Die „tierischen“ Ausstellungen von vier Basler Museen Kunst & Kultur | 05.10.2021 | Erika Weisser

Musizierende Aga-Kröten und ein geigenspielender Affe Musizierende Aga-Kröten und ein geigenspielender Affe dokumentieren die Tendenz der Menschen, sich von Tieren musikalisch bezaubern zu lassen.

Die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Tier und Mensch sind in diesem Herbst und Winter Thema einer Kooperation von vier Basler Museen. Unter dem Titel „Tierisch!“ geht es um ihre kulturprägende Bedeutung und vieles mehr.

In Kinder- und Schulbüchern waren sie früher oft zu finden: Liebevoll gemalte Bilder von Wald- und Wiesenkonzerten, bei denen Unken, Vögel, Grillen, Käfer, Igel, Mäuse und andere Flurbewohner nach der Schule noch einträchtig miteinander musizierten und sangen. Tonangebender Kapellmeister war dabei natürlich der wohlwollend-gestrenge Schulmeister – und der war oft ein brillentragender bärtiger Wichtel. Dieses kleine menschenähnliche Fantasiewesen, das wie seine tierischen Nachbarn in Erd- oder Baumhöhlen lebt, bildete ein freundliches Bindeglied vom kindlichen Menschen zum Tier. 

Eine solche Szene ist auf einem der Exponate im Historischen Museum Basel wiedergegeben, wo am 22. Oktober die „Tierisch!“ – Sonderausstellung mit dem Titel „Der Klang der Tiere“ eröffnet wird. Auf diesem von einer längst verstorbenen Baslerin mit der Laubsäge angefertigten relativ großen Puzzle aus Schichtholz unterrichtet ein Zwerg an einem Fliegenpilz-Pult mit Geige und Taktstock verschiedene Wildtiere im Chorgesang. In diesem Ensemble singt sogar eine Schnecke mit. Wie sich wohl ihr Klang anhört?

Diese Frage wird in der Ausstellung, die bis zum 25. Juni 2023 zu sehen ist, nicht aufgeworfen. Es geht vielmehr um grundlegende Überlegungen, etwa darum, ob Tiere musikalisch sind. Oder ob Wale und Vögel singen. Oder darum, ob sich bei Tieren möglicherweise ein „Genuss von Musik“ feststellen lässt, wie es eine Kleinfigurengruppe suggeriert: Drei Aga-Kröten spielen mit offensichtlichem Vergnügen auf Gitarre, Akkordeon und Bass.

Ein Thema der Ausstellung ist auch die Lust des Menschen, Tiere musizieren oder tanzen zu lassen; Paradebeispiele sind tanzende Bären, singende Schwäne oder trompetende Elefanten. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Verwendung von tierischem Material für Musikinstrumente. Knochenflöten, Elfenbeintastaturen und Naturfelltrommeln sind nur einige Möglichkeiten. Weniger bekannt ist die Verwendung von Walbarten in Klavieren. Vorgestellt werden aber auch alternative Materialien, die im Instrumentenbau eine immer größere Rolle spielen und das wachsende Bewusstsein für den Schutz der Tiere widerspiegeln.

Mythische Mischwesen 

Um einen ganz anderen Aspekt menschlich-tierischer Interaktion geht es in der am 19. September eröffneten Ausstellung im Antikenmuseum. Anhand zahlreicher Skulpturen, Reliefs und bemalter Gefäße ist dort bis zum 19. Juni 2022 zu erfahren, welchen Stellenwert wilde Tiere und vor allem die fantasierten und mythologisch gedeuteten Mischwesen in der Welt der Antike hatten. Sie sollten den Menschen Respekt und Furcht vor den Göttern einflößen: Aufgrund ihrer Überlegenheit und ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten, sagt Ausstellungskurator Laurent Gorgerat, siedelten die damaligen Kulturen die Tiere der Wildnis „in den Sphären des Göttlichen“ an. 

Antikes Gefäß

Sirenen gehören zu den Mischwesen, die in der Antike gefürchtet waren und auf Gefäßen abgebildet wurden.

Sie repräsentierten eine absolute göttliche Macht und wurden von den Menschen als Bedrohung empfunden, als Vertreter eines fremden, gefährlichen und chaotischen Universums, gegen das sich die Zivilisation behaupten muss. Das galt auch für hybride Wesen wie die rätselhaften Sphingen, die Sirenen oder die Greifen. Denn nicht nur monströse Kreaturen wie die Kentauren, der Minotauros oder die Medusa verbreiteten Angst und Schrecken unter den Menschen.

Schon seit August ist im Museum der Kulturen zu erfahren, dass nicht nur antike Kulturen durch Tiere geprägt sind. Überall auf der Welt spielen Tiere eine Rolle – als Schutzgottheit, als Nahrungsmittellieferant, als Glücksbringer, als Arbeitskraft, als Trophäe, als Partner des Menschen. Tiere werden vermenschlicht, Menschen üben Macht über sie aus – und bringen ihnen doch Opfer. Nachvollziehbar ist dieses ambivalente Verhältnis bis zum 20. November 2022.

Im Pharmaziemuseum der Universität Basel schließlich gibt es vom 3. Dezember 2021 bis 5. Juni 2022 die Möglichkeit, sich über die Verwendung von tierischen Arzneirohstoffen in der früheren und heutigen Heilkunde zu informieren. Denn ohne Tiere gäbe es so manches heute industriell hergestelltes Medikament nicht.

Info:

Zu allen Ausstellungen gibt es abwechslungsreiche Begleitprogramme.
www.tierischbasel.ch

Fotos: © Historisches Museum; Antikenmuseum