Sommer-Highlight mit Schönheitsfehlern: So war das Sea-You-Festival 2019 Szene | 16.07.2019 | mls & pt

Lauter, bunter, schneller. Am Wochenende brachten hochkarätige DJs den Tunisee zum Kochen. Fast 40.000 Menschen feierten zu elektronischen Klängen auf dem Sea-You-Festival. Mit mehr Bumms, mehr Budget – und vor allem: mehr Besuchern. Das gefällt nicht jedem.

Eigentlich hätte es lange Warteschlangen verhindern sollen: Ein neues elektronisches Bezahlsystem am Bändchen ersetzte die Beach-Coins vergangener Jahre. Trotzdem mussten Partygäste auf dem Sea-You-Festival bis zu zwei Stunden an den Eingängen stehen, um Geld auf ihre Chips zu laden. „Das ist nicht gut gelöst“, findet eine 26-jährige Schweizerin. Auch sonst wird viel gestanden: Technische Probleme, zu wenig Personal am Einlass und Schwierigkeiten bei der Organisation, heißt es in den langen Schlangen an drei Ladestationen.

Nachdem die Versorgung in Form von kalten Getränken gesichert ist, geht’s über das Gelände. Das ist dieses Jahr schon wieder gewachsen. Mehr Bühnen, mehr Backstage, bessere Zeltstruktur und mehr Menschen. Verlieren sollte man seine Gruppe auf dem Gelände nicht. Handys sind um den See an diesem Wochenende nur für Selfies und für den Austausch von Nummern zu gebrauchen. „Ich bin seit 2014 jedes Jahr da, voller darf es nicht mehr werden“, sagt ein Besucher. Trotzdem werde der Freiburger nächstes Jahr wiederkommen: „Das Ticket ist quasi schon geritzt.“

Für die Eintrittskarte bekommt man auch dieses Jahr einiges geboten. Auf sieben Stages lassen hochkaratige DJs die Plattenteller kreisen: Adana Twins, Alle Farben, Boris Brechja, Felix Kröcher, Jan Blomqvist und Solomun zählen zu den Größen der Szene und versetzen an zwei Tagen Publikum vor bunten Bühnen in Ekstase – hier und da auch chemisch verstärkt, aber friedlich. 270 Drogendelikte und 41 Platzverweise verzeichnet die Polizei für die Veranstaltung. Ordner und Sanitäter vermelden am Samstag: keine besonderen Vorkommnisse. „Die Leute haben einfach Bock auf Party, kein Stress“, sagt ein Ordner vor der vollen Techno-Stage.

Auch abseits der aufgemöbelten Zelte geht es heiß her. Denn das Sea-You-Festival ist wieder ein Schaulaufen. Bunt und extravagant zeigt sich die Mehrheit der Festivalbesucher und mancher fragt sich, ob es um die Musik oder das Outfit geht. Oft steht der Look im Vordergrund. Das tut der Atmosphäre aber keinen Abbruch. Elektro-Fans und Fashionistas feiern friedlich bis in die Nacht hinein.

Damit in der Dunkelheit niemand vom Fleisch fällt, warten im Foodcorner die unterschiedlichsten Leckereien auf hungrige Partygäste. Von veganen Bowls über vegetarische Falafel-Burger bis hin zu Currywurst-Pommes wird jeder satt. In Seelage wird auf Tagesbetten relaxt und Abkühlung gibt es auch dieses Jahr auf riesigen Schwimmflamingos. Insgesamt vier Bühnen liegen direkt am Wasser und eine helle Ballonkette sorgt bei Tag und bei Nacht genau wie das bunte Kettenkarussell für große Augen. Über allem liegt an diesem Wochenende ein bunter Schleier aus Glitzer und Federn.

Vor Mitternacht steigen Raketen in die Luft. Der Himmel leuchtet noch einmal auf, bevor zur pünktlich Geisterstunde die Musik abgedreht wird. Und plötzlich wollen mehr als 18.000 Menschen nach Hause. An der Station für die Shuttlebusse außerhalb des Geländes stauen sich schnell die Massen. Es geht keinen Meter voran, weil viel zu wenig Busse fahren. Die Stimmung kippt und aus Feierlaune wird bald Frust. „Richtig schlecht, wenn das so weitergeht, bin ich erst übermorgen zu Hause“, schimpft eine junge Frau. Jemand ruft: „Es war doch klar, dass wir kommen!“

Die Ordner versuchen die Lage zu beruhigen: „Ich kann nicht zaubern, mehr Busse sind unterwegs.“ Nach zwei Stunden wollen viele der mittlerweile frierenden Besucher nicht mehr warten, klettern über die Absperrungen und laufen auf die Straße. Autos und verständigte Freunde kommen nicht mehr durch. Das Chaos ist perfekt. Hunderte kommen erst in den frühen Morgenstunden am Freiburger Hauptbahnhof an.

Auch am Sonntag stehen viele Partygäste im Regen – und zwar buchstäblich. Es regnet bis in die späten Abendstunden. Die Stimmung ist trotzdem ausgelassen. Der Dresscode an diesem Tag lautet Gummistiefel und Regencape – oder nackte Haut. Auch außerhalb der überdachten Zelte springen Partygäste durch den Matsch, tanzen unbekümmert im Regen. An den Rückweg denkt hier gerade niemand.

Das Fest in Bildern:

Text & Fotos: Maria Schuchardt und Philip Thomas