„Ins Weite“: Gärten und Höfe als Nachdenkorte über das Reisen Kunst & Kultur | 14.07.2021 | Erika Weisser

Ins Weite Unterwegs: Auf großer Leinwand im Mensagarten wie in Michael Glawoggers „Untitled“.

Ein Festival geht in die zweite Runde: Bis zum 31. August heißt es im Mensagarten, im Innenhof des Museums für Neue Kunst und unter den Kastanien beim Alten Wiehrebahnhof wieder: „Ins Weite“. Diese „Reisen in Film, Musik und Literatur“ werden veranstaltet vom Kommunalen Kino, dessen Geschäftsführerin Neriman Bayram auch in diesem Jahr Kooperationspartner und Sponsoren gefunden hat. Sie ist für das Filmprogramm zuständig, der Literaturwissenschaftler Hansjörg Bay für Lesungen und Autorengespräche, der Journalist Stefan Franzen für Konzerte. Es gibt zwei Themenschwerpunkte: „Die Welt als Mosaik“ und „Going East“.

Das Festival mit seinen knapp 60 Veranstaltungen, sagt Hansjörg Bay, ist „nicht als Ersatz für ausgefallene oder aufgeschobene Reisen gedacht“. Sondern vielmehr als Gelegenheit, darüber nachzudenken, „was es mit dem Reisen und seinen nicht immer unproblematischen Facetten auf sich hat“. Oder auch darüber, ergänzt Neriman Bayram, wie die Welt aus der Sicht jener aussieht, „zu denen wir als touristische Konsumenten reisen, die selbst aber nicht reisen können“. Weil sie keinen Pass haben. Oder kein Geld. Oder weil ihre einzige Vorstellung von einer Reise die einer Emigration ist – um einem Krieg zu entkommen oder von besseren Weltgegenden aus die Familie zu unterstützen.

Um eine solche „Reise“ handelt es sich bei einem der ersten Filme im Freiluftkino auf der Mensawiese (24. Juli, 21.45 Uhr): „Der Mann, der seine Haut verkaufte“. Er stammt von der tunesischen Regisseurin Kaouther Ben Hania, feierte 2020 bei den Filmfestspielen von Venedig seine Premiere und wurde 2021 mit dem „Friedenspreis des deutschen Films – die Brücke“ ausgezeichnet. Am selben Abend um 20 Uhr gibt es dort ein World Chamber Music-Konzert mit dem Instrumentalist·innenkollektiv „Beyond the Roots“, dessen fünf Musiker·innen nach Auskunft von Kurator Stefan Franzen „durch die Kraft der Improvisation Weltmusik und Kammermusik verbinden“. Beide Veranstaltungen gehören zum Themenschwerpunkt „Going East“.

Ins Weite

Unter Kastanien am Kommunalen Kino: Beim Festival geht es um Reiseerfahrung als Lebenserfahrung.

Zum Themenschwerpunkt „Die Welt als Mosaik“ gibt es ein ganzes Special zu Michael Glawogger: am 17. Juli, 21.45 Uhr, unter Kastanien am Alten Wiehrebahnhof ist sein Film „Slumming“ zu sehen, am 28 Juli im Mensagarten gibt es „Workingman’s Death“ – und zwei Tage darauf „Untitled“ (30.7., 21.45 Uhr). Der Film entstand 2017 mit Bildmaterial von Glawogger – mehr als zwei Jahre nach seinem plötzlichen Tod in Liberia, während der Dreharbeiten zu dieser Dokumentation. Zuvor, um 20 Uhr, besteht die Möglichkeit, den Filmemacher auch als Autor kennenzulernen: Seine Witwe Andrea Glawogger liest im Mensagarten zusammen mit dem Freiburger Schauspieler Peter Haug-Lamersdorf aus seinem Buch „69 Hotelzimmer“.

Auf dem Programm stehen noch einige weitere Höhepunkte: So kommt Werner Herzogs „Nomad: In The Footsteps of Bruce Chatwin“ am 4. August auf die große Leinwand im Mensagarten; am 21. Juli gibt es dort ein Chaplin-Stummfilmkonzert mit Musik des Studierendenorchesters. Selbst an ein Kinderprogramm haben die Veranstalter gedacht.

 

Info
Das ganze Programm: www.koki-freiburg.de/insweite/

Fotos: © KoKi, Alexander Heneka