Keine Western-Romantik: Wayne Grahams Album „Joy“ 4Musik | 07.09.2018 | Tanja Senn

Country-Musik hat bei vielen ihren Ruf weg: kitschig, nostalgisch, klischeebeladen. Voller Sehnsucht nach der guten alten Zeit, die es so nie gab. Die beiden Brüder Kenny und Hayden Miles setzen da einen schönen Konterpunkt.

Ihr fünftes Album „Joy!“ kommt klar, ja fast nüchtern, daher. Fast alle Songs sind dezent instrumentiert. Mal gibt es einen Abstecher in den Blues wie im Opener „On My Throne“, mal swingen die Songs fröhlich wie der Titeltrack „Joy!“, und mit der Indie-Pop-Ballade „Don Williams“ verlassen sie das Country-Terrain sogar gänzlich. Highlight ist allerdings „My Tomb“ – ein wunderbar verspielter Song, der mit unerwarteten Pausen und Brüchen überrascht und am Ende einfach im Sande verläuft.

Auch textlich bleiben die Musiker straight. Die Brüder aus dem Südosten Kentuckys hätten allen Grund, sich in ein romantisiertes Cowboy-Leben zu flüchten. Ihre Heimat gilt als die mit der niedrigsten Lebensqualität in den USA: geringes Einkommen, niedrige Lebenserwartung, straff republikanisch. Doch statt Melancholie findet sich Kritik. Etwa im Song „Here“. Er prangert den Kohle-Raubbau in der Region an, der kurzfristigen Reichtum statt langfristigen Wohlstand gebracht hat. Ein cleanes Country-Album für alle, die keine Country-Fans sind.

Die CD

Wayne Graham
Joy!
Country

Drei von fünf chilli-Schoten

Foto: © Wayne Graham