Bei Porno-Festival abgeräumt: feuer.zeug gewinnt Preis und plant weiter Szene | 10.11.2021 | Nathalie Baumgartner

Fairness und Feminismus: Dafür steht feuer.zeug. Ein junges Projekt aus Freiburg, das alternative Pornofilme produziert. Für ihren aktuellen Film haben sie in Basel einen Preis gewonnen. Endes des Jahres soll ihr vierter Film erscheinen. Noch im November steigt eine „Indie Porn Night“.

feuer.zeug-Gründerin: Kira Renée Kurz

„Frauen in Schlüsselpositionen“

Fast vier Jahre ist es nun her, dass Kira Renée Kurz (27) und Leon Schmalstieg (26) sich zusammengeschlossen haben und gemeinsam die Idee entwickelt haben, faire und feministische Pornografie zu produzieren. Damals waren beide Studierende an der Uni Freiburg. „Bei unseren Produktionen soll es klare Verträge geben, die Performer·innen müssen das Material vor Nutzung zuerst freigeben, und Frauen sollen in Schlüsselpositionen vor und hinter der Kamera besetzt werden. Zudem ist bei jedem Dreh ein·e Sorgenbeauftragte·r vor Ort“, erklärt Kurz.

Auch auf Ebene der Darstellung wird viel Wert darauf gelegt, dass Consent, die gleichberechtigte Lust der Performer·innen, und Vielfalt von Körperbildern, sexueller Orientierungen, und Geschlechtsidentitäten thematisiert werden. Während das Ziel anfangs war, alternative Pornografie den Menschen näherzubringen und ihnen einen leichten Einstieg in das Thema zu bieten, gestaltet das mittlerweile 15- bis 20-köpfige Team von feuer.zeug ihre Filme heute deutlich konzeptueller und künstlerischer. Statt kommerzieller Verwertbarkeit steht kreative Freiheit im Vordergrund.

„Andere haben einfach Lust“

Auch die Reaktionen auf ihr Projekt haben sich im Laufe der Zeit gewandelt: „Am Anfang war viel Aufklärungsarbeit nötig, wovon es heute deutlich weniger braucht“, erzählt Kurz. Sie glaube, dass Sexualität und die Notwendigkeit, das Thema diskutieren zu müssen, viel mehr angekommen seien. „Jetzt geht es darum, Räume zu schaffen, in denen man sich damit auseinandersetzen kann.“

Regisseur: Paul Stümke

Durch ihre steigende Reichweite ist es für feuer.zeug außerdem einfacher geworden, Performer·innen für ihre Produktionen zu gewinnen. Über Newsletter starten sie einen sogenannten „Call for Performers“, woraufhin Interessent·innen sich bei ihnen melden können. Die Gründe, weshalb Personen bei feuer.zeug vor der Kamera stehen möchten, sind dabei genauso vielfältig wie die Darsteller·innen selbst: „Die einen sehen es als politischen Aktivismus oder als Empowerment für sich selbst, andere haben einfach Lust, das mal auszuprobieren, und für wieder andere ist das Sehen und Gesehen-Werden Teil der eigenen Sexualität“, berichtet Kurz.

Das Gefühl, anzukommen

Für diverse Porno-Festivals überschreitet feuer.zeug auch gelegentlich Ländergrenzen: Ihr dritter Film „2 or 3 things I like about him…“ lief bereits in Athen, San Francisco, Seattle, und zuletzt auch Anfang Oktober in Basel auf dem Luststreifen-Festival. Dort wurden sie mit dem Preis für den „Best Porn Short“ ausgezeichnet.

Paul Stümke (23), der Regisseur des Films, erinnert sich: „Ich war total glücklich, als ich von dem Preis erfahren habe. Im Film ging es darum, mal etwas anderes auszutesten, und der Award ist definitiv eine Bestätigung für das Konzept.“ Zudem gebe der Preis ihnen das Gefühl, in der Szene angekommen zu sein.

Es klemmt beim Budget

Weniger schön im Bereich der alternativen Pornografie ist laut Stümke, dass es unzählige interessante und wichtige Projekte gibt, denen es jedoch an finanziellen Möglichkeiten zur Umsetzung mangelt. Auch feuer.zeug würde den Beteiligten gerne ein höheres Honorar zahlen. Bisher ist das aber aufgrund ihrer wenigen Einnahmequellen nicht möglich.

Pläne für die Zukunft haben sie auch: Im Winter soll der neue Film „Auf Distanz“ erscheinen, der sich auf die Corona-Zeit und auf die Quarantäne-Situation beziehen wird. Wer den Film nicht abwarten kann, feuer.zeug unterstützen möchte, oder einfach unverbindlich in das Thema reinschnuppern möchte, kann sich den 18. November im Kalender eintragen. In Kooperation mit dem aka-filmclub veranstalten sie eine Indie Porn Night, auf der eine Auswahl an alternativer Pornografie der letzten Jahre gezeigt wird.

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Fotos: © feuer.zeug & privat

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