Quo vadis Festivalsommer? – Neues Festivalkonzept beschäftigt Veranstalter und Stadträte Szene | 17.04.2023 | Pascal Lienhard

Menschenmenge auf einem Festival Festivals in Freiburg: Politik und Veranstalter·innen sehen Handlungsbedarf.

Während Corona die Kulturbranche im Schwitzkasten hatte, sind in Freiburg neue Festivals gestartet. Nach der Pandemie sorgen die Veranstalter sich um den Fortbestand. Der Gemeinderat will nun ein Festivalkonzept auf den Weg bringen. Dafür gibt es nicht nur Lob.

Es fehlt an Geldern, um alle Festivals zu unterstützen: Das erklärt die CDU-Fraktionsvorsitzende Carolin Jenkner. Seit 2020 haben sich viele neue Events zu den alten Hasen wie ZMF oder Sea You gesellt. Unterstützung bekamen sie nicht zuletzt durch Corona-Hilfsprogramme. Diese Quelle ist versiegt. Doch die Veranstalter·innen wollen weitermachen und haben zum Teil institutionelle Förderungen und Zuschüsse beantragt.

Ein von der CDU-Fraktion verfasster Antrag wurde Mitte Februar von 46 der 48 Stadträt·innen des Freiburger Gemeinderats unterzeichnet. Darin wird die Stadtverwaltung aufgefordert, eine Diskussion um ein städtisches Festivalkonzept für den Kulturausschuss am 4. Mai einzuplanen.

Zur Unterstützung der Events wäre laut Jenkner als erster Schritt ein Flyer mit allen Freiburger Festivals denkbar. Das würde die Bekanntheit der Formate erhöhen. „Auch als kulturell interessierte Person habe ich während der Haushaltsberatungen von einigen Events zum ersten Mal gehört“, sagt Jenkner. Für eine zentrale Koordination spreche auch die Erfahrung des vergangenen Sommers, als sich Events überlagerten und Künstler·innen in kurzen Abständen mehrere Male in der Stadt auftraten.

Der Verein Multicore will sich nach dem gefloppten Reboot-Festival nicht zu den gemeinderätlichen Plänen äußern.

Chantal Kohlmeyer, Inhaberin des Tanz- und Kulturzentrums Studio Pro Arte, hat eine ambivalente Haltung: „Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass sich die Fraktionen damit auseinandersetzen, wie Freiburg als Festivalstandort belebt werden kann“, sagt sie. Für eine nachhaltige Entwicklung sei aber auch eine auskömmliche Finanzierung notwendig.

Aktuell könne der Verein sein Frei Art Festival, das seit 2020 im Vauban steigt, nicht absichern. Dennoch arbeitet das Team an der vierten Ausgabe. Drittmittel sind da, reichen aber nicht aus. Nun will der Verein bei der Stadt einen Antrag auf Projektförderung stellen, auch um ein Zeichen zu setzen, dass bereits etablierte Formate nachhaltig unterstützt  werden sollen.

Es geht um viel Geld

Nach Meinung von Stefan Sinn, Initiator und 1. Vorstand von Freiburg Stimmt Ein, muss sich in Sachen Festivals etwas ändern. Veranstalter·innen sollten sich fragen, warum die Menschen nicht zu Veranstaltungen kommen. Für ihn ein wichtiger Grund: die stark aufgesplitterte Szene: „Vieles spielt sich nur noch in Bubbles ab.“ Seine Idee ist ein Festival unter eigenem Namen, das eine maximale Breite schafft. Einen ersten Schritt in die Richtung wagt Sinn mit dem mehrtägigen Kulturfestival Fringe Festival Freiburg, das er diesen Sommer organisiert.

Stadtrat Atai Keller (SPD/Kulturliste) glaubt nicht, dass sich verschiedene Veranstaltungen einfach unter einen Hut bringen lassen. Doch bestehe Handlungszwang. Der Politiker hält eine organisatorische Klammer wie einen gemeinsamen Flyer oder eine zentrale Koordination für zielführend: „Das Ergebnis wäre im Prinzip ein zusammenhängender Kultursommer.“ Die musikalische Ausprägung müsse noch definiert werden, bestehende Veranstaltungen könnten integriert werden, ohne ihre Unabhängigkeit zu verlieren. Wichtig sei, dass das Thema bis 2024 geklärt sei. „Da bin ich aber skeptisch, schließlich geht es um viel Geld.“ Im Zweifel brauche es eine Interimslösung.

Nach Meinung Kellers muss beim Kultursommer klar kommuniziert werden, wann es welche Freiräume gibt. So solle vermieden werden, dass Veranstaltungen wieder parallel oder über einen kurzen Zeitraum verteilt stattfinden.

Für Tamburi Mundi, ein Festival für Rahmentrommeln, kommt das zu spät: Das Event soll ab 2024 statt im Juli und August schon an Ostern steigen. Laut Team-Mitglied Ulrike Kudla ein Grund für die Entscheidung: das ständig wachsende Angebot an Sommerfestivals und die spürbare Konkurrenz um Publikum.

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