Tausend Euro für einen Trick: Zauberkünstlerin Kiana Taiari über die Welt der Magie Kunst & Kultur | 01.12.2023 | Nils Bentlage

Zauberin Kiana Taiari aus Freiburg ist eines der Magie-Talente in Deutschland.

Zauberinnen gibt es nur wenige. Doch in Freiburg-Betzenhausen lebt eine, die sogar überaus erfolgreich ist: 2019 wurde Kiana Taiari Deutsche Vizejugendmeisterin der Kartenkunst und gilt seither als die beste Nachwuchszauberkünstlerin des Landes. Im chilli-Interview mit Nils Bentlage spricht die 21-Jährige über ihre Show mit Chat GPT, das Klischee des Zauberers mit Bart und Hut sowie Tricks, die man für viel Geld im Internet kauft.

chilli: Kiana, dürfen Zauberer ihre Tricks verraten?

Kiana: Eigentlich nicht. Zauberer verraten nie ihre Tricks. Unter bestimmten Umständen kann man da aber ein Auge zudrücken. Vor allem, um neue Leute für die Zauberkunst zu gewinnen.

chilli: Erinnerst du dich noch an den ersten Trick, den du erlernt hast?

Kiana: Ich habe als Kind super gerne den „Magier mit der Maske“ im Fernsehen angeschaut. In der Show hat er den Zuschauern seine Tricks enthüllt. So habe ich gelernt, ein Streichholz verschwinden zu lassen.

chilli: Wie ging es weiter?

Kiana: Die Zauberei ist natürlich kein Ausbildungsberuf. Ich habe mir das alles selbst beigebracht. Man lernt fast alles aus Büchern und entwickelt irgendwann eigene Tricks.

chilli: Und wie erfindet man so einen eigenen Trick?

Kiana: Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften hatte ich eine Nummer entworfen, bei der es ums Spicken in der Schule ging. Vor mir lagen viele leere Zettel auf dem Tisch. War der Lehrer weg, habe ich mit den Fingern geschnipst und auf dem Papier sind die Formeln für die Klassenarbeit aufgetaucht. Kam er zurück, habe ich wieder geschnipst und die Formeln verschwanden oder die Zettel landeten unter dem Taschenrechner.

chilli: Auf Instagram beschreibst du deine Show als „moderne Magie“.

Kiana: Die Show ist sehr Gen Z. Das heißt, ich trete da jetzt nicht, wie man sich typische Zauberer vorstellt, mit Anzug und Hut vor das Publikum und zersäge irgendwelche Jungfrauen oder lasse Hasen aus meinem Hut erscheinen. Ich trage Baggy-Jeans und Pulli auf der Bühne und versuche mich nicht zu verstellen. Ich spreche einfach so wie sonst auch.

chilli: Du sagst, die Show sei im Stil der „Gen Z“, zu der junge Menschen gezählt werden, die wie du zwischen 1997 und 2012 geboren wurden. Wie sieht man das in der Show?

Kiana: Ich spiele zum Beispiel humorvoll auf Bindungsprobleme meiner Generation an. Laut Studien ist ein typisches Merkmal der Gen Z, dass sie sich nicht festlegen will und immer darauf hofft, es könnte noch etwas Besseres kommen. Auch Chat GPT ist ein großes Thema. Viele haben Angst, sie könnten ihren Beruf in der Zukunft an Künstliche Intelligenz verlieren. Ich übertrage das auf die Zauberei: In der Show soll mir der Chatbot einen Trick beibringen, aber er macht zu viele Fehler und versteht mich manchmal falsch. Ich soll etwa eine Banane in der Mitte falten, weil er denkt, es handle sich um ein Bandana in meiner Hand.

chilli: Ist dir schon einmal etwas schief gegangen?

Kiana: Ja, auf einem Kindergeburtstag bei einem Trick mit einem Luftballon: Ich habe die Schnur des Luftballons in kleine Stücke zerrissen, zusammengerollt, wieder angeheftet und geschnipst. Die Schnur sollte in dem Moment wieder ganz am Ballon hängen, aber der Knoten ging nicht auf. Die Musik war schon dabei, ihren Höhepunkt zu erreichen. Da habe ich den Luftballon einfach einem Kind in der ersten Reihe gegeben. Als es ihn in der Hand hielt, hat sich die Schnur doch aufgerollt. Das Kind hat laut gerufen: „Ich kann zaubern!“

chilli: Du hast sicher auch mit anderen Zauberern zu tun. Was sind das so für Menschen?

Kiana: Nerds auf jeden Fall. Man stelle sich einfach mal einen Kartenzauberer vor, der bei sich zu Hause sitzt und zwölf Stunden seine Kartentricks übt. Obwohl die Community auch sehr männerdominiert ist, fühle ich mich als Frau sehr willkommen und supportet.

chilli: Hast du eine Idee, warum es so viele männliche Zauberer gibt?

Kiana: Früher hatte man eben ein klares Bild vom Zauberer: ein Mann mit Bart und Zylinder. Vielleicht liegt es daran oder weil früher die Frau in der Zauberkunst immer in der Rolle der Bühnenassistentin auftrat. Bei den Jugendmeisterschaften waren wir nur fünf Frauen von ungefähr 100 Teilnehmern. Ich war die Einzige, die einen Preis gewonnen hat.

chilli: Hast du ein Vorbild in der Zauberwelt?

Kiana: Shin Lim zaubert wirklich gut. Er hat zweimal bei “America‘s Got Talent” gewonnen. Sein Bühnencharakter ist sehr mysteriös. Es läuft nur Musik, er spricht kein Wort. Seine Kartentricks sind wie ein Film aufgebaut. Das muss man sich echt anschauen.

chilli: Zaubern ist bisher nicht dein fester Beruf. Du studierst noch. Kannst du von deiner Kunst schon leben?

Kiana: Bisher habe ich alle Einnahmen, die ich durch die Zauberei gemacht habe, wieder in meine Kunst investiert. Zum Beispiel um neue Tricks zu kaufen.

chilli: Wie bitte? Man kann Tricks kaufen?

Kiana: Man kann im Internet auf Zaubershops fertige Tricks kaufen. Die sind tatsächlich sehr teuer, weil dazu nicht nur das Material, sondern auch das Geheimnis gehört. Das kann bis in den vierstelligen Bereich gehen.

chilli: Als junge Zauberin hast du schon viel erreicht. Was strebst du in Zukunft an?

Kiana: Ich will bei den Deutschen Meisterschaften mitmachen und in ferner Zukunft auch bei den Weltmeisterschaften. Eine Tour in Deutschland zu machen, wäre toll. Bisher habe ich nur in Baden-Württemberg gespielt.

Kiana Taiari

Kiana Taiari ist in Offenburg aufgewachsen und für ein Duales Marketingstudium nach Freiburg gezogen. Heute wohnt sie in Freiburg-Betzenhausen. Seit sie 13 Jahre alt ist, begeistert sie sich für die Zauberkunst. Heute spielt sie auf Bühnen Baden-Württembergs wie dem Theater Freiburg oder dem Europa-Park. Im Jahr 2019 belegte sie den zweiten Platz bei den Deutschen Jugendmeisterschaften für Zauberei im Bereich Kartenkunst. Sie gibt Workshops für alle, die selbst zum Magier werden wollen. Mehr Infos: www.kiana-taiari.de

Foto: © Klaus Polkowski

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