Alles außer spießig: Die Kleingartenkolonie Wonnhalde in Freiburg Haus & Garten | 30.06.2021 | Frank von Berger

Wonnhalde Eingang mit Ramblerrosen

Blühende Kletterrosen, bunte Stauden zwischen Gemüsebeeten, selbst gezimmerte Hochbeete und jede Menge Wildblumen – in der Freiburger Kleingartenkolonie Wonnhalde wird ganz offensichtlich entspannter gegärtnert als in anderen Anlagen.

Begonnen hat alles im Jahr 1953. Damals hieß die frisch gegründete Kleingartenkolonie zwischen den Stadtteilen Wiehre und Günterstal noch „Kleingartenverein Freiburg-Wonnhalde“. Im Jahr 1982 wurde auf einer Mitgliederversammlung die Umbenennung in „Verein der Gartenfreunde Freiburg-Wonnhalde e. V.“ beschlossen. Aktuell hat der Verein rund 500 Mitglieder.

In den ersten Jahren stand bei der Bewirtschaftung noch die Erzeugung von allerlei Essbarem im Vordergrund. Die Satzung verlangt nach wie vor, dass je ein Drittel der Grundfläche für den Anbau von Nutzpflanzen, ein Drittel als Ziergarten und ein Drittel für befestige Flächen wie Sitzplatz, Gartenhütte oder Wege bestimmt ist. Auch wenn in einigen der Parzellen noch immer Nutzpflanzen stramm in Reih und Glied auf säuberlich gehackten Beeten stehen, sieht es in vielen der insgesamt 461 verpachteten Parzellen inzwischen ganz anders aus. Hier wird oft mit einer solchen Lust und Fantasie gegärtnert, dass es fast ansteckend ist. Die Parzellen sind so vielfältig wie ihre Pächter. Da gibt es Grünwähler, die ökologisch korrekt Gemüse anbauen, notorische Gartenzwergliebhaber und junge Familien, deren Kinder ihr Trampolin und das Buddeln im Matsch lieben. Ein Spaziergang durch die Wonnhalde macht einfach gute Laune, weil das Leben hier so viel bunter und fröhlicher ist, als der Alltag es manchmal glauben lässt.

Wonnhalde – Blumengarten mit roter Gartenhütte

Auf einer sonnigen Eckparzelle gärtnert Hilde Lutz. Sie ist seit zwanzig Jahren dabei und hat ihr rund 200 Quadratmeter großes Refugium inzwischen in einen reizvollen Garten verwandelt. Sie wohnt ganz in der Nähe, in der Wiehre, und ist mit dem Fahrrad in zehn Minuten auf ihrer Parzelle. „Die habe ich damals ganz zufällig bei Spaziergängen entdeckt und ziemlich spontan übernommen. Zuvor gärtnerte dort ein hochbetagtes Ehepaar und die Übernahme musste recht schnell erfolgen.“ Bereut hat sie die Entscheidung nie und kommt fast täglich in ihren Garten. „Seit ich Rentnerin bin, sogar noch öfter als früher“, erzählt sie. Selbst im Winter, wenn eigentlich wenig zu tun ist, schaut sie mindestens einmal die Woche vorbei, „schon allein, um die Vögel zu füttern“, wie sie erklärt. Dass man den Naturschutz hier ernst nimmt, ist in der Wonnhalde übrigens überall zu bemerken. Nistkästen, Vogeltränken, Feuchtbiotope und Insektenhotels sieht man allerorten. Totholzhaufen für Igel und Zaunkönige sowie andere Heckenbrüter und natürlich auch Trockensteinmauern für Eidechsen gibt es reichlich in der Kolonie.

Individualität ist Trumpf

Die kleine hölzerne Gartenhütte auf der Parzelle von Lutz stand schon seit der Gründung der Kolonie kurz nach dem Zweiten Weltkrieg da. Sie war aber inzwischen etwas in die Jahre gekommen, weshalb die Rentnerin kürzlich das Dach sowie den Boden fachmännisch ertüchtigen ließ. Mäuse waren immer wieder in die Hütte eingedrungen, aber jetzt ist das Dach dicht und ein stabiler Holzboden sperrt die kleinen Nager zuverlässig aus. Auf vielen Nachbargrundstücken sieht man ebenfalls schöne, alte Gartenlauben, fast alle recht individuell gestaltet und oft bunt angestrichen. Viele bezaubern mit romantischen Sprossenfenstern und blumenberankten Spalieren oder einer Bank vor der Hütte, die zum Ausruhen einlädt.

Auch das macht den besonderen Reiz der Gartenkolonie an der Wonnhalde aus: Kaum etwas ist „von der Stange“, vieles ist selbst gebaut und mit den Jahren in Würde gealtert. Nur selten sieht man schnurgerade Wege und abgezirkelte Beete. Vieles darf einfach erst mal wachsen und wird dann schließlich sanft korrigierend in die richtige Form gebracht.

Wonnhalde – Gartenhaus

Gefragt, ob sie schon immer gern gegärtnert hat, antwortet Hilde Lutz ganz ehrlich: „Von zu Hause kannte ich das mit dem Gärtnern zwar, aber lange war mir das einfach zu spießig“. Inzwischen ist sie wohl unheilbar mit dem Gartenvirus infiziert, denn auf ihrer Parzelle wächst und blüht es wirklich ganz prachtvoll. Zu jeder Jahreszeit hat sie andere Lieblingspflanzen. Zu Beginn des Gartenjahres sind es Winterlinge und Schneeglöckchen, später weitere Zwiebelpflanzen wie Tulpen und Narzissen. Im Frühsommer ziehen Pfingstrosen, Akeleien und eine goldgelb blühende Azalee die Blicke auf sich. Später folgen Rosen und Sommerstauden. Diese und andere edle Gewächse kombiniert Lutz auch gern mit Nützlichem wie Knoblauch, Kräutern oder duftendem Lavendel. Das sieht schön aus und die Pflanzen schützen sich im besten Fall gegenseitig vor Schädlingen und Krankheiten.

Stimmiges Durcheinander

Wie in vielen Gärten in der Wonnhalde ist die Grenze zwischen Nutz- und Ziergarten auch bei dem von Hilde Lutz eine fließende. Beerensträucher werden von Stauden umrahmt, ein kleines, hölzernes Hochbeet ragt aus einem Blumenbeet hervor, „und irgendwo da hinten habe ich auch noch Kräuter gepflanzt“, sagt sie. Die Tomaten zieht sie gern in Pflanzgefäßen, geschützt unter dem Traufrand der Hütte „weil sie so empfindlich gegen Regen sind“, wie sie sagt. Die Regelung, dass je ein Drittel des Grundstücks für Nutz- und Ziergarten sowie Wege und Terrassen genutzt werden sollte, hat sie, wie übrigens viele der Parzellenpächter, frei interpretiert. Statt eines „Schachbrettgartens“ mit rechteckigen Beeten und abgezirkelten Pflasterwegen ist ihr Garten ein munteres, aber stimmiges Durcheinander von Nützlichem und Schönem. „Aber in der Summe stimmt die Aufteilung wohl“, sagt sie schmunzelnd. Zum Glück, denn in dieser nonchalanten Gestaltung liegt der Reiz vieler Parzellen in der Gartenkolonie Wonnhalde – und das unterscheidet sie von anderen Kleingartenanlagen in der Region.

Porträt von Frau Lutz

Stimmiges Durcheinander von Nützlichem und Schönem: Im Garten von Hilde Lutz fügen sich Nutz- und Zierpflanzen, Wege und Terrassen zu einem harmonischen Bild.

Zur Mitgliederversammlung, die nur einmal im Jahr stattfindet, geht Lutz regelmäßig, obwohl sie „eigentlich kein Vereinsmensch“ ist, wie sie sagt. „Aber ich finde sie wichtig, um auf dem Laufenden zu bleiben. Sie vermittelt auch einen Eindruck der jeweiligen Themen und Stimmungen auf dem Gelände. Und zu meiner Nachbarin habe ich einen besonders guten Draht. Wir versorgen unsere Gärten auch gegenseitig, wenn eine von uns mal in Urlaub ist.“ Oft bummelt sie zudem durch die Kolonie, weil immer irgendwo etwas Neues wächst oder blüht. Gern darf hier über die Gartenzäune geschaut und auch ein wenig gefachsimpelt werden.

Wer jetzt Lust bekommen hat, ebenfalls eine Parzelle in der Kleingartenanlage Wonnhalde zu pachten, muss sich leider weit hinten anstellen. Zurzeit gilt ein Aufnahmestopp für neue Mitglieder. Aber vielleicht gibt es ja doch mal eine glückliche Gelegenheit, so wie damals für Hilde Lutz!

Info

Verein der Gartenfreunde
Freiburg-Wonnhalde e.V.
Wonnhaldestr. 2, 79100 Freiburg
www.freiburg-wonnhalde.de

Fotos: © Frank von Berger