Endlich wieder offen! Die neuen Ausstellungen der Museen Kunst & Kultur | 17.06.2021 | Tanja Senn

Ausstellungen im Dreiländereck: grüne Räume mit einer Frau in der Mitte einer Türe

Kunst hinter geschlossenen Türen: Die Pandemie hat den Kulturhunger immer weiter wachsen lassen. Doch jetzt dürfen die Museen im Dreiländereck wieder öffnen. Zeit, einen Blick in die aktuellen Ausstellungen zu werfen.

Fondation Beyeler, Riehen

Fließende Grenzen

LIFE – Ólafur Elíasson: von innen blau beleuchtetes Haus der Ausstellung

Wenn der Besuch eines Museums nicht mehr möglich ist, dann holt man das Drinnen eben nach draußen. Oder vielleicht doch das Draußen nach drinnen? Oder hat es in der Fondation Beyeler einfach eine große Überschwemmung gegeben, aus der man jetzt eine Tugend macht?

Die außergewöhnliche Installation des dänisch-isländischen Künstlers Ólafur Elíasson lässt den Besucher erst einmal sprachlos werden. Wo sonst Kunstwerke an den Wänden hängen, herrscht gähnende Leere, dafür hat sich der Boden in einen giftgrünen Teich verwandelt, auf dem Seerosen dahintreiben. Die Glasfassade ist weg, dafür führen Holzstege durch die Installation. Die kann Tag und Nacht besucht werden. Sollte sie sogar. Denn das Wasser ist mit dem Farbstoff Uranin gefärbt, der in der Dunkelheit fluoresziert.

Die Grenzen zwischen Natur und Kultur verschwimmen. Nicht nur die Menschen bewegen sich ungehindert zwischen Innen und Außen, auch Pflanzen, Tiere und das Wetter halten Einzug ins Museum. Sie alle werden sogar selbst Teil der Installation, da sie von Kameras mit verschiedenen Effekten eingefangen werden. Und durch einen digitalen Livestream können sogar Menschen auf der ganzen Welt teilhaben. 

LIFE – Ólafur Elíasson
bis 17. Juli

 

Memory – Momente des Erinnerns und Vergessens

Da war doch was …

Souvenire und Andenken

Lange Zeit gingen Kunstgeschichte und Ethnologie getrennte Wege. Diese finden nun immer öfter zusammen, zum Beispiel bei der gemeinsamen Ausstellung des Museums der Kulturen und des Kunstmuseums Basel. Die Schau „Making the World“ hinterfragt, was die Welt ausmacht und wie der Mensch sie geformt hat. Unter dem Titel „Gelebte Welten“ nimmt sie ihren Anfang im Museum der Kulturen mit Werken, die zeigen, wie ihre Schöpfer und Schöpferinnen mit ihren Welten verflochten sind. Die Ausstellungsstücke wurden dabei so platziert, dass die Beziehung zwischen ihnen im Vordergrund steht. Ende November wird sich dann das Kunstmuseum Basel den „Spirituellen Welten“ widmen.

Im Museum der Kulturen wird die aktuelle Sonderausstellung ergänzt um die Dauerschauen, eine davon zum spannenden Thema „Erinnerungen“. Souvenirs aus aller Welt, Fotoalben, die Knotenschnüre der Inka, die Benin-Bronzen: Oft erinnern sich Menschen anhand von Dingen an wichtige Personen, Orte oder Ereignisse. Diese verkörperten Erinnerungen zeigt das Museum der Kulturen Basel in seiner aktuellen Dauerausstellung. Die Bandbreite reicht dabei von ganz persönlichen Andenken an Hochzeiten oder den Tod bis hin zu großen Epen und heiligen Schriften, die seit Jahrtausenden garantieren, dass Geschichte nicht in Vergessenheit gerät.

Doch auch kleine Gedächtnisstützen finden in der Ausstellung ihren Platz. So haben die Inka in Peru einst Knoten auf Schnüre gemacht, um wichtige Daten nicht zu vergessen. Dem Gedenken an die Toten wird ein eigener Bereich gewidmet: Grabkreuze, Steinmonumente, aber auch die witzigen Skelettfiguren des mexikanischen Día de los Muertos erinnern an die Verstorbenen.

Memory – Momente des Erinnerns und Vergessens
Daueraustellung & Making the World
Gelebte Welten, bis 23.1.2022

 

Linda McCartney – The Sixties and more

Fotografin unter Musikern

Linda McCartney

The Rolling Stones, The Doors, Janis Joplin, Jimi Hendrix, Simon and Garfunkel oder Aretha Franklin (Bild unten) – die Fotografin Linda McCartney hatte sie alle vor der Linse. In ihren Bildern hat sie nicht nur die Stars der 60er-Jahre eingefangen, sondern zeigt auch eindrucksvoll die Seele der Swinging Sixties. Es ist eine Zeit des Umbruchs und der Rebellion, von dessen politischen und kulturellen Umständen diese Fotografien zeugen.

Der prämierten US-Fotografin ist es gelungen, die berühmten Rockstars auch ganz privat und hinter den Kulissen zu zeigen. Als sie später den Beatles-Sänger Paul McCartney kennenlernt und heiratet, wird sie sogar selbst Teil der Szene und hält ab diesem Zeitpunkt vorwiegend ihr Familienleben mit dem Rock-Idol und den Kindern fest. Zudem zeigt die Kunsthalle Messmer Fotos, die auf ihren vielen Reisen entstanden sind, sowie einige ihrer experimentellen Werke.

Linda McCartney – The Sixties and more
bis voraussichtlich 18. Juli

 

Spuk! Die Fotografien von Leif Geiges

Hier spukt’s

Leif Geiges Spökenkiekerin

Im Augustinermuseum spukt es.  Da fliegen Brötchen durch die Luft, Teppiche ringeln sich zusammen und ein Topf mit Sauerkraut hängt an der Decke. Humbug? Nicht, wenn es nach dem Freiburger Psychologieprofessor Hans Bender (1907–1991) geht. Dieser hatte sich auf die wissenschaftliche Untersuchung okkulter und paranormaler Phänomene spezialisiert und 1950 das „Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V.“ in Freiburg-Herdern gegründet.

Zu sehen sind nun die Fotos des Bildjournalisten Leif
Geiges, der die ersten Forschungen in Spukhäusern doku
mentiert hat. Zudem hat er sich mit Phänomenen wie Wahrträumen und Praktiken wie Tischrücken oder Kristallsehen beschäftigt. Die Ausstellung gibt einen Einblick in dieses so kontrovers diskutierte Grenzgebiet der Wissenschaft.

Spuk! Die Fotografien von Leif Geiges
Haus der Grafischen Sammlung, bis 26. September

 

Sophie Taeuber-Arp – Gelebte Abstraktion

Lebensnahe Kunst

Kunstmuseum Basel: Bild der Ausstellung – Gelebte Abstraktion

Dieses Gesicht kennt man doch? Na klar, jahrzehntelang war das Antlitz von Sophie Taeuber-Arp auf dem 50-Franken-Schein zu sehen. Jetzt widmet das Kunstmuseum Basel der Schweizer Künstlerin eine große Retrospektive mit mehr als 250 Werken. Die Ausstellung will die Avantgardistin endlich gebührend würdigen, als Pionierin der Abstraktion. Und das weit über die Schweiz hinaus: Die Schau soll anschließend ins New Yorker Museum oft Modern Art und die Londoner Tate Modern ziehen.

Die Ausstellung zeigt die ganze facettenreiche Bandbreite Taeuber-Arps, die mit 53 Jahren bei einem Unfall starb. Tanz und Malerei, Skulpturen und Kostüme, Möbel und Marionettentheater – es ist gerade dieses gattungsübergreifende Schaffen, das in der klassischen Moderne so außergewöhnlich war. Dabei brachte sie ihre Kunst vor allem ins tägliche Leben ein und gestaltete Kissen, Tischdecken, Taschen, Möbel und ganze Räume.

Sophie Taeuber-Arp – Gelebte Abstraktion
bis 20. Juni

 

Mit Bus & Bahn ins Museum

Für die fünf Städtischen Museen in Freiburg hält der Verkehrsverbund RVF ein besonderes Angebot bereit: Mit der WelcomeKarte, einem 3-Tage-KombiTicket für den Öffentlichen Nahverkehr im ganzen RVF-Gebiet, ist der Eintritt in die Museen kostenlos.

Die WelcomeKarte bietet eine tolle Möglichkeit, die ganze Stadt zu erkunden. Mit ihr kann man nicht nur drei Tage lang so viel Bus und Bahn fahren, wie man möchte, zusätzlich erhält man auch einen Gutscheincode von Frelo, dem Freiburger Fahrradverleihsystem. Und auch die Schauinslandbahn kann kostenlos genutzt werden für Ausflüge auf Freiburgs Hausberg. Wer mehr über die Breisgaumetropole erfahren will, bekommt spannende Infos bei den offenen Stadtführungen, auf die es mit der RVF-Karte zwölf Euro Ermäßigung gibt.

Die WelcomeKarte kostet 26 Euro für Erwachsene und 12 Euro für Kinder. Sie ist per App oder online, an VAG Verkaufsstellen sowie im SBG KundenCenter am Busbahnhof und an der FWTM Touristen Information am Rathausplatz erhältlich.

Mehr Infos unter:
www.rvf.de/welcomekarte

 

Yan Pei-Ming – Im Namen des Vaters

Monumental

Ein Teil der Ausstellung: Yan Pei-Ming – Im Namen des Vaters

Die zwei bis drei Meter hohen Gemälde des frankochinesischen Künstlers Yan Pei-Ming sind allein schon wegen ihrer monumentalen Größe und den gewaltigen Pinselstrichen beeindruckend. Das Musée Unterlinden stellt mehr als 60 seiner Kunstwerke aus, viele davon werden erstmalig gezeigt. Der international renommierte Maler beschäftigt sich darin vor allem mit seiner Herkunft. So sind neben Selbstbildnissen auch Gemälde von Mao Zedong, von Shanghai oder seinen Eltern zu sehen.

Die Retrospektive gibt einen Überblick über vier Jahrzehnte seines Kunstschaffens. Sie endet mit einem bisher noch nie gezeigten Werk, das speziell für diese Schau entstanden ist und auf den Isenheimer Altar Bezug nimmt. Schließlich soll die Ausstellung in unmittelbarer Nähe von Grünewalds Werk aus dem 16. Jahrhundert eine völlig neue Lesart von Pei-Mings Werken ergeben. Die Besucher haben nun auch wieder die Möglichkeit, die Fortsetzung der umfangreichen Restaurierungsarbeiten des Isenheimer Altars zu verfolgen.

Yan Pei-Ming – Im Namen des Vaters
bis 21. Oktober

 

Bruce Connor. Light out of Darkness

Herzlichen Glückwunsch!

Bild der Bruce Connor. Light out of Darkness Ausstellung

Seit 25 Jahren rattert und knattert, zischt und dreht es sich im Basler Museum Tinguely. So lange gibt es dieses außergewöhnliche Museum schon, mit seinen großen Maschinenskulpturen, aber auch den Zeichnungen, Dokumenten oder Fotografien von Jean Tinguely. Im September soll das mit einem großen Fest gefeiert werden, zuvor ist geplant, die Kunst Jean Tinguelys (1925–1991) auf einem umgebauten Frachtschiff von Paris über Amsterdam und das Ruhrgebiet wieder zurück nach Basel schippern zu lassen.

Als wäre das nicht Herausforderung genug, hat sich das Museum auch noch an eine besonders knifflige Schau herangetraut. Neun Filme von Bruce Connor sind aktuell zu sehen, von dem Künstler des 20. Jahrhunderts, der als Vater des Videoclips gilt. Dabei mussten trotz dünner Wände das filmische Werk so geplant werden, dass die Akustik noch stimmt. Das ist gelungen: Den Besucher erwartet ein Erlebnis, das erschreckend düster und dennoch betörend schön ist.

Bruce Connor. Light out of Darkness
bis 28. November

 

Info

In der Schweiz sind die Museen generell wieder für alle geöffnet, für gewisse Ausstellungen muss vorab online ein Zeitfenster gebucht werden. Wer mit Auto, Bus oder Bahn aus Baden-Württemberg in die Schweiz reist, braucht aktuell keinen negativen Coronatest und muss auch nicht in Quarantäne. Bei der Anreise mit Bus und Bahn braucht es aber ein Einreiseformular.

In Baden-Württemberg ist der Museumsbesuch mit einem negativen Testergebnis oder einem Nachweis für vollständig Geimpfte und Genesene möglich. Auch hier ist teilweise eine Buchung nötig. Das gilt, solange die Inzidenz an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen unter 100 liegt (Bundesnotbremse).

Wer weniger als 24 Stunden im Elsass bleibt oder Grenzbewohner ist (Radius von 30 Kilometer ab Wohnsitz), muss keine besonderen Anforderungen für die Einreise erfüllen. Die Museen sind wieder geöffnet, doch auch hier greift eine Notbremse bei zu hohen Inzidenzen. (Stand: 20.5.21)

Fotos: ©  Pati Grabowicz, Mark Niedermann; Museum der Kulturen Basel; Paul McCartney; Fotografin Linda McCartney; Städtische Museen Freiburg; Kunstmuseum Basel Martin P. Bühler; Clérin-Morin ©  Yan Pei-Ming, ADAGP, Paris, 2021; Conner Family Trust