Handgemachte Gitarren aus dem Schwarzwald Land & Leute | 25.01.2022 | Pascal Lienhard

Sebastian Schwerdt mit einer Gitarre Ein Handwerker mit viel Leidenschaft für Musik und die sechs Saiten: Sebastian Schwerdt repariert und baut Gitarren in seiner Werkstatt in Dornhan.

Sebastian Schwerdt kreiert in seiner Werkstatt in Dornhan im Landkreis Rottweil ganz individuelle Stücke, vor allem E-Gitarren. Eine erklingt inzwischen sogar im fernen Hongkong.

Die Leidenschaft für die sechs Saiten begann früh: Schon mit 12 Jahren bekam Schwerdt seine erste E-Gitarre und wartete nicht lange, um an ihr herumzutüfteln. Früh optimierte er seine Instrumente und eignete sich Wissen auf dem Gebiet an.  Das zog sich bis ins junge Erwachsenenalter. „Ich war in Bands mit meinen Gitarren oft nicht ganz zufrieden“, erinnert er sich. Da stand bald ein Gedanke im Raum: Gitarrenbauer müsste man sein.

Kurz vor seinem 30. Geburtstag machte Schwerdt die Gitarre zu seinem beruflichen Mittelpunkt. Hatte er zuvor noch eine Ausbildung als Mediengestalter absolviert, ging es jetzt an die staatliche Berufsfachschule für Geigenbau und Zupfinstrumentenmacher im bayerischen Mittenwald. Eine Zeit lang arbeitete er parallel als Freiberufler für andere Gitarrenbauer und in seiner eigenen Werkstatt. Schließlich beanspruchten die Aufträge so viel Zeit, dass sich der Handwerker dazu entschloss, nur noch in der eigenen Werkstatt zu arbeiten.

Schwerdts Zuhause ist seit 2013 in Dornhan im Landkreis Rottweil. Dort fanden er und seine Frau ein Haus, das groß genug war, um eine Werkstatt unterzubringen. Hier hat der Handwerker genug Freiraum, um Gitarren zu bauen und Reparaturaufträge anzunehmen. Auch für Letztere wird der Fachmann häufig kontaktiert. Schließlich sind Gitarren sensibel, und nicht wenige Musikerinnen und Musiker hüten sie wie ihren Augapfel.

Was für eine Atmosphäre herrscht in einer Werkstatt, in der Objekte gebaut werden, auf denen vielleicht bald hammerharte Riffs und Soli vor einer johlenden Menge gespielt werden? „Die Beschallung darf bei der Arbeit natürlich nicht fehlen“, schmunzelt Schwerdt. „In einer Gitarrenwerkstatt kennt man das nicht anders.“ Da hat es auch klare Vorteile, allein zu arbeiten: Es gibt meist keinen, der sich über Musikauswahl oder Lautstärke beschweren könnte. Die Musik, die aus der Werkstatt schallt, ist unterschiedlich. Sehr gerne hört der Handwerker beim Arbeiten Punk. „Das ist schnell und pusht.“ Doch auch andere Stile, etwa klassischer Jazz, Pop oder Experimentelles, kommen beim Werkeln aus den Boxen.

aufgehangene Gitarren in der Werkstatt von Sebastian Schwerdt

Acht bis zwölf Instrumente stellt Schwerdt im Schnitt pro Jahr her, meist arbeitet er parallel an zwei Modellen. Dafür bespricht er im Vorfeld mit seinen Kundinnen und Kunden deren Wünsche und Vorstellungen. Wichtig ist ihm, dass er selbst voll hinter den Produkten steht, die aus dem Schwarzwald ihren Weg auf die Bühnen und in die Proberäume der Welt finden. Soll heißen: Die Gitarren müssen zunächst einmal ihn selbst überzeugen. „Manchmal fällt es mir da fast schwer, sie wegzugeben.“

Bei seinen E-Gitarren fängt der Preis für das fertige Produkt bei 3000 Euro an. „Nach oben gibt es eigentlich keine Grenze“, erklärt der Handwerker. Das ist natürlich ein ordentlicher Batzen Geld. Gleichzeitig verwundert das nicht: In so einem Instrument steckt viel Arbeits- und Planungszeit, hinzu kommen die vielen dafür genutzten Materialien. Und nicht zuletzt die große Portion Herzblut, die Produzenten wie Schwerdt hineinstecken. Zwar benutzt er Hilfsmittel wie die Fräsmaschine. Doch insgesamt ist ihm gerade die Handarbeit wichtig.

Der Kreis von Schwerdts Kunden ist breit. Die meisten Aufträge kommen aus dem Schwarzwälder Raum, in der Schweiz hat der Gitarrenbauer Kunden, aber auch aus Frankreich oder gar den USA erreichen ihn Anfragen für den Bau oder die Reparatur einer Gitarre. Eines von Schwerdts Unikaten erklingt inzwischen sogar in Asien. Ein Tourist aus Hongkong besuchte einst auf der Urlaubsreise die Werkstatt in Dornhan – und wollte eine eigene Gitarre gebaut bekommen. Ein Instrument aus dem Landkreis Rottweil in Hongkong – die Globalisierung trägt spektakuläre Früchte.

Bleibt bei so viel Arbeit rund um die sechs Saiten noch Zeit und Lust für ein entspanntes Klimpern am Abend? „Den Tag über spiele ich natürlich viele Gitarren an“, erklärt der 42-Jährige. „Aber zum Üben fehlt mir dann abends doch die Motivation.“ Trotzdem spielt die Musik auch abseits des Berufs eine große Rolle in Schwerdts Leben. In seiner Band legt er die Gitarre dann allerdings aus der Hand und schnallt sich – manch ein Purist wird es für Verrat halten – den Bass um. Ein bisschen Abwechslung muss ja auch sein.

Fotos: © privat