Win-Win am Weinberg: Solidarischer und ökologischer Weinbau in Freiburg Szene | 16.10.2020 | Stella Schewe

Weinberg am Kaiserstuhl

Es ist gerade mal drei Monate jung, aber schon ein Erfolgsmodell: das Projekt „Solidarischer Weinberg“, das der Freiburger Biowinzer Andreas Dilger im Juli am Lorettoberg gestartet hat. Dabei erwerben Konsumenten Anteile, bekommen dafür monatlich Wein und unterstützen so den ökologischen Weinbau.Binnen weniger Wochen waren sämtliche Anteile vergriffen, jetzt folgt eine zweite Rebfläche am Schönberg.

Am Waldrand gelegen, oberhalb von Merzhausen, ist der Predigerplatz am Lorettoberg ein ganz besonderer Ort: mit freier Sicht weit hinüber nach Westen, zum Kaiserstuhl und den Vogesen. Seit 1. Juli wird er auch auf besondere Weise bewirtschaftet, nämlich solidarisch. 150 Weinliebhaber haben Anteile an der insgesamt einen Hektar großen Rebfläche gekauft und beteiligen sich so an den Kosten für Bewirtschaftung und Weinherstellung. 50 Euro kostet ein Anteil monatlich, 25 ein halber, dafür gibt es pro Monat entweder sechs oder drei Flaschen Biowein nach Wahl aus dem Sortiment von Andreas Dilger: „Wenn der Weinberg in einigen Jahren Ertrag bringt, dann natürlich gerne von den eigenen Reben.“

Angepflanzt haben Dilger und sein dreiköpfiges Team am Predigerplatz ausschließlich sogenannte „PIWI“-Weine. Das sind pilzwiderstandsfähige Sorten, die deutlich robuster und weniger anfällig sind als herkömmliche Sorten wie Burgunder oder Gutedel. „Für die PIWI-Sorten brauche ich 70 bis 90 Prozent weniger ökologische Spritzmittel“, erklärt der Ökowinzer. Dadurch reduzierten sich auch die Zahl der Traktorfahren, der Energieaufwand und die Bodenbelastung. Allerdings hätten es die neuen Sorten – mit fremd klingenden Namen wie Helios, Solaris oder Prior – schwerer, bei den Kunden anzukommen.

Andreas Dilger

Biowinzer Andreas Dilger: Jetzt auch am Schönberg solidarisch.

Das könnte sich mit den beiden Projekten ändern, denn die Vermarktung erledige sich damit ja quasi von -alleine, freut sich Dilger. Das ganz große Plus für ihn aber seien die festen Monatsbeiträge – das bringe Sicherheit und Planbarkeit mit sich. „Für mich bedeutet das eine riesige Unterstützung. Und die Kunden wissen, was sie bekommen, können sich mit ihrem Weinberg identifizieren, die Produktion ist ja quasi gläsern. Insofern ist es eine Win-Win-Situation.“

Diese möchte der 56-Jährige ab Januar auch auf Reben am Schönberg übertragen. Hier bewirtschaftet er schon länger zehn Parzellen mit einer Gesamtgröße von insgesamt zwei Hektar. „Ein Hektar ergibt 7200 Flaschen pro Jahr. Bei sechs Flaschen pro Monat und damit 72 pro Jahr ergibt das 100 Anteile.“ Dementsprechend stehen am Schönberg aktuell 200 ganze Anteile zum Erwerb bereit, die Vermarktung läuft.

„Zwölf Flaschen, halb rosé, halb weiß.“ David Plappert kommt im Laden in der Urachstraße vorbei, um die Weinration für zwei Monate abzuholen. Seinen Anteil teilt er sich mit einer Freundin, von dem Modell ist er begeistert: „Ich mag den Wein und finde es schön zu wissen, dass er biologisch angebaut wird.“

Durch Mitmach-Aktionen, die Dilger immer wieder mal auf freiwilliger Basis anbietet, bekommt der 34-Jährige Einblick in den Weinbau: „So kann ich ihn hautnah kennenlernen.“ Und die Idee, das Solidarprinzip von der Landwirtschaft auf Wein zu übertragen, finde er rundum gut. Bislang scheint das Modell in Deutschland allerdings noch nicht sehr verbreitet zu sein: Bis auf einen Winzer an der Mosel weiß Dilger von niemandem, der solidarischen Weinbau betreibt.

www.weingut-andreas-dilger.de

Fotos: © Marc Doradzillo, kwasibanane