi Auerbach

Fliegende Tische, rotierende Würfel. Zauberer und Illusionist Willi Auerbach verschmilzt stundenlanges Training mit ausgefallenem Handwerk. Damit die Tricks auf der Bühne gelingen, tüftelt der gelernte Industriemechaniker stundenlang in seiner Waldkircher Werkstatt. chilli-­Redakteur Philip Thomas hat den „Magic Man“ besucht.

Auf dem Holztisch türmen sich Kabel und Platinen. Daneben liegen Lötkolben, Lupe und Teile aus einem 3D-Drucker. In den Regalen der knapp 70 Quadratmeter großen Waldkircher Werkstatt reihen sich Lackdosen, Kisten an unzählige Schrauben und Metallteile. Die meterlange Werkbank ist bestückt mit Bohr- und Schleifmaschinen. Davor steht eine Kreissäge. Zersägt wurde damit allerdings noch niemand. Dabei hätte der Werkstattinhaber wohl das Zeug dazu: Willi Auerbach ist seit fast 30 Jahren Magier und Illusionist.

Im Alter von 16 Jahren verzauberten ihn vergleichsweise simple Tricks in einem Magic Store im US-amerikanischen Florida. „Da ist der Funke übergesprungen. Das hat mich dort so geflasht, dass ich mir gesagt habe, das will ich auch können“, erinnert sich Auerbach, der deswegen gleich einige Tricks auf VHS-Kassette mitnahm. „Als meine Familie in Deutschland das nicht mehr sehen konnte, musste ich für andere zaubern“, scherzt der heute 45-Jährige.

Sein nächstes Publikum fand der junge Magier in der ehemaligen Herzkreislaufklinik in Waldkirch: „Ich habe damals hin und wieder für ein paar Patienten gezaubert.“ Anschließend schloss Auerbach eine Ausbildung als Industriemechaniker ab. Menschen beruflich zu verzaubern, war für den „Magic Man“ damals noch Schall und Rauch. „Dabei haben Zauberkünstler historisch immer viel mit Technik zu tun“, sagt er.

»Kreativität ist wichtig«

Hinter der Magie stecken oft neuartige oder wunderliche Gerätschaften: „Man kann das Rad nicht neu erfinden, aber man entwickelt über die Zeit neue ­Ideen und Tricks. Diese Kreativität ist sehr wichtig für mich.“ In seiner Waldkircher Werkstatt ist Auerbach ungestört: „Hier kann ich bis spät in die Nacht arbeiten.“

Willi Auerbach in seiner Werkstatt

Bodenständiger Luftikus: Zauberer Willi Auerbach tüftelt in seiner Werkstatt stundenlang an neuen Tricks.

Ein anschließendes Medienstudium finanzierte Auerbach bereits mit Zauberkunst. Danach ging es weiter bergauf. Mit seinen Erfindungen zauberte er sich im Jahr 2018 bis zur Weltmeisterschaft in Südkorea. Dort ließ er einen tischgroßen Rubik’s Cube schweben – und daraus eine Assistentin entsteigen. 2020 trat der „Magic Man“ vor den strengen Augen des bekannten US-Magier-Duos „Penn and Teller“ auf, konnte dort mit einem Trick à la David Copperfield aber nicht hinters Licht führen.

»Behalte Tricks für mich«

Auf der Bühne ungefragt Tricks von Kollegen zu zeigen, ist tabu. Auch Illusionen zu verraten, verstößt gegen den Zauberkodex. „Das ist wie einem Kind zu erzählen, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt“, kommentiert Auerbach. Gleichzeitig dürfe Magie keine exklusive Kunst sein. „Aber Tricks im großen Stil auf Instagram zu erklären, finde ich verwerflich.“ Er schickt etwa Veranstaltungstechniker bei Proben zwar nicht vor die Tür, aber für die Show weiß jede seiner Assistentinnen nur so viel, wie sie wissen muss: „Ich behalte die Tricks für mich.“ Manche Illusionen verkauft der Profi jedoch an Kollegen.

Auerbach hat einige Asse im Ärmel: Sprechzauberei, Effekte mit Tanz und Musik, Mentalmagie, Zukunftsvorhersagen, Dinge schweben lassen. „Ich bin breit aufgestellt“, kommentiert er. Sein Steckenpferd ist das Schweben. „Freies durch den Raum Schweben fand ich schon immer spannend, es kommt ohne Requisiten aus – das ist pure Magie“, sagt Auerbach. Er steht aufrecht da, spricht klar und deutlich. Die jahrelange Bühnenerfahrung ist ihm anzumerken. Im Mai trat er vor 680 Zuschauern in Waldkirch auf. Anfang November möchte er das Bürgerhaus Denzlingen füllen. Nervosität vor einem Auftritt gehört nach wie vor dazu. „Solange sie einen nicht hindert, ist sie gut“, sagt er.

Kleine Pannen dürfen passieren – solange die Zuschauer nicht merken, dass ein Trick schiefgegangen ist. „Als Zauberer habe ich immer Plan B und C in der Tasche“, sagt Auerbach. Schlamperei könne er sich nicht leisten: „Man muss immer gut vorbereitet sein.“ Und über sich selbst lachen können. „Ich begegne den Gästen auf Augenhöhe. Wenn ich Gäste auf die Bühne hole, müssen sie als Gewinner wieder gehen. Es gibt Zauberer, die ihre Zuschauer lächerlich machen, das darf überhaupt nicht passieren“, betont Auerbach.

Auch „Close-up“, Tricks nah am Publikum, hat er im Repertoire. Sein tägliches Brot sind kleinere Events, Geburtstage oder Firmenfeiern. Rund 70 Shows gibt er im Jahr, die meisten in einem Umkreis von 200 Kilometern. „Die Deutschen mögen Zauberkunst, da ist es meist einfach. In Äthiopien reagieren die Leute ganz anders, weil Zauberer als Unterhaltungskünstler unbekannter sind und Aberglaube dort stärker verbreitet ist.“
Zauberei bedeutet für Auerbach, „Menschen für eine kurze Zeit in eine andere, mystische Welt zu entführen, in der alles möglich ist.“ Damit das gelingt, ist stundenlanges Training nötig. Erst vor dem Spiegel, dann vor Vertrauten, schließlich baut man es in eine Show ein. „Das dauert, bis man Routine bekommt“, sagt Auerbach. „Es gibt Dinge, für die man viel Fingerfertigkeit braucht, etwa für komplizierte Griffe.“

Auch privat lässt der eher in dunkle Mäntel gekleidete Auerbach Zylinder und Zauberstab stecken. „Ich versuche, die private und die berufliche Welt zu trennen.“ Partys besucht der Magier ohne Kartendeck, zu Hause heißt er Willi, nicht Magic Man. Vielleicht, weil seine Ehefrau Elena auch seine Assistentin ist und Auerbachs Tricks kennt.

Für die nächste Show bohrt, schweißt und lötet Auerbach in seinem Atelier gerade an einer ganz neuen Illusion. Worum es sich dabei handelt, verrät er natürlich nicht. „Aber das wird ein Moment, an dem selbst Kollegen in Grübeln kommen dürften.“

Fotos: © Gregor Mastaller, pt