»Ganz neue Welt« – Kapitaler Nachfrageeinbruch bei Immobilien Wirtschaft | 18.07.2023 | Lars Bargmann
Der neue Wohnmarktbericht der Immobiliengesellschaft der Freiburger Sparkasse (S-Immo) hat es in sich. „Wir haben eine ganz neue Welt“, fand Erich Greil, der unlängst in den Ruhestand gegangene Vizevorstandsvorsitzende der Sparkasse.
Vor 18 Monaten lag der Bauzins noch bei etwa 1,25 Prozent, heute liegt er oberhalb von vier Prozent. Wenn also eine Familie sich damals 400.000 Euro für eine Wohnung geliehen und zwei Prozent Tilgung ausgemacht hätte, hätte sie monatlich 1084 Euro an eine Bank überweisen müssen. Und nach zehn Jahren knapp 45.000 Euro Zinsen bezahlt. Gleicher Fall heute: 2067 Euro monatlich und knapp 150.000 Euro Zinsen.
„Wir haben viele enttäuschte Kunden, weil sie sich heute eine eigene Wohnung nicht mehr leisten können“, berichtete Dorothea Müller, Abteilungsleiterin des S-Immo-Center der Sparkasse. Um rund 40 Prozent seien die Baufinanzierungen seit Jahresbeginn im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Anders sieht es derweil bei den energetischen Modernisierungen aus. „Dieser Bedarf wird steigen, und auch die Finanzierungsnachfrage wegen barriere- und behindertenfreundlichen Umbauten wird weiter da sein“, so Greil.
Die Nachfrage beim Team der S-Immo um Geschäftsführer Oliver Kamenisch hat sogar um 70 bis 80 Prozent nachgelassen, wie DIA-Immobilienwirtin Judith Schweizer erzählte. Es gäbe wieder mehr Angebote und die seien auch deutlich länger im Regal als früher.
Der Immobilienmarkt hat sich von einem Verkäufer- in einen Käufermarkt gedreht. Wer den Markt im Internet beobachtet, sieht auch Preisnachlässe bei zunächst teurer angebotenen Wohnungen. Hatten Kaufinteressenten mehrere Jahre lang kaum Zeit zum Überlegen und sich gegenseitig überboten, können sie heute wieder mit langem Atem verhandeln.
Anders sieht es bei den Mieten aus, sagte Marco Wölfle, der den Bericht für die S-Immo erstellt hat: „Der Kaufmarkt hat auf den Pausenknopf gedrückt, die Mieten sind aber in der Tendenz gestiegen.“
Für den Wohnmarktbericht werden die Angebote auf allen Immobilien-Plattformen gesammelt und ausgewertet. Ein Ergebnis: „Freiburg ist die wertstabilste und höchstpreisige Stadt ihrer Größe bei den Kaufpreisen“, so Wölfle. Der Experte wusste dabei auch aus dem Umland Erstaunliches zu berichten: Am Kaiserstuhl ist 2022 eine Immobilie für einen Quadratmeterpreis von 11.500 Euro verkauft worden.
Auch die direkt angrenzenden Kommunen Merzhausen und Gundelfingen sind fast schon auf Freiburger Niveau. Im Premiumsegment steigen die Preise dort sogar noch, während sie im Oberzentrum stagnieren. Etwas weiter weg, etwa in Umkirch oder Kirchzarten, kann man noch 1000 Euro günstiger an eine normale Immobilie kommen.
Der Marktbericht 2023 nimmt mit Weitwinkelobjektiv die Region von Offenburg bis Lörrach in den Blick, fokussiert aber auch zwischen einzelnen Stadtteilen – sowohl beim Kauf als auch bei der Miete. So kostet ein gemieteter Quadratmeter in Neuburg 17,20 Euro, in Waltershofen 11,10. Fallende Mieten gibt es in keinem einzigen Stadtteil. Fallende Kaufpreise hingegen sehr wohl.
Den Wohnmarktbericht 2023 gibt es hier: www.s-immobilien-freiburg.de/broschueren
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