Buch-Rezi: Platz der Befreiung – Punkrock in Samtschuhen 4Literatur & Kolumnen | 17.09.2023 | Erika Weisser

Slowenien, das Gastland der Frankfurter Buchmesse 2023, ist derzeit eher wegen schwerer Unwetter in den Schlagzeilen denn wegen seiner Literatur. Dabei gibt es eine sehr lebendige, hier jedoch weitgehend unbekannte literarische Szene.
Zu den nicht ganz Unbekannten zählt Andrej Blatnik; immerhin wurden schon 4 seiner 17 Bücher ins Deutsche übersetzt. In seinem jüngsten liefert der Journalist, Kultursoziologe und ehemalige Punkrocker eine rasante Nahaufnahme von der Genese des heutigen Staats in den späten 1980ern. Er versteht es, die Leser direkt in das Geschehen hineinzuziehen, das auf dem titelgebenden Platz seinen Lauf nimmt. Dorthin strömen die Menschenmassen – „von links, von rechts, von überall. Unaufhaltsam. Hippies, Punks, Studenten, Stadtstreicher, Gewerbetreibende, Arbeiter, Professoren, Bauern. Alle.“
Nur ein namenloser Systemkonformist zögert. Vor Ort ist er bloß wegen der Band Pankrti, die die Revolution anheizt, von der er nichts wissen will – und von der viele noch nicht wissen, dass es eine ist. Als er im Gedränge auf die samtenen Wildlederschuhe einer entschlossenen Rebellin tappt, beginnt eine verrückte, verzwickte Liebesgeschichte, die in eine ähnliche Ratlosigkeit mündet wie die Unabhängigkeit des Landes.
Platz der Befreiung
von Andrej Blatnik, Übersetzung: Klaus Detlef Olof
Verlag: Folio, 2023
253 Seiten, gebunden
Preis: 25 Euro