Tanzende Galaxien: Fabienne Verdier im Musée Unterlinden Kunst & Kultur | 12.10.2022 | Erika Weisser

Fabienne Verdier in ihrem Atelier

Bis Ende März 2023 präsentiert das Musée Unterlinden die aus 92 Arbeiten von Fabienne Verdier bestehende Sonderausstellung „Gesang der Sterne“. Die Werke der Künstlerin nehmen Bezug auf ausgewählte Kunstwerke aus den Sammlungen des Museums.

Ein riesiges Gemälde an der Stirnseite des Raums, der vom Fußboden bis zum First des steilen Giebeldachs 11 Meter misst, zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Es zeigt einen gewaltigen, expandierenden weißen Energiestrom, der sich in kreisend aufsteigender Bewegung vor einem tief nachtblauen Hintergrund abhebt. „Vortex“ nennt Fabienne Verdier dieses mehr als fünf Meter hohe und fast drei Meter breite Wechselspiel aus Dunkelheit und Licht – ein kraftvoller, von einzelnen Sternpunkten umtanzter Wirbel, der, in allmählicher Auflösung der Materie, Erde und Himmel zu verbinden scheint.

Das eindrückliche Bild ist Teil einer monumentalen Installation, die die 60-jährige Künstlerin aus dem nordwestfranzösischen Vexin für den im zweiten Obergeschoss des Unterlinden-Erweiterungsbaus „Ackerhof“ gelegenen Saal konzipiert hat. Sie trägt den Titel „Rainbows“ und besteht aus einigen Dutzend gleichfalls großformatigen Tafeln, die an den Seitenwänden des Saals aufgestellt sind. Darauf sind Lichtkränze in irisierenden Farben gemalt – zur Darstellung kosmischer Sphären, Galaxien und Auren, „deren Wellenlängen einander überlagern“, wie Vernier sagt.

Jedes Gemälde der Installation trägt einen der weltweit verbreiteten Vornamen, die mit dem Himmel, den Sternen oder dem Licht in Verbindung stehen. Denn jedes Bild ist nach Aussage der Künstlerin „als Porträt eines Sterns oder eines Individuums gedacht, das kurz vor dem Ende seines Lebens“ stehe und in einen anderen Zustand übergehe. Dabei bilde „Vortex“ die Vollendung und die Synthese aus den Schwingungen dieser Lichtkreise, „die sich in der Unendlichkeit des Raums verlieren oder neu zusammenfügen“.

Inspiration für die Lichtgemälde holte sich Fabienne Verdier bei Matthias Grünewald, insbesondere bei seiner Darstellung der Auferstehung Christi aus einer Tafel des Isenheimer Altars: Die Lichtkugel, die ihn zu umgeben scheint, zeigt eine für seine Zeit neue Wahrnehmung von Raum, Volumen und Lichtmaterie. Und die hat Verdier nun in die Gegenwart übertragen.

INFO:
Fabienne Verdier – Gesang der Sterne
1. Oktober 2022 bis 27. März 2023
www.musee-unterlinden.com

Foto: © Fabienne Verdier, ADAGP, Paris