Unwahrscheinliche Brieffreundschaft: Freiburger Duo Taubenhund veröffentlicht EP mit internationalen Gästen 4Musik | 13.06.2023 | Pascal Lienhard

Taubenhund Taubenhund auf der Bühne des Freiburger Slow Club

Support aus Deutschland, Kanada, Finnland und den USA. Die aktuelle EP der Freiburger Post-Hardcore-Formation Taubenhund kommt international daher. Auf den sechs Songs geben sich Gastmusiker das Mikro in die Hand. Das Freiburger Duo ist begeistert von der Kreativität der Kollegen.

„A Collection of highly unlikely Collaborations“, eine Sammlung höchst unwahrscheinlicher Kollaborationen. Einen passenderen Titel hätten Taubenhund ihrer neuen Platte kaum geben können. Die Geschichte hinter den sechs Stücken ist tatsächlich „highly unlikely“. Sie zeigt, dass Ländergrenzen für Musik unbedeutend sind und auf welch ungewöhnliche Reisen sich Musikstücke manchmal begeben.

Gitarrist Jochen Stephan und Schlagzeuger Tobias Ruther kennen sich schon lange. Gemeinsam spielten sie bei der Freiburger Gruppe Ultra Mare. Nach deren Auflösung 2018 machte ein Teil der Band als Trio weiter. Übrig blieben letztlich nur Stephan und Ruther. Gemeinsam schrieben sie Material für eine potentielle neue Band. „Wir haben gemerkt, dass die Songs als Duo so gut funktionieren, dass wir keine weiteren Mitstreiter mehr benötigen“, erklärt der 44-jährige Drummer.

Hauptsache „kein homophober Bullshit“

Taubenhund EP

Aus „An extremely common Misconception“…

Im März 2021 erschien unter dem Projektnamen Taubenhund mit „An extremely common Misconception“ die erste EP des Duos. In den instrumentalen Songs setzen Stephan und Ruther auf spannende Melodiebögen und ungewöhnliche Dynamiken – mal verspielt, dann wieder voll auf die Zwölf. Für ein breites Publikum mögen die vertrackten Stücke zu nischig sein. Doch beim Genrepublikum kommen sie an. Das zeigte das Duo unter anderem beim Debüt im Freiburger Slow Club sowie auf einer Minitour in Mannheim und Hanau im Frühling.

Die Auftritte bestreiten die Jungs als Duo. Doch immer wieder fragten sie sich, ob sie sich nicht personell erweitern sollten. „Am meisten hat uns die Frage des Gesangs interessiert“, erinnert sich Ruther. Schließlich verlinkte Stephan während der Pandemie die Instrumental-EP in einer Musiker*innengruppe auf Facebook mit den Schwerpunkten Hardcore und Screamo. Vielleicht habe jemand Lust, sich an Lyrics und Gesang zu versuchen? Vorgaben gab es von Seiten der Freiburger kaum. „Nur eben, dass die Texte kein sexistischer, rassistischer, antisemitischer oder homophober Bullshit sind“, sagt Ruther.

Taubenhund EP

…wird „A Collection of highly unlikely Collaborations“.

Die erste Reaktion kam von der finnischen Emo- und Metalband Letterbombs. Aus dem Instrumental-Track „Reisswolf“ kreierten sie die Nummer „My Therapist says I should be more open“. Taubenhund waren von der Neuinterpretation fasziniert: „Die Band hat uns vom Fleck weg umgehauen“, erinnert sich Ruther.

Zugegeben: Wer Mainstream gewohnt ist, wird sich bei dem Stück vermutlich die Ohren zuhalten: Die Letterbombs zelebrieren hier mit Kollege Otto Joki einen extremen Musikstil. Die Sänger wechseln zwischen cleanem Gesang, geschrienem Text und Growls, einer in härteren Musikarten üblichen Gesangart, bei der die Stimme an ein tiefes Röhren oder Grunzen erinnert. Wem harte und unpolierte Underground-Musik gefällt, dürfe an dem Track dagegen Gefallen finden.

Aus Fremden werden Mitstreiter

Für Taubenhund waren die finnischen Kollegen ein Türöffner. Die Band hatte bereits Songs über das kanadische Label Zegema Beach Records veröffentlicht. Aus dessen Dunstkreis kamen weitere Acts für das Breisgauer Projekt hinzu. „Das war genial, das Label hat eine Menge richtig guter Sachen veröffentlicht, von denen wir bereits sehr vieles kannten“, freut sich Ruther.

So entstanden zwischen Januar 2022 und Februar 2023 moderne Brieffreundschaften zu Emo-, Metal- und Hardcore-Acts aus Kanada, den USA und Finnland. Den letzten offenen Track übernahm die Karlsruher Band Meißel, die die Freiburger schon kannten. Zu hören ist das Ergebnis nicht nur auf Bandcamp, sondern auch ganz old school auf Kassette.

Ruther ist sichtlich stolz auf das Projekt. Wie Bandkollege Stephan ist er von den Beiträgen begeistert. „Das waren für uns ja vollkommen fremde Menschen, zum Teil vom anderen Ende der Welt, die sich richtig reingehängt haben und das Ergebnis dann genauso gefeiert haben wie wir.“ Manchmal kennt Musik tatsächlich keine Grenzen.

Foto: © Sévérine Kpoti