Kulinarisches im Szeneviertel: Culture & Food-Tour durch den Stühlinger Szene | 11.09.2018 | Stella Schewe

Leckeres Essen probieren und dabei viel über ein Stadtviertel erfahren – so lautet das Konzept von „Eat the World“, einem Berliner Unternehmen, das kulinarische Touren in mehr als 40 deutschen Städten anbietet. Seit diesem Sommer auch in Freiburg und zwar im Stühlinger.

Das Equipment besteht aus einer schlichten Papierserviette. Damit ausgestattet führt Eat the World-Guide Petra
Bruegel ihre Genießertruppe zum Stühlinger Kirchplatz und zeigt Fotos vom Limburger Dom, der der Herz-Jesu-Kirche verblüffend ähnlich sieht. Kein Zufall, denn Ende des 19. Jahrhunderts kam
der Freiburger Erzbischof aus Limburg und
brachte seinen Dombaumeister Max Meckel
gleich mit, der übrigens auch die Blaue Brücke gebaut hat – den Zugang zum damaligen
Arbeiterviertel, in das die
besser gestellten Freiburger so gar nicht gerne gingen.


Auf geht’s zur Food Station ins Café Satz, wo ukrainischer Borschtsch auf die Gruppe wartet: eine Suppe aus roter Bete und Kohl, lauwarm serviert und herrlich erfrischend. Gut 50 Menschen unterschiedlicher Herkunft engagieren sich hier ehrenamtlich, kochen und backen. Der Erlös geht an soziale Projekte in der Ukraine, berichtet Café-Leiter Hans Peter Fischer: „Über 3000 Kinder haben wir damit schon resozialisiert.“

Auf dem Weg erzählt Bruegel von der Pumpenfabrik Lederle, an die der Brunnen am Lederleplatz erinnert, der Orchestrion-­Fabrik Welte & Söhne oder der Löwenbrauerei, die dafür sorgte, dass viele Eckkneipen erhalten blieben – bis heute ist die Kneipendichte hier hoch. Und davon, wie sich der Stühlinger Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem Künstler- und Bohème-Viertel entwickelte, zu einem „Freiburger Montmartre“. Weiter geht’s zur Feinkostmetzgerei Pum, wo Inhaberin Angela Vogel-Pum frisch gebratenes Dry Aged Beef anbietet – zart, rosa, köstlich und aus artgerechter Tierhaltung. „Ihr geht nicht, bevor der Teller nicht leer ist“, droht sie augenzwinkernd … Kein Problem, trotz sieben verschiedenen Stationen ist die Freude auf jede einzelne groß.

Auch auf das „Verrisserle“, das in der Alten Apotheke bereitsteht: Wo bis vor zwei Jahren noch Medikamente über den Tresen geschoben wurden, wird heute Absinth serviert – eigentlich ein guter Ausklang, wenn nicht noch weitere leckere Kostproben und spannende Informationen folgen würden. Entsprechend begeistert sind die Teilnehmer: Die Reaktionen reichen von „endlich mal nicht die typische Stadtführung“ bis zu „Hier würde ich als Tourist sonst nie hinkommen“. Als Freiburger übrigens auch nicht – zumindest nicht mit so viel Spaß und Hintergrundwissen dazu.

Foto: © Stella Schewe