Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe archiviert Alltagsgeschichte in Corona-Zeiten Horche se mol | 06.03.2022 | tas

Heck

Not macht erfinderisch. Was genau das in der Pandemie bedeutet, erklärt Brigitte Heck, Oberkonservatorin für die Alltagsgeschichte Badens, die für das Badische Landesmuseum in Karlsruhe diese besondere Zeit dokumentiert und archiviert.

Wie viele Objekte haben Sie bisher gesammelt?
Unsere Sammlung umfasst bisher 510 Objekte, unser digitaler Katalog 107. Darunter sind fotografische Zeugnisse, Videos, Plakate, Wurfbriefsendungen oder Objekte aus unserem direkten Umfeld, zum Beispiel spezielle Corona-Produkte wie ein Plüschvirus für Kinder.

Hat sich die Art der Objekte im Laufe der Pandemie verändert?
Am Anfang ging es vor allem um den Schutz von Leib und Leben. Da wurden Griffe produziert, mit denen man Türen öffnen oder im Aufzug Knöpfe drücken konnte. Diese Produkte sind völlig neu auf den Markt gekommen, aber auch schnell wieder verschwunden. Ein frühes Phänomen waren auch die Alltagsmasken, die sehr vielfältig waren, weil viel improvisiert werden musste. So hat zum Beispiel das Theater Freiburg seinen technischen Betrieb einen Monat lang abgestellt, um Masken für die örtliche Uniklinik herzustellen. Das ist symptomatisch für eine Krise, die zunächst alle überrollt hat. Mittlerweile schwingt mehr Gelassenheit mit, und die Menschen versuchen, mit dem Thema auch ironisch umzugehen.

Ein Schwerpunkt Ihrer Sammlung liegt auf dem Thema „Desinfektionsmittel“. Warum?
Das ist ein ganz spannendes Thema, weil Brauereien, Winzer und Schnapsproduzenten plötzlich zu Helfern in der Krise wurden. Sie haben einen Teil ihres Vorlaufs abgegeben, aus dem dann Desinfektionsmittel für Krankenhäuser und Arztpraxen gemacht wurden. Solche Objekte machen die Krise nahbar.

Planen Sie eine Ausstellung nach der Pandemie?
Ja, aber damit werden wir sicherlich noch ein, zwei Jahre warten. Momentan sind wir noch mittendrin. Und auch, wenn ich nicht glaube, dass Corona irgendwann ein abgeschlossenes Phänomen sein wird, brauchen wir trotzdem eine gewisse Distanz, um eine Bewertung treffen zu können. Momentan gibt es so viele Strömungen, da reicht es nicht, zwischen Schwarz und Weiß zu unterscheiden. Da braucht es eine kritische und solide Recherche.

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