»Politische Träumereien kontraproduktiv«: Bauverein Breisgau bilanziert und kritisiert Wirtschaft | 29.07.2024 | Lars Bargmann

Viele günstige Mieten, wenig Neubau: Das sind – neben den Finanzkennzahlen – die Kernbotschaften der Bilanz 2023 des Bauvereins Breisgau. 22,8 Millionen Euro investierte die Genossenschaft in den Neubau und die Modernisierung des 5106 Wohnungen zählenden Bestandes. Gut 46 Millionen Euro an Mieten nahm der BVB ein, unterm Strich blieb – nach Steuern – ein Überschuss von rund sieben Millionen Euro.
In den vor 2014 bezogenen Wohnungen lag die durchschnittliche Miete Ende 2023 bei 7,48 Euro. In den neueren Gebäude liegt sie bei 9,86 Euro. „Heute können wir nichts mehr bauen, was nur zehn Euro Miete kostet“, sagte Finanzvorstand Jörg Straub bei der Bilanzpressekonferenz. Dafür seien die Kosten fürs Bauen, aber auch für die Finanzierung deutlich zu hoch.
Auch die Kosten für die energetische Sanierung gehen nach oben: 2022 gab die Genossenschaft dafür 24,49 Euro pro Quadratmeter aus, im vergangenen Jahr waren es schon 29,19 – Tendenz weiter steigend. Um den kompletten Bestand zu dekarbonisieren, muss der BVB bis 2045 zusätzlich 134 Millionen Euro investieren. Eine Mammutaufgabe.
Auf der anderen Seite werden die Investitionen in den Neubau in den nächsten Jahren deutlich sinken. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden jedes Jahr rund 40 neue Wohnungen fertiggestellt. Tendenz: abnehmend. Ob sich der Bauverein auf Grundstücke im Neubaugebiet Kleineschholz beworben hat? „Der Taschenrechner hat nein gesagt“, sagt Straub, der die Genossenschaft mit Marc Ullrich führt.
Straub ist insgesamt alles andere als „euphorisch“, was neue Mietshäuser in Freiburg anbelangt. Auch wegen der verpflichtenden 50-Prozent-Quote für geförderten Mietwohnungsbau. Wenn Bund und Land keine wirksamen und verlässlichen Förderprogramme auf die Beine stellen, läuft die kommunale Vorgabe ohnehin ins Leere. „Politische Träumereien mit utopischen Vorstellungen und leeren Fördertöpfen sind kontraproduktiv“, kommentiert Straub.
Landesbauministerin Nicole Razavi hatte am 24. Juni mitgeteilt, dass der in diesem Jahr mit 580 Millionen Euro gefüllte Fördertopf für sozialen Mietwohnungsbau (411 Millionen kommen vom Bund) schon wieder leer sei. Iris Beuerle, Verbandsdirektorin des vbw (Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen), kritisierte, dass im Ländle „viel zu wenig“ finanziert wird. Pro Einwohner rund 53 Euro. In Bayern sind es 77 Euro –und auch das ist nur Mittelmaß im Bundesvergleich. „Wohnungsbau braucht Verlässlichkeit. Diese ist nicht gegeben, wenn Jahr für Jahr eine riesige Bugwelle an Anträgen aus dem Vorjahr das aktuelle Programm blockiert“, so Beuerle.
So baut der Bauverein zwar aktuell noch, aber sozusagen noch in der „alten Welt“ mit einer ordentlichen Förderung. In Freiburg-St. Georgen sind es 16 Mietwohnungen und eine dreigruppige Kita, in Gundelfingen ein Mehrgenerationenhaus mit 22 Wohnungen, in Gottenheim 24 Wohnungen und eine Seniorenpflege, zudem in Herbolzheim eine Wohnanlage.
Seit dem Jahr 2000 investierte der Bauverein 523 Millionen Euro in die Modernisierung von Gebäuden und in 849 neue Wohnungen. In den kommenden Jahren wird die Neubautätigkeit nicht mehr im Vordergrund stehen.
Der BVB ist breit aufgestellt: Die Bauverein Energie GmbH versorgt mittlerweile 2350 eigene Wohn- und Gewerbeeinheiten, die Bauverein Stiftung erstellt gerade in Kirchzarten ihr erstes Stiftungshaus, der gemeinnützige Bauverein Quartierstreff betreibt fünf Einrichtungen, eine sechste ist im Uni Carré im Bau. Mehr als 25.000 Mitglieder hat die Genossenschaft heute. Für etwa die Hälfte gibt es Wohnraum auf Lebenszeit.
Visualisierung: © Bauverein Breisgau