Botanische Schatzkiste: Zauberhafter Bergle-Garten in Lehen Haus & Garten | 03.05.2021 | Frank von Berger

Staundensätze

Der Bergle-Garten von Karina Waltzer in Freiburg gehört sicher zu einem der schönsten Kleinode in der Region. Vor etwas mehr als zehn Jahren legte die Staudenfreundin ihren Garten auf dem Lehener Bergle an und öffnet ihn seitdem auch für private Besucher.

Hinter hohen Hecken, zwischen sonnigen Reb- und Ackerflächen im Freiburger Stadtteil Lehen, versteckt sich der Bergle-Garten vor neugierigen Blicken. Wer das Gartentor schließlich gefunden hat, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Schon auf den ersten Blick sieht man, dass die Planung und Anlage dieses Gartenjuwels mit viel Sachkenntnis und Geschmack erfolgten. Hier gibt es zahlreiche ausgefallene Pflanzen zu entdecken, denn Karina Waltzer, die Schöpferin dieser botanischen Schatzkiste, ist eine „bekennende Sammlerin von seltenen und ausgefallenen Stauden“, wie sie schmunzelnd gesteht.

Porträt Karina Waltzer

Karin Waltzer hat eine Streuobstwiese in ein Kleinod verwandelt. Trockenheitsverträgliche Stauden und Gräser bilden im Kiesgarten eine pflegeleichte Gemeinschaft.

Die Begeisterung für diese Pflanzengruppe erwachte bei ihr schon Anfang der 1990er-Jahre, angeregt durch Besuche von Gärtnereien, aber auch durch Gartenreisen und die Lektüre von Gartenbüchern. Als Schlüsselerlebnis für die Entstehung ihres botanischen Paradieses nennt sie das Buch „Der Kiesgarten“ von Beth Chatto. Sie hat nicht nur das Buch begierig gelesen, sondern auch die Beth Chatto Gardens im Südosten Großbritanniens mehrfach besucht.

Die studierte Landespflegerin machte schon in der Jugend im Garten ihrer Mutter erste praktische Erfahrungen mit Pflanzen. Später kümmerte sie sich viele Jahre lang allein um ihren Schrebergarten in einer Freiburger Kleingartenkolonie. Wo anfänglich nur Obst und Gemüse wuchsen, bepflanzte Karina Waltzer die Beete nach und nach – eher untypisch für eine Kleingartenparzelle – mit Stauden, also mehrjährigen, krautigen Pflanzen. Mit den Jahren wuchs der Wunsch nach einem eigenen Stück Land, um ihre Vision von einem stimmig bepflanzten Staudengarten verwirklichen zu können. Die Parzelle in der Kolonie war der leidenschaftlichen Gärtnerin und Pflanzensammlerin mittlerweile einfach zu eng geworden – und das nicht nur hinsichtlich der Quadratmeterzahl.

Abguss vom Ammoniten im Eingangsbereich

Der Abguss fesselt den Blick eines prähistorischen Ammoniten.

„Die Suche nach einem geeigneten Grundstück glich damals der nach einer Nadel im Heuhaufen und zog sich über mehrere Jahre hin“, sagt Waltzer. Im Sommer des Jahres 2009 fand sie über eine Zeitungsannonce schließlich doch ein passendes, rund 1000 Quadratmeter großes Areal auf einer sonnigen Anhöhe am westlichen Stadtrand Freiburgs. Der zukünftige Garten war eine schon lange nicht mehr gepflegte Streuobstwiese mit viel Wildwuchs und einer riesigen Blau-Fichte in der Mitte. „Die Konifere musste unbedingt als Erstes weg. Einen Teil der alten Obstbäume wollte ich aber behalten, denn die sollten dem neuen Garten Struktur geben“, beschreibt Waltzer die Anfänge des Bergle-Gartens.

Robuste, naturnahe Artengemeinschaft

Nach dem Kauf des Grundstücks wurde noch im Herbst desselben Jahres eine kleine Gartenhütte aufgebaut und eine Zisterne für Regenwasser in den Boden eingelassen, denn der Garten hat keinen Wasseranschluss. Die Pläne für die Gliederung und Bepflanzung des Geländes entstanden im darauffolgenden Winter. Ein Teil des Gartens sollte als Kiesgarten nach dem Vorbild von Beth Chattos Konzept mit trockenheitsverträglichen Stauden und Gräsern gestaltet werden, damit die Bepflanzung weitgehend ohne künstliche Bewässerung auskommt.

Kiesweg mit Bartiris und Storchschnabe im Mai

Bartiris und Storchschnabel

Rund zwei Drittel der gesamten Gartenfläche sind schließlich nach diesem Schema angelegt worden. Gepflanzt hat sie dort unter anderem Blütenstauden, darunter verschiedene Wermut- und Wolfsmilcharten, Edeldisteln, winterharte Palmlilien (Yucca), Fackellilien (Kniphofia), Thymianarten, Ziergräser sowie Zwiebelgewächse wie Affodill (Asphodelus), Zierlauch (Allium) und botanische Tulpen. Zahlreiche Rosen komplettieren das Bild. All diese Gewächse bilden inzwischen eine robuste, aber dennoch abwechlungsreiche Artengemeinschaft mit naturnahem Charakter.

Wenn man den Garten betritt, fällt der Blick zuerst auf den dekorativen Abguss eines prähistorischen Ammoniten. Links davon sieht man ein mit Präriepflanzen bestücktes Beet. Rechts des Kieswegs befindet sich die „gelbe Rabatte“ mit mediterran anmutender Gestaltung. Ein paar Schritte weiter öffnet sich die Bepflanzung zu einem Kiesrondell mit Thymianpolstern, in dessen Mitte der Abguss einer romanischen Säule steht. Ein alter Mirabellenbaum bildet das Rückgrat dieser Szenerie.

Wunder der Veränderung

Durch einen von der Kletterrose „Blushing Bride“ umrankten Durchgang gelangt man in einen Gartenteil, der eher an klassische englische Staudengärten erinnert. Dominiert wird er von einem alten Kirschbaum. In den Beeten fallen Hortensien, Funkien, Purpurglöckchen, aber auch Rosen und Ziergräser ins Auge. Ein Brunnen unter einem schmiedeeisernen Pavillon plätschert, von einer Solarpumpe gespeist, leise vor sich hin. Er wird überrankt von der Ramblerrose „Lykkefund“, die durch beherzten Rückschnitt im Zaum gehalten wird. „Ich möchte nicht, dass die Rosenranken den grazilen Pavillon gänzlich überwuchern“, so Waltzer.

Polsterstauden mit Kiesgarten im Mai

Trockenheitsverträgliche Stauden und Gräser bilden im Kiesgarten eine pflegeleichte Gemeinschaft.

Der Garten ist nun rund zehn Jahre alt, verändert sich aber immer wieder und sieht in jeder Saison anders aus. Im Frühjahr sind Zwiebel- und Knollengewächse ein echter Hingucker. Im Frühsommer erblühen dann die Rosen. Im Hochsommer erfreuen Scheinsonnenhüte (Echinacea) und Indianernesseln (Monarda) sowie andere Stauden die Augen der Betracher, und im Herbst blühen schließlich Astern üppig und farbenfroh. Hat sich das Konzept des Kiesgartens bewährt? „Ja, unbedingt“, meint Waltzer. „Insbesondere wegen des Klimawandels hat es sich gelohnt, die Arten nach Trockenheitsverträglichkeit auszuwählen.“ Auch das Planzen der vielen Rosen habe sich als richtige Entscheidung erwiesen: „Sie sind an diesem Standort sehr pflegeleicht, blühen im Frühsommer reich, und die öfterblühenden Sorten auch ein zweites Mal im Herbst.“

Ein paar Sachen würde sie aber auch anders planen. „Den hinteren Gartenteil mit dem Kirschbaum würde ich wohl wegen des Klimawandels jetzt auch eher mit Pflanzengemeinschaften gestalten, die im Sommer mit Trockenheit besser klarkommen. Und auf Rasen würde ich zukünftig ganz verzichten. Auch eine Gestaltung mit Trockenmauern könnte ich mir dort vorstellen“, sagt sie. Aber das geschieht wohl erst, wenn der Kirschbaum aus Altersgründen weichen muss. Pläne hat die Gartenenthusiastin also noch genug – ein Besuch des Bergle-Gartens lohnt sich daher immer wieder!

Info

Der Garten ist jeden Dienstag von Anfang Mai bis Ende Juli von 16 bis 18.30 Uhr gegen einen kleinen Obolus geöffnet. Im August bleibt der Garten geschlossen; geöffnet ist er wieder von Anfang September bis Mitte Oktober. Über die aktuellen Corona-Verordnungen und Öffnungszeiten informiert die Website
www.berglegarten.de

Ein Wunsch wird Garten Buchcover

Ein Wunsch wird Garten
von Frank M. von Berger
Verlag: Eugen Ulmer
160 Seiten, gebunden
24,90 Euro

 

 

Fotos: Frank von Berger