Rotzig nach oben: „Das Aus der Jugend“ gewinnt die Rampe Musik | 25.03.2024 | Till Neumann

Geballte Energie: Max Keefer (vorne), Lion Günther (rechts) und Hendrik Schwörer (links) bei ihrem Contest-Gig im Jazzhaus. Geballte Energie: Max Keefer (vorne), Lion Günther (rechts) und Hendrik Schwörer (links) bei ihrem Contest-Gig im Jazzhaus.

Se hatten den besten Slot des Abends. Und haben ihn souverän genutzt: Die Freiburger Band „Das Aus der Jugend“ hat im Februar den Band-Contest „Rampe“ gewonnen. Kleine Brötchen backen die drei Musiker weiterhin. Doch Lob gibt es von vielen Seiten. Auch vom Mann, ohne den es die Band gar nicht geben würde.

„Das Jazzhaus hat gebrannt“

Fünf Bands sind am 16. Februar im Jazzhaus Freiburg am Start. So auch „Das Aus der Jugend“. Max Keefer (Sänger/Gitarrist), Lion Günther (Bassist) und Hendrik Schwörer (Drummer/Sänger) laufen ohne Ambitionen auf den ersten Rampe-Platz auf. Aber sie liefern mit dem letzten Auftritt des Abends ein Feuerwerk an Energie und provokant-witzigen Texten.

„Das Jazzhaus hat gebrannt“, betont Jurorin Nicole Lapp. Die Jury sei sich einig gewesen: „Das war durchaus professionell, aber rotzig, so wie Punk sein muss.“ Auch beim Publikumsvoting lagen sie klar vorne. Die drei seien super Musiker, hätten eine überzeugende Bühnenpräsenz und finden „absolut wahre Worte“, so Lapp. Zum Beispiel im Song „Porsche fahr’n mit Christian“. Zu einer kreischenden Gitarre heißt es da über Finanzminister Christian Lindner: „Porsche fahr’n mit Christian, gemeinsam hoch hinaus / Porsche fahr’n mit Christian, ohne Tempolimit – ohne Verstand“.

„Wie im Traum“

Zwei Wochen später sitzen die drei in ihrem Proberaum im Freiburger Haus der Jugend. So ganz begreifen können sie ihren Sieg noch nicht: „Es ist wie im Traum, dass wir überhaupt da spielen durften“, schwärmt Schwörer (25). Das Lampenfieber sei groß gewesen, aber das Konzert trotzdem super gelaufen. Auf Wolke sieben schweben sie aber nicht mehr. „Uns geht’s wundervoll, aber bisschen von der Lohnarbeit erdrückt gerade“, sagt Keefer (25).

Hier im Proberaum haben sie vor zwei Jahren losgelegt – ohne an Auftritte zu denken. „Als wir angefangen haben, hier so zu zocken, war im Jazzhaus zu spielen so was Unerreichbares“, erzählt Keefer. Damals war Schwörer in seine WG gezogen – die beiden suchten einen Ort zum Zocken. Sie klopften beim Haus der Jugend an. Es brauchte aber eine Band, um dort üben zu können – also fragte Schwörer seinen Arbeitskollegen Lion Günther (23). „Es ging darum, dass man irgendwie in Übung bleibt“, so Schwörer. Dass daraus eine Band wird, sei nie der Plan gewesen.

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Musiker, die protestieren (von links): Max Keefer (Sänger/Gitarrist), Hendrik Schwörer (Drummer/Sänger) und Lion Günther (Bassist).

„Tilo ist der einzige Grund“

Doch nach einigen Wochen meldete sich Tilo Fierravanti vom Haus der Jugend: Habt ihr nicht Lust, beim ZMF aufzutreten? Schwörers Antwort: „Ja gut, dann schreiben wir mal ein paar Songs.“ Mit Ach und Krach bekamen sie vier Tracks zustande. Ein kurzes Vergnügen sei das gewesen, aber der Push war da: „Das Feedback war so mega gut und wir hatten Spaß. Wir hatten irgendwie was zu erzählen“, erinnert sich Schwörer. Also schrieben sie weiter – und bekamen von Fierravanti neue Gigs angeboten.

Dafür sind sie dem Sozialarbeiter dankbar: „Tilo ist der einzige Grund, warum es uns gibt“, betont Keefer. Und Fierravanti gibt das Lob zurück: „Es hat unheimlich Spaß gemacht zu sehen, wie schnell sie sich als Band gefunden und richtig Gas gegeben haben.“ Ihr Programm sei beeindruckend gewachsen. Die Musik sieht er als Mischung aus Tiefgang und Witz: „Eben alles, nur kein 0815-Punk.“

Umarmung auf der Bühne

Als härteren Rock bezeichnen sie ihre Musik selbst. Doch die Punkeinflüsse sind prägend. Auch in ihrer jüngsten Single „Eat the Rich“. „Das Konsumvieh frisst, was es kriegt, ich esse heute rich“, dröhnt Keefer mit mächtiger Stimme. Und weiter: „Bei mir landet heute neben der Zucchini der RWE-Chef aufm Grill.“ Dazu lässt es die Band krachen. Das brachte im Jazzhaus die Menge zum Tanzen.

Als verschworene Einheit präsentierten sie sich da. Mit einer innigen Umarmung auf der Bühne vor ihrer Show. Die helfe auch gegen das Lampenfieber, erzählen sie. „Wir haben das als Band-Ritual eingeführt, damit wir halt echt gucken, so sehr bei uns zu sein“, erklärt Keefer. Er habe sich anfangs überhaupt nicht getraut zu singen. Genauso wenig wie Drummer Schwörer, der ebenfalls Texte schreibt und mittlerweile lautstark zum Besten gibt.

„Wollten nach den Sternen greifen“

„Wir hatten nie vor, Punk zu machen“, sagen die drei heute. Sie ließen sich einfach von ihren Gefühlen leiten und das käme dabei raus. „Es gibt unglaublich viele Dinge auf dieser Welt, die unfassbar widerlich sind“, sagt Keefer. Dagegen möchten sie sich positionieren. Ohne zu ernst zu sein. „Wir sind halt persönlich nicht in der Position, dass wir da krass drunter leiden“, erklärt der Gitarrist. „Weil wir drei super privilegierte weiße Cis-Dudes sind.“

Frei von Größenwahnsinn sind sie nicht. Nach dem ersten Auftritt bewarben sie sich bei der Band „Team ­Scheiße“ per Instagram-Video als Voract im Jazzhaus. „Wir wollen nach den Sternen greifen“, sagt Keefer und lacht. Die Bremer Band habe ihnen sogar geantwortet, aber abgesagt. Dann waren sie einfach als Zuschauer dabei.

Doch die Team-Scheiße-Verbindung bleibt: Nach dem Sieg bei der Rampe meinte die Moderatorin halb im Scherz: „Team Scheiße muss sich warm anziehen.“ Dabei backen Das Aus der Jugend lieber kleine Brötchen. Lion Günther sagt es so: „Unser Ziel ist nicht groß rauszukommen, aber einfach mal raus aus Freiburg.“

Fotos: © Till Neumann & privat

F79-Promi-Ecke: „Das Aus der Jugend“ Max Keefer und Lion Günther