Ladys first: Zwei Festivals wollen Frauen ins Rampenlicht rücken Szene | 23.11.2019 | Till Neumann
Sexistische Kackscheiße. So nennen die Veranstalter von „Rap Fatale“ frauenfeindliches Gehabe im HipHop. Sie organisieren im April ein Female Focused Festival. Es ist nicht das Erste seiner Art in der Stadt.
Wer sich auf Freiburgs Bühnen umschaut, merkt schnell: Meistens stehen Männer im Rampenlicht. Deborah Ewert hat das schon vor zwei Jahren geärgert. Also initiierte die 32-Jährige mit einem Team das LocArtista Festival. Es soll Frauen helfen, sich zu vernetzen, Sicht- und Hörbarkeit schaffen und aktivieren.
Im September war die zweite Ausgabe. 34 Künstlerinnen standen drei Tage lang im Fokus. „Die Aufmerksamkeit für das Thema steigt“, stellt Ewert fest. 300 bis 400 Personen besuchten das Festival.
Ein Kollektiv plant derzeit ein zweites Female-Festival für Freiburg: Rap Fatale. „Unser Anliegen ist breit, aber wir konzentrieren uns auf Rap“, sagt Magdalena Schweizer (32) vom Orgateam. Teil davon ist auch Tim Bosecker. „Ich habe erst bei der Recherche fürs Festival rausgefunden, wie viele Frauen Rap machen“, erzählt der 27-Jährige. „Guten Rap.“
Beim Booking hätten sie die Qual der Wahl. „Wir hätten Tausende buchen können“, sagt Bosecker. Ihr Team ist mittlerweile auf fast 20 Personen gewachsen. Die erste Soliparty im Jos Fritz war proppenvoll.
„Frauen sind im Rap oft nur schmückendes Beiwerk, sie sollen mit dem Arsch wackeln und gut aussehen“, sagt Bosecker. Das soll bei Rap Fatale anders laufen. Von viel Zuspruch für das „brennende Thema“, erzählt Schweizer. Sie hoffen, mit dem Event dazu beitragen zu können, dass „die Angst verschwindet“. Bei Bookern, die sich scheuen, Frauen zu buchen. Und bei Frauen, die sich nicht auf die Bühne trauen.
Eine der wenigen Rapperinnen in Freiburg ist Julia Mikulec (Titelbild) von der Band Liner Notes. „Ich finde es schwer, angenommen zu werden“, sagt die 24-Jährige. Sie werde zwar teilweise als Frau gepusht, müsse sich aber auch Sprüche anhören. „Entweder wird über unser Aussehen diskutiert oder wir werden nicht ernst genommen.“
Das ärgert auch Freiburgs Popbeauftragten Tilo Buchholz. Er hat einen Gesprächskreis zum Thema initiiert, der versucht, Musik-Workshops verstärkt weiblich zu besetzen. Die Vorbildfunktion sei entscheidend: Sehen Mädchen eine Schlagzeugerin oder E-Gitarristin auf der Bühne, würde das ermutigen, das ebenfalls zu probieren.
Buchholz, selbst Musiker, könnte sich vorstellen, im städtischen Haushalt eine Förderung für eine offene Bühne für Frauen zu beantragen. Er betont aber: Man muss schon in der Erziehung anfangen. Mädchen allenfalls mal eine Blockflöte zu schenken, sei prägend.
Auch anderswo ist das ein Thema. Bei der Rock City Hamburg entsteht derzeit das „erste bundesweite Netzwerk für alle Musikfrauen* in Deutschland“. Eine Datenbank, die ähnliche Ziele hat wie die zwei Freiburger Festivals: vernetzen, ermutigen und Veranstaltern die Möglichkeiten zeigen, mehr Frauen auf Bühnen zu holen.
Fotos: © Manos Tzivakis, Till Neumann & Jannes Schilling