S’goht degege: Fasnacht in der REGIO Kunst & Kultur | 28.01.2023 | Erika Weisser und Jennifer Patrias

Zwei Narren mit Maske

S’goht degege: Der fünften Jahreszeit darf wieder entgegengefiebert werden. Vom 16. bis 21. Februar wird im Schwarzwald, im Breisgau und in der Ortenau ausgiebig gefeiert, gegessen, getrunken und über Stränge geschlagen, die ansonsten respektiert werden.

Es mutet schon sehr archaisch an, wenn in diesen Tagen – und auch in den Nächten – Teufel, Hexen und andere wild vermummte Gestalten lärmend durch die Orte und in die Hallen ziehen und sich gegenseitig die Hölle heiß machen. Doch anders als immer wieder behauptet, ist die Fasnacht weder ein keltischer oder germanischer Brauch zur Winteraustreibung, noch geht sie auf die römischen Saturnalien zurück. Vielmehr ist sie fest im katholischen Jahreslauf verankert. Ihre Ursprünge liegen im christlichen Mittelalter, wo zunächst in den Klöstern am Vorabend der 40-tägigen vorösterlichen Fastenzeit Fleisch, Fett, Eier und sonstige verderbliche Lebensmittel aufgebraucht wurden. Das galt mit der Zeit auch für gewöhnliche Haushalte: Vor der kirchlich verordneten Zeit der Enthaltsamkeit wollten die Menschen noch einmal kräftig feiern und alles auskosten, was sich bot – mit entsprechend überbordendem, närrischem Verhalten. Fastenzeit und Fastnachtstreiben gehörten also zusammen – und standen für Gegenwelten: auf der einen Seite das Reich Gottes und auf der anderen das seines Widersachers. Wohl deshalb ist in vielen Regionen der Teufel bis heute eine ganz zentrale Narrengestalt.

Mehrere Maskierte Narren

Zünfte

Die Gründung der Historischen Narrozunft Villingen 1584 e.V. wurde offiziell am Rosenmontag 1882 besiegelt, doch die Geschichte der Villinger Fasnacht reicht viel weiter zurück. Bereits im 14. Jahrhundert, als die Stadt unter österreichische Herrschaft kam, hatten sich die Villinger das Recht verbriefen lassen, „ihre“ Fasnacht so zu feiern, wie sie das wollten. Zur Symbolfigur wurde im Laufe der Jahre der „Villinger Narro“, mit ausdrucksstarker handgeschnitzter Larve und Häs: Hose, Kittel und Kappe aus altem Leinen, bemalt mit bunten Blumen, und den Narro-
rollen, die paarweise über die Schultern gelegt werden (Bild o.). Über die Jahre hinweg hat die Zunft nicht nur die Umzüge organisiert, sondern hält die Tradition mit Narrozeitung, Narromarsch, einer Bildungsmappe und viel Medienarbeit aufrecht. Inzwischen weist die Gruppe nicht nur Narrohästräger, sondern auch Narrovater, Morbili, Altvillingerin und Surhebel auf, die Fasnachtsfreudige bei Umzügen in ihrer Heimatstadt und anderswo begeistern.

Jokili in Endingen

Ein wenig jünger ist die Endinger Narrenzunft von 1782. Sie ist die Hüterin der Traditionen und sorgt dafür, dass das Brauchtum erhalten bleibt. Sie organisiert inzwischen mehr als 1000 „Jokili“, Hauptgestalt der Endinger Fasnet. Erst wenn sich der Oberjokili nach dem Hemdglunkerumzug am Schmutzigen Dunschdig am Rathausbrunnen gezeigt hat – „Jokili kumm!“ rufen ihn die Menschen –, isch ändlig d’Fasnet do (Bild u.). Und erst dann huschen die vielen großen und kleinen Jokili durch das beschauliche Städtchen, begleitet von Stadttier, Galli und Rääbwibli. Alexander Hinze ist in diesem Jahr der Oberjokili. Er freut sich auf die Brunnenbräuche und den traditionellen Umzug am 29. Januar. Tipp am Rande: Wer der Zunft beitreten möchte, muss sich erst einmal drei Jahre als Zunftlehrling bewähren.

Berggeister-Nollingen

Die handgeschnitzte Maske passt sich perfekt dem Häs des Berggeistes an.

Bei den Berggeistern Nollingen 1984 e.V. dreht sich neben der Fasnet alles um den Zusammenhalt im eigenen Dorf. Gegründet 1984, mussten erst einmal einige Hürden genommen werden, bevor die Geister richtig durchstarten konnten. Und auch die Wahl von Häs und Maske war nicht einfach – sollte beides doch den Richtlinien des alemannischen Brauchtums entsprechen und einen Bezug zum Ortsteil haben. Beide Hürden wurden bewältigt und ein aussagekräftiges Gewand gewählt: Neben der traditionellen Larve trägt der Berggeist Jacke und Hose mit bunten Blättern drauf, Schal, Handschuhe sowie einen Konfettisack und einen Bengel. Mit 34 aktiven Mitgliedern, 7 Kindern und 67 Passivmitgliedern können die Vorstände Benjamin Kupferschmid und Lukas Fischer in der Hauptfasnetszeit auf eine gut besetzte Truppe zurückgreifen.

Sie sind aus der Fasnet nicht wegzudenken: Hexen, die stolz ihre Kostüme und Masken auf den Umzugsstrecken der Region präsentieren. Dazu gehören auch die Schlossberghexen Staufen 1994 e.V. Benannt nach der Burgruine in Staufen, gründete Familie Kunz im Jahre 1994 die Laufgruppe. Unter der Leitung von Michael Kunz und Kevin Bauer vertreten 36 aktive Mitglieder das Städtchen und halten das Brauchtum lebendig.

Schlossberghexen

In ihrem Element: Seit dem 11.11. touren die Hexen mit guter Laune durch Südbaden.

Das Häs besteht aus schwarz-gelb gestreiften Socken, weißer Pumphose, schwarzem Rock und grüner Schürze. Eine schwarze Bluse und ein leuchtend gelbes Gilet runden das Outfit ab. Die Form der Larve ist außergewöhnlich: Handgeschnitzt, zwei Stränge Rosshaarin den unterschiedlichsten Farben und ein großes gepunktetes Tuch sind Erkennungs- und Markenzeichen der Zunft.

Guggenmusik

Neues Motto – neues Glück

Teuflisch schräge, laute Töne begleiten das ausgelassene Treiben vor Beginn der Fastenzeit wohl bereits seit mehr als 500 Jahren. Die peppige Guggenmusik, heute fester Bestandteil der schwäbisch-alemannischen Fasnacht, ist allerdings ein ziemlich neues Phänomen: Wer hats erfunden? Die Schweizer! Als 1896 beim Morgestraich in Basel erstmals eine Blasmusikkapelle mit dabei war, die traditionelle Marschmusik verhohnepipelte, gabs heftige Proteste. Doch die „Guggenmusik“ kam an und setzte sich „mit schmetterndem Getöse“ durch. Nach dem Zweiten Weltkrieg schwappte die Welle über nach Süddeutschland, Italien und Österreich. Mit der „Gugge 53“ aus Lörrach wurde 1952 schließlich der Grundstein in Südbaden gelegt.

Mittlerweile sind die verschiedenen Guggengruppen aus der Fasnachtszeit nicht mehr wegzudenken. Zu den rhythmusstarken Stimmungsmachern gehören auch die Strau-Schoeh-Schlurbi (s-hoch3) aus Heitersheim. Gegründet an einem Rosenmontag im Jahre 1965, brachten die Heitersheimer Bürger die Musik mit einfachen Instrumenten ins beschauliche Städtchen. Aus den Anfängen heraus entwickelte sich die Guggenmusik nicht nur mit Sinn für Innovation, sondern auch mit der Wahrung von Traditionen.

Die Strau-Schoeh-Schlurbi

72 aktive Mitglieder spielen aktuell an Trompeten, Schlagwerk, Sousaphone, Posaune und Euphonium. Ausschließlich Männer sind mit dabei, so wie es früher Tradition war. Seit 2014 lenkt Guggenmajor Stefan Weber (Foto r.) die musikalischen Geschicke des Vereins. „Mich begeistert, mit wie viel Herzblut, Engagement und Innovation die aktiven Mitglieder bei der Sache sind“, sagt der Erste Vorstand, Markus Löffler. „Durch unsere gemeinsame Begeisterung für die Guggenmusik und insbesondere den Verein StrauSchoeh-Schlurbi sind wir auch alle eng miteinander verbunden.“

17 Lieder haben sie unter dem musikalischen Motto „The Gentleman“ momentan auf Lager. Sieben bis acht Auftritte absolvieren sie in der Vorfasnachtszeit, bevor in der Kernzeit täglich mehrere kleine Gigs wie auch größere Konzerte gespielt werden.

Am 28. Januar ist es nach zwei Jahren Pause bei der s-hoch3 wieder so weit: Auf dem Lindenplatz in Heitersheim präsentiert die Gugge um 18 Uhr ihr neues Mottokostüm, ab 19.30 Uhr wird in der Malteserhalle gefeiert, zusammen mit Guggen aus Deutschland und der Schweiz.

Fotos:

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